Ungarn EuGH-Gutachter nennt Transitlager für Asylbewerber rechtswidrig

Ungarn hält Geflüchtete in einer Transitzone an der serbischen Grenze fest. Der Generalanwalt des EuGH vergleicht die Bewegungseinschränkungen mit Haft.
Asylbewerber im ungarischen Containerlager Röszke (Archiv vom September 2015)

Asylbewerber im ungarischen Containerlager Röszke (Archiv vom September 2015)

Foto: Peter Zschunke/ dpa

Die Unterbringung von Asylbewerbern im ungarischen Containerlager Röszke verstößt nach Ansicht eines zentralen EU-Gutachters gegen EU-Recht. In der Transitzone an der serbischen Grenze sei die Bewegungsfreiheit der Menschen in so hohem Maß eingeschränkt, dass es sich um Haft handele, befand der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Priit Pikamäe, in einem Gutachten.

Hintergrund ist der Fall von vier Asylbewerbern aus Iran und Afghanistan, die über die Türkei, Bulgarien und Serbien nach Ungarn gekommen waren. Die ungarischen Behörden wiesen ihre Asylanträge mit der Begründung ab, sie seien über ein Land - den Nicht-EU-Staat Serbien - eingereist, in dem ihnen weder Verfolgung noch ernsthafter Schaden drohe. Zudem sei in den Ländern, über die sie nach Ungarn gekommen seien, ein angemessenes Schutzniveau gegeben.

Serbien will Menschen nicht zurücknehmen

Serbien lehnte es jedoch ab, die Menschen zurückzunehmen, woraufhin das Zielland der Rückführung auf Iran beziehungsweise Afghanistan geändert wurde. Zudem wurde den Geflüchteten ein Sektor in der Transitzone Röszke als Aufenthaltsort zugewiesen.

Die Regierung in Budapest verfolgt unter dem rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orbán eine Politik der Abschottung und der Abschreckung von Geflüchteten. Seit Frühjahr 2017 hält Ungarn Asylbewerber in zwei Containerlagern unmittelbar an der Grenze zu Serbien fest. Die Gebiete sind mit hohem Zaun und Stacheldraht umgeben. Die vier Asylbewerber durften ihren Sektor nur in Ausnahmen und in polizeilicher Begleitung verlassen. Besuch war nur nach vorheriger Genehmigung in einem gesonderten Container erlaubt.

Ungarn argumentiert, die Menschen hielten sich "freiwillig" dort auf, weil sie die Lager in Richtung Serbien verlassen könnten. Wer jedoch nach Serbien zurückkehrt, verliert in Ungarn automatisch seinen Status als Asylbewerber.

Urteil in kommenden Monaten erwartet

Der Generalanwalt des EuGH machte deutlich, dass Ungarn die Bearbeitung der Asylanträge nicht mit dem Hinweis ablehnen dürfe, die Betroffenen seien durch ein sicheres Transitland gekommen. Die Einschätzung des Gutachters ist für die EuGH-Richter nicht bindend, häufig folgen sie ihr aber. Ein Urteil dürfte in den kommenden Monaten fallen.

Vor Kurzem hatte der Europäische Gerichtshof bereits entschieden, dass PolenUngarn und Tschechien zur Hochzeit der Flüchtlingskrise gegen EU-Recht verstoßen haben. Hintergrund waren zwei Mehrheitsentscheidungen der EU-Staaten von 2015, wonach bis zu 160.000 Asylbewerber innerhalb der EU verteilt werden sollten.

mfh/dpa
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