Nach Trumps Drohungen US-Armee verlegt Soldaten nach Washington

Mit "Tausenden schwer bewaffneten Soldaten" hatte der US-Präsident den Demonstranten in der Hauptstadt zuletzt gedroht. Nun wird die Präsenz des Militärs rund um Washington verstärkt.
Sicherheitskräfte und Einheiten der Nationalgarde vor dem Lincoln-Denkmal in Washington: Demonstranten sollen eingeschüchtert werden

Sicherheitskräfte und Einheiten der Nationalgarde vor dem Lincoln-Denkmal in Washington: Demonstranten sollen eingeschüchtert werden

Foto: JAMES HARNETT/ via REUTERS

Das US-Militär hat nach eigenen Angaben rund 1600 Soldaten auf Militärstützpunkte rund um Washington verlegt, um die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt angesichts der anhaltenden Proteste bei Bedarf unterstützen zu können.

Die Militärpolizisten und Infanteristen stünden bereit, um gegebenenfalls unterstützend einzugreifen, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Dienstagabend (Ortszeit). Minister Mark Esper habe die Verlegung der Soldaten angeordnet, hieß es weiter.

Bei den Soldaten handelt es sich nach Angaben der Nachrichtenagentur AP unter anderem um rund 700 Mitglieder der 82nd Airborne Division, darunter viele Fallschirmjäger. Diese seien von ihrer Heimatbasis in Fort Bragg, North Carolina, an den Rand der US-Hauptstadt verlegt worden. Laut AP sind die Soldaten voll bewaffnet.

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Präsident Donald Trump hatte am Montag angekündigt, "Tausende schwer bewaffnete Soldaten" des US-Militärs einsetzen zu wollen, um Ausschreitungen am Rande der friedlichen Proteste nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd zu unterbinden.

DER SPIEGEL

In der Hauptstadt flogen am Dienstag Hubschrauber teilweise im extremen Tiefflug über Demonstranten - ein klarer Versuch der Einschüchterung.

Ein Einsatz von US-Truppen gegen US-Bürger wäre zwar rein rechtlich möglich, aber eine erhebliche Eskalation der ohnehin extrem angespannten Situation. Der Schritt, verbunden mit den markigen Worten des Präsidenten, soll daher vermutlich zunächst zur Einschüchterung der Demonstranten dienen. Zudem könnte der Präsident darauf spekulieren, dass er bei der eigenen Wählerbasis gut ankommen wird.

Zuletzt hatte sich Trump im Rosengarten des Weißen Hauses als "Law and Order"-Präsident bezeichnet. In den vergangenen Tagen war ihm auch aus den Reihen der eigenen Unterstützer Untätigkeit vorgeworfen worden.

Mehrere Bundesstaaten haben zur Unterstützung Soldaten ihrer Nationalgarde aktiviert. Diese werden in den USA häufiger bei Naturkatastrophen und anderen Großlagen eingesetzt.

Demonstranten ignorieren erneut die Ausgangssperren

Trotz der Drohgebärden der Regierung haben sich Demonstranten vor dem Weißen Haus erneut über die Ausgangssperre in Washington hinweggesetzt. Friedliche Proteste vor der US-Regierungszentrale dauerten auch nach Inkrafttreten der nächtlichen Ausgangssperre am Dienstagabend um 19.00 Uhr (Ortszeit/1 Uhr MESZ) an, wie ein dpa-Reporter berichtete. Hunderte Menschen protestierten gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit.

Seit Tagen kommt es in Washington, New York und anderen US-Metropolen zu Demonstrationen gegen Polizeigewalt, Rassismus und soziale Ungerechtigkeit. Auslöser ist der Tod Floyds in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota am Montag vergangener Woche. In vielen US-Städten sind die Demonstrationen in Ausschreitungen und Plünderungen ausgeartet. Zahlreiche Städte haben eine nächtliche Ausgangssperre verhängt. In der Millionenmetropole New York wurde sie nach neuerlichen Plünderungen in der Nacht zu Dienstag bis Sonntag verlängert. Sie trat am Dienstagabend um 20 Uhr (Ortszeit) in Kraft.

Brutaler Einsatz - offenbar auf Anweisung von Trumps Minister

Vor dem Weißen Haus hatten Sicherheitskräfte - darunter auch die Militärpolizei - am Montagabend Proteste gewaltsam aufgelöst. Während die Polizei gegen weitgehend friedliche Demonstranten vorging, drohte Trump bei einem Auftritt mit dem Einsatz des US-Militärs, um Unruhen zu stoppen. Das harte Eingreifen war offenbar von Justizminister William Barr persönlich vor Ort angeordnet worden.

Auch in zahlreichen anderen US-Metropolen kam es am Dienstag erneut zu Protesten. Auf Fernsehbildern waren Demonstrationen in New York, Los Angeles, Philadelphia, Chicago und Houston zu sehen. In Houston soll Floyd nach Angaben der Familie am Dienstag kommender Woche beerdigt werden. Er war in der Metropole in Texas aufgewachsen.

jok/dpa
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