Rassismus-Vorwürfe Biden bedauert Äußerungen über Afroamerikaner

Mit einer äußerst fragwürdigen Bemerkung hat US-Präsidentschaftsbewerber Joe Biden die Unterstützung vieler Schwarzer aufs Spiel gesetzt. Inzwischen sieht er seinen Fehler ein - den das Trump-Lager eifrig ausschlachtet.
Präsidentschaftskandidat Biden: "Ich hätte nicht so ein Klugscheißer sein sollen"

Präsidentschaftskandidat Biden: "Ich hätte nicht so ein Klugscheißer sein sollen"

Foto: Al Drago/ AFP

Es ist kein Geheimnis in den USA, dass Joe Biden ab und zu peinliche Versprecher und Unachtsamkeiten unterlaufen. Der designierte Präsidentschaftskandidat der US-Demokraten hat sich selbst einmal als "Faux-Pas-Maschine" bezeichnet. Aber das, was der 77-Jährige nun in einem Radiointerview gesagt hat, war kein Versprecher, kein ärgerlicher Schnitzer.

Im Gespräch mit dem prominenten Moderator Charlamagne Tha God äußerte sich Biden über Afroamerikaner im US-Wahlkampf: "Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie für mich oder für Trump sind", so Biden, "dann sind Sie nicht schwarz." Dann lächelt der Ex-Vizepräsident verschmitzt in die Kamera.

Einen Tag später nun bereut Biden diesen Satz offenkundig. Biden soll laut CNN  in einer Telefonschalte mit der afroamerikanischen Handelskammer eingeräumt haben, dass seine Worte als hochmütig aufgefasst werden könnten. Er wisse, dass er die Stimmen von Afroamerikanern nicht für selbstverständlich halten könne. "Ich weiß, dass ich die afroamerikanischen Stimmen brauche, um die Präsidentschaftswahl zu gewinnen."

"Niemand muss aufgrund von Rasse, Religion oder Herkunft für eine bestimmte Partei stimmen"

Joe Biden

"Ich hätte nicht so ein Klugscheißer sein sollen. Ich hätte nicht so unbekümmert sein sollen", sagte Biden nach Angaben von Journalisten. Er habe die Unterstützung der afroamerikanischen Gemeinschaft niemals als selbstverständlich angesehen, versicherte er. "Niemand muss aufgrund von Rasse, Religion oder Herkunft für eine bestimmte Partei stimmen."

In dem strittigen Interview ging es um Rassismus in den USA. Der Moderator hatte Biden nach Berichten gefragt, wonach er die weiße Senatorin Amy Klobuchar in die engere Auswahl für die Position der Vizepräsidentin genommen habe. Der Moderator sagte, Biden habe seinen Sieg bei den Vorwahlen schwarzen Wählern zu verdanken, deswegen gebe es jetzt auch Forderungen nach einem schwarzen Vize im Weißen Haus.

Eine Beraterin Bidens erklärte später über Twitter, Bidens umstrittener Satz sei scherzhaft gewesen - da verbreitete sich aber schon die Debatte rund um den Hashtag "YouAintBlack" (Sie sind nicht schwarz).

Es dauerte nicht lange, bis das Lager des US-Präsidenten die Debatte für sich zu nutzen versuchte. Biden glaube als Weißer, dass Schwarze "unfähig sind, unabhängig zu sein oder unabhängig zu denken", teilte Trumps Wahlkampfteam mit. Trumps Wahlkampfberaterin Katrina Pierson nannte Biden einen "elitären weißen Liberalen", der "rassistisch erniedrigende" Kommentare von sich gebe.

Hat Biden seine Chancen geschmälert?

Präsident Trump, der selbst etwa mexikanische Migranten verunglimpft  sowie Haiti und Teile Afrikas als "Dreckslöcher" bezeichnet hatte, äußerte sich bislang nicht über die Angelegenheit. Sein Sohn Donald Trump Jr. warf Biden indes auf Twitter eine "ekelhafte und entmenschlichende rassistische Mentalität" vor.

Der Senator Tim Scott, der einzige schwarze Republikaner im Senat, nannte Bidens Äußerungen "die herablassendsten und arrogantesten Kommentare gegenüber der schwarzen Community, die ich je gehört habe." Er verwies darauf, dass 1,3 Millionen Afroamerikaner bei der Wahl 2016 für Trump gestimmt hätten: "Heute Mittag hat Joe Biden jedem von Euch gesagt, dass ihr 'nicht schwarz' seid!"

Biden, der unter dem damaligen Präsidenten Barack Obama Vizepräsident war, erfreut sich bei Afroamerikanern großer Zustimmung. Bislang konnte er bei der Präsidentenwahl am 3. November mit einer Mehrheit der Stimmen der Afroamerikaner rechnen. Entscheidend könnte es aber für ihn sein, wie motiviert schwarze Wähler sind: Wenn sie schlicht nicht abstimmen, sondern zu Hause bleiben, dürfte ein Wahlsieg für Biden nochmals schwerer zu erreichen sein.

mxw/Reuters/AFP/dpa
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