Zeynab Wandati

Klimakrise in Afrika Es hilft nur eines: viel Geld

Zeynab Wandati
Ein Gastbeitrag von Zeynab Wandati, Nairobi
Auch in Kenia schmelzen die Gletscher, in einigen Regionen taucht plötzlich Malaria auf. Der Globale Norden muss den Süden im Kampf gegen den Klimawandel unterstützen – und zwar jetzt.
In manchen Regionen Kenias steigt der Wasserspiegel beständig an, in anderen hat es seit Ewigkeiten nicht mehr geregnet

In manchen Regionen Kenias steigt der Wasserspiegel beständig an, in anderen hat es seit Ewigkeiten nicht mehr geregnet

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James Wakibia / SOPA / LightRocket / Getty Images

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Zeynab Wandati arbeitet als Klima- und Technikredakteurin beim zweitgrößten kenianischen Fernsehsender NTV. Sie ist Preisträgerin des A.H. Boerma Awards der Uno-Ernährungsorganisation, der journalistische Beiträge zum Thema Nahrungsmittelsicherheit auszeichnet. Wandati ist eine der profiliertesten Journalistinnen Ostafrikas zum Themenschwerpunkt Klimakrise.

Mehr als zwei Millionen Kenianerinnen und Kenianer sind derzeit vom Hungertod bedroht. Kenias trockene Landstriche leiden unter einer verheerenden Dürre. Eigentlich sollte im Oktober die kurze Regenzeit beginnen, aber während es im Westen des Landes stark regnet, bleiben die trockenen Gebiete trocken, heiß und verzweifelt. In zwei aufeinanderfolgenden Saisons ist der Regen in diesen Teilen des Landes nun schon ausgeblieben.

80 Prozent der Fläche Kenias sind Trocken- oder Halbtrockengebiete, und die hier lebenden Gemeinschaften sind zumeist Viehzüchter, deren Überleben von ihren Tieren abhängt. Wenn der Regen ausbleibt, gibt es weder Wasser noch Weideland. Bis November wird die Zahl der hungernden Kenianerinnen und Kenianer voraussichtlich auf 2,4 Millionen ansteigen.

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Dies ist die Realität des Klimawandels nicht nur in Kenia, sondern auf dem ganzen Kontinent. Dabei trägt Afrika nur wenig zur globalen Erwärmung bei. Dürren, Überschwemmungen, Schädlingsbefall und Krankheiten sind inzwischen so alltäglich, dass es fast schon überraschen würde, wenn irgendwo auf dem Kontinent ein ganzes Jahr ohne solche Berichte vergehen würde.

Im südafrikanischen Kapstadt drohte im Jahr 2018 komplett das Wasser auszugehen. Der Konsum musste strikt beschränkt werden

Im südafrikanischen Kapstadt drohte im Jahr 2018 komplett das Wasser auszugehen. Der Konsum musste strikt beschränkt werden

Foto: Morgana Wingard / Getty Images

Kurz vor der Uno-Klimakonferenz in Glasgow hat die Weltorganisation für Meteorologie gerade den Afrikanischen Klimabericht 2020 veröffentlicht – die Ergebnisse sind beunruhigend. Da sich der Kontinent immer stärker erwärmt, ziehen sich die Gletscher auf den afrikanischen Bergen zurück, und zwar schneller als im weltweiten Durchschnitt.

Prognosen zufolge wird der Kontinent in den 2040er-Jahren alle Gletscher verloren haben. Der Mount Kenia zum Beispiel wird einer der ersten Gebirgszüge sein, die aufgrund des Klimawandels gletscherfrei sind – und zwar schon in den 2030er-Jahren, ein Jahrzehnt früher als der Rest des Afrikas.

Während die Welt darauf hinarbeiten will, den Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, ist dieser Wert in Teilen Kenias längst überschritten. Studien zeigen, dass alle kenianischen Trockengebiete zwischen 1960 und 2014 einen deutlichen Temperaturanstieg zu verzeichnen hatten. In einigen Regionen lag der bei fast zwei Grad Celsius. Die Auswirkungen dieser Entwicklung sind längst sichtbar: Dürre, Todesfälle und Malariaausbrüche – selbst in Regionen, die nicht zu den traditionellen Malariagebieten im Westen und an der Küste Kenias gehören.

Wenig Emissionen, aber die schwersten Folgen

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass der Kontinent die weitere Erwärmung stoppt. Doch dafür braucht Afrika Geld. Und zwar viel davon. Allein die afrikanischen Länder südlich der Sahara benötigen zwischen 30 und 50 Milliarden US-Dollar, um sich an den Klimawandel anzupassen und ihn einzudämmen. Das sind die jährlichen Kosten für die nächsten zehn Jahre.

Doch leider kann der Kontinent das ohne Hilfe nicht finanzieren. Die meisten afrikanischen Regierungen können nur höchstens zehn Prozent dieser Kosten selbst aufbringen und sind in hohem Maße auf externe Klimafinanzierung angewiesen. Deshalb ist die oberste Priorität Afrikas, bei den COP26 (wie auch bei früheren Uno-Klimakonferenzen) eine entsprechende Finanzierung durchzusetzen.

Alle Artikel zum Uno-Klimagipfel

Anfang November trifft sich die Staatengemeinschaft im schottischen Glasgow zur 26. Uno-Klimakonferenz, der COP26. Auf dem zweiwöchigen Treffen geht es darum, die Ziele der Länder zu erhöhen und gemeinsame Regeln für den Kampf gegen die Klimakrise zu definieren. Lesen Sie hier alle Artikel zum Gipfel.

Leider sind die dringenden Bedürfnisse Afrikas keine Priorität für die Industrieländer, obwohl die doch die größte Verantwortung für die globale Erwärmung tragen. Bei früheren Klimakonferenzen ist Afrika mit seinen Forderungen leer ausgegangen. Aber der Kontinent bleibt hoffnungsfroh. Die afrikanischen Länder haben in ihren Beiträgen zum Pariser Abkommen kühne Pläne vorgelegt und sich verpflichtet, ihren CO₂-Fußabdruck weiter zu verringern, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.

Doch der Kontinent ist auf Unterstützung und tatkräftiges Handeln der globalen Big Player angewiesen. Um den Klimawandel zu überleben, müssen alle zusammenarbeiten. Reden auf Konferenzen ist der leichte Teil – das Handeln ist der schwierige. Doch es ist wissenschaftlich belegt: Entschlossenes Durchgreifen ist die einzige Chance, zu überleben. Für Afrika bedeutet weiterer Stillstand, dass die Nahrungsmittelknappheit mit jeder Überschwemmung, mit jeder Dürre weiter zunimmt. Die Welt muss handeln. Und zwar jetzt.

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