Nächste US-Regierung So könnte das Kabinett von Joe Biden aussehen

Mögliche künftige Kabinettsmitglieder Michele Flourney, John Kasich, Susan Rice
Foto: Andy Wong / AP; John Lamparski / Getty Images; Jim Lo Scalzo / dpaDie Aufgaben sind zahlreich, die Herausforderungen groß: Im Kampf gegen das Coronavirus haben Joe Biden und sein Team ihre Arbeit bereits aufgenommen – beinahe so, als säße der designierte Präsident schon im Weißen Haus.
Die Pandemie würde seine oberste Priorität sein, hatte der Demokrat schon vor der Wahl verkündet. Das spiegelt sich auch in seinen Personalentscheidungen wider: Als Erstes stellte er ein Expertenteam zusammen, das die Eindämmung des Virus koordinieren soll.
Als Nächstes sollen die Schlüsselposten im Weißen Haus besetzt werden. Auch hier dürfte der Kampf gegen die Pandemie ein leitender Gedanke sein: Als Favorit auf den wichtigen Posten des Stabschefs gilt Bidens langjähriger Berater Ron Klain, der im Weißen Haus unter Barack Obama die Antwort auf den Ebola-Ausbruch koordinierte.
Erst im nächsten Schritt will Biden darüber entscheiden, wer an der Spitze welcher Ministerien stehen soll. Bei der Zusammenstellung seines Kabinetts wird der künftige Präsident einerseits die Wünsche weiter Teile seiner Partei berücksichtigen müssen. Diese wünschen sich ein Kabinett, dessen Vertreter für progressive Politik stehen und zugleich die Vielfalt der USA abbilden. Es sei wichtig, dass das Kabinett "wie das Land aussieht", hatte Biden im Frühjahr gesagt: männlich und weiblich, hetero- und homosexuell, schwarz, weiß und asiatisch.
Andererseits wird Biden einen anderen Umstand ebenso wenig ignorieren können: Die Minister werden vom Senat bestätigt. Und in diesem werden voraussichtlich die Republikaner die Mehrheit stellen, sollten die Demokraten Anfang Januar nicht beide Stichwahlen um Senatssitze in Georgia gewinnen.
Es ist möglich, wenn nicht gar wahrscheinlich, dass die Republikaner eine Blockade- und Sabotagehaltung annehmen werden, ganz gleich, wen Biden nominiert. Einem Bericht der "Washington Post" zufolge könnte Biden deshalb auf eine Taktik zurückgreifen, von der Donald Trump während seiner Präsidentschaft laufend Gebrauch machte: der Ernennung geschäftsführender Minister und anderer Spitzenbeamter am Kongress vorbei.
Doch unabhängig von der Zusammensetzung des Senats wird sich Biden nicht allein von der demokratischen Basis leiten lassen können. Sein Bestreben, das Land wieder zusammenzuführen, wird auch die Vergabe der Posten beeinflussen. Es würde deshalb niemanden überraschen, wenn sich unter den Mitgliedern seines Kabinetts mindestens ein prominenter Republikaner wiederfindet.
Als aussichtsreiche Kandidatin für das Amt der Außenministerin gilt Susan Rice. Kaum jemand verfügt über so viel Erfahrung auf dem Feld wie die frühere Uno-Botschafterin und Nationale Sicherheitsberaterin.

Erfahren wie kaum jemand: Susan Rice
Foto: JUSTIN LANE/ dpaBiden und Rice arbeiteten unter Obama zusammen, ihre persönliche Beziehung gilt als gut. Die Diplomatin kennt die Abläufe und müsste sich nicht erst einarbeiten. Gerade in einer Zeit, in der die Coronakrise viele Kapazitäten der neuen Regierung Biden beanspruchen wird, ist das von Vorteil.
Gegen Rice könnte der zu erwartende heftige Widerstand der Republikaner im Senat sprechen. Dieser war schon während der zweiten Amtszeit Obamas ein Grund dafür, dass sie ihre Kandidatur für den Posten zurückzog.
Neben Rice wird William Burns für den Posten gehandelt, ein Karrierediplomat und Vizeaußenminister unter Obama. Auch den demokratischen Senatoren Chris Coons und Chris Murphy werden Chancen zugeschrieben. Gleiches gilt für Antony Blinken, Bidens außenpolitischen Berater.
An der Spitze des Verteidigungsministeriums stand noch nie eine Frau oder ein Angehöriger einer Minderheit. Es wird fest damit gerechnet, dass sich das unter Biden ändert: Michele Flournoy gilt als Favoritin auf den Job.
Die Mitgründerin des Center for a New American Security, einer in der politischen Mitte verorteten Denkfabrik, bekleidete schon unter Obama einen hohen Posten im Ministerium. Im Sommer verfasste sie einen Plan zu der Frage, wie das Pentagon China in Sachen Technologie am effektivsten entgegentreten könnte.
Neben Fournoy könnte auch die demokratische Senatorin Tammy Duckworth Chancen auf das Amt haben. Die Veteranin, die infolge eines Angriffs im Irakkrieg beide Beine verlor, war schon in Bidens engerer Auswahl für das Amt der Vizepräsidentin.

Im Finanzministerium wartet eine der schwersten Aufgaben – soll Lael Brainard sich darum kümmern?
Foto: Brian Snyder/ REUTERSNeben dem Verteidigungsministerium ist das Finanzministerium das zweite wichtige Haus, das in seiner bisherigen Geschichte ausschließlich von weißen Männern geleitet wurde. Auch das wird sich voraussichtlich ändern. Als Favoritin auf den Posten gilt Lael Brainard, eine Gouverneurin der Zentralbank.
Eine republikanische Mehrheit im Senat würde einer progressiveren Kandidatin wie der Senatorin Elizabeth Warren sehr wahrscheinlich im Weg stehen. Das einflussreiche Gremium schwarzer Kongressmitglieder macht sich derweil für schwarze Kandidaten wie den früheren Zentralbankvize Roger Ferguson oder die Investorin Mellody Hobson stark.
Der oder dem Neuen an der Spitze des Finanzministeriums wird eine der schwersten Aufgaben überhaupt zufallen: die wirtschaftliche Bewältigung der Coronakrise.

Doug Jones: Der Noch-Senator aus Alabama könnte Justizminister werden
Foto: JOSHUA ROBERTS / REUTERSMehrere Bewerber rechnen sich Chancen auf die Stelle an der Spitze des Justizministeriums aus. Einer von ihnen ist der Doug Jones aus Alabama, der im Rennen um seinen Senatssitz im Oberhaus des Kongresses dem Republikaner Tommy Tuberville unterlag.
Jones ist weiß, männlich und aus dem Süden; diverser würde er das Kabinett nicht machen. In seiner Zeit als Bundesstaatsanwalt machte er sich aber einen Namen, weil er Jahrzehnte nach dem Anschlag auf eine schwarze Kirche in Birmingham im Jahr 1963 zwei Mitglieder des Ku-Klux-Klans überführte.
Jones dürfte reichlich Konkurrenz haben: Der Chef des Democratic National Committee, Tom Perez, rechnet sich ebenfalls Chancen aus. Auch Sally Yates, eine frühere hohe Beamte im Ministerium, wird gehandelt. Sie avancierte zu Beginn der Trump-Präsidentschaft zu einem Star unter Progressiven, als sie sich weigerte, Trumps Einreisesperre für Bürger mehrerer muslimischer Staaten zu verteidigen und in der Folge von ihm gefeuert wurde.

Welchen Posten bekommt Pete Buttigieg?
Foto: Ethan Miller/ AFPAuch Kaliforniens Justizminister Xavier Becerra wird für den Posten gehandelt. Der Demokrat könnte aber auch Chef des Heimatschutzministeriums werden. Auch Alejandro Mayorkas, der schon unter Obama im Ministerium tätig war, hat gute Aussichten auf diesen Posten. Beide wären der erste Latino an der Spitze der Superbehörde.
Als fast sicher gilt, dass Pete Buttigieg der Regierung angehören wird. Der frühere Bürgermeister von South Bend und Bidens Konkurrent im Vorwahlkampf trommelte vor der Abstimmung am 3. November kräftig für Biden: unter anderem mit Auftritten bei Fox News. Unklar scheint nur, welches Amt er bekleiden wird. Möglicherweise wird er das Kriegsveteranenministerium leiten. Auch als künftiger Uno-Botschafter wird Buttigieg gehandelt.
Der Republikaner mit den vielleicht besten Chancen auf einen Kabinettsposten dürfte John Kasich sein, der frühere Gouverneur von Ohio. Auch der Ex-Senator Jeff Flake aus Arizona sowie der republikanische Gouverneur von Massachusetts, Charlie Baker, werden für ein Regierungsamt gehandelt.