Ukraine-Treffen in Berlin Moskaus Bedingungen

Nach dem letzten Gipfel zum Ostukraine-Konflikt kommen die Berater der Präsidenten Putin, Macron, Selenskyj und der Kanzlerin Merkel in Berlin zusammen. Russland drängt nach SPIEGEL-Informationen auf Zugeständnisse Kiews.
Ukraines Präsident Selenskyj, Kanzlerin Merkel, Präsidenten Macron, Putin beim letzten Gipfel in Paris, Dezember 2019

Ukraines Präsident Selenskyj, Kanzlerin Merkel, Präsidenten Macron, Putin beim letzten Gipfel in Paris, Dezember 2019

Foto: CHARLES PLATIAU/POOL/EPA-EFE/REX

In den Verhandlungen über den Konflikt in der Ostukraine dringt Moskau auf eine schnelle rechtliche Neuordnung der Separatistengebiete in Donezk und Luhansk. Das geht aus einem inoffiziellen Arbeitspapier der russischen Delegation hervor, die an diesem Freitag und Samstag in Berlin mit Vertretern der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs zusammenkommt. Das Dokument wurde dem Londoner "Dossier Center" aus russischen Regierungskreisen zugespielt und mit dem SPIEGEL geteilt.

Demnach fordert die russische Seite, dass Kiew bis zum 6. Juli in der Minsker Kontaktgruppe einen Entwurf zur Änderung der ukrainischen Verfassung vorlege. Diese soll den Weg festlegen für eine künftige Sonderstellung der Separatistengebiete im Staatsgefüge der Ukraine.

Seit 2014 kämpfen in der Ostukraine ukrainische Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten. Mehr als 13.000 Menschen wurden seitdem getötet. Im Rahmen des sogenannten Normandie-Formats versuchen Deutschland und Frankreich, im Dauerkonflikt zu vermitteln.

Die Separatistengebiete werden von moskautreuen und vom Kreml kontrollierten Machthabern beherrscht. Russland verspricht sich vom Sonderstatus der Gebiete Einfluss auf die ukrainische Politik nach einem möglichen Ende des Konflikts. Im Dokument macht Moskau weitere Schritte hin zu einem solchen Status davon abhängig, dass die Ukraine den geforderten Entwurf für eine Verfassungsänderung präsentiere.

Russland fordert dem Papier zufolge ferner, dass Kiew seine Bemühungen um eine Umsetzung der sogenannten Steinmeier-Formel intensiviere. Diese legt fest, dass die bisherigen Separatistengebiete automatisch einen dauerhaften Sonderstatus erhalten, sobald die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) die Lokalwahlen dort als frei und fair anerkennt. Kiew hatte dieser Formel beim letzten Treffen der Staats- und Regierungschefs des Normandie-Formats im Dezember in Paris noch einmal zugestimmt. Die genaue Umsetzung ist aber weiterhin umstritten.

Beim Pariser Gipfel wurden zudem ein Waffenstillstand für die Ostukraine bekräftigt sowie eine weitere "Entflechtung" der Truppen an der Front und ein weiterer umfassender Gefangenenaustausch verabredet.

Auch bei diesen Punkten drängt die russische Delegation dem inoffiziellen Arbeitsdokument zufolge auf weitere Schritte Kiews. So soll die Ukraine "ohne zusätzliche Bedingungen" bis zum 6. Juli eine Liste von Gefangenen in einem bestimmten Format ausarbeiten, deren Freilassung sie von den Separatisten fordert. Letztere würden im Gegenzug ebenfalls eine entsprechende Gefangenenliste präsentieren.

Bei der Zusammenkunft in Berlin handelt es sich um ein Treffen auf Beraterebene. Auf deutscher Seite nimmt Angela Merkels außenpolitischer Berater Jan Hecker Teil.

Mit dem Gipfeltreffen in Paris Ende vergangenen Jahres wurde das Normandie-Format nach drei Jahren Funkstille wiederbelebt. Dennoch stocken die Gespräche seit Monaten. Im Donbass wird an der Kontaktlinie weiterhin geschossen, die OSZE meldet täglich Verstöße gegen die Waffenruhe. Die Beobachter haben zudem keinen Zugang zu den von moskautreuen Kräften kontrollierten Gebieten - offizieller Grund ist die Corona-Pandemie.

asa/csc/heb/mba
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