Brandbrief an US-Justizminister Staatsanwälte wollen nicht wegen angeblichem Wahlbetrug ermitteln

16 US-Staatsanwälte lehnen sich laut einem Medienbericht gegen eine Anweisung von Justizminister Barr auf. Sie sollen Unregelmäßigkeiten bei der Präsidentenwahl untersuchen – wehren sich aber.
Anhänger Joe Bidens feiern in Washington das Wahlergebnis am 7. November

Anhänger Joe Bidens feiern in Washington das Wahlergebnis am 7. November

Foto: Steve Helber / dpa

Zahlreiche stellvertretende US-Staatsanwälte lehnen sich gegen die Anordnung des amerikanischen Justizministers William Barr auf, die Ergebnisse der US-Präsidentenwahl zu überprüfen, berichtet die "Washington Post". Sie wollen demnach der Vorgabe von Barr nicht nachkommen und sollen in einem gemeinsamen Brief  Barr aufgefordert haben, seine Anweisung dazu im Montagsmemorandum zurückzunehmen. Mit dem jüngsten Memo seien sie angewiesen worden, "substanzielle" Behauptungen über Unregelmäßigkeiten bei der Stimmenauszählung öffentlich zu untersuchen.

Die 16 Anwälte, die speziell mit der Überwachung der Präsidentschaftswahlen beauftragt waren, betonten demzufolge in dem Brief, keine Kenntnis von außergewöhnlichen Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung der Stimmen zu haben. Zudem würden sie durch die Anordnung in die Parteipolitik hineingezogen. Die "Washington Post" hat nach eigenen Angaben ein Bild von dem Schreiben der stellvertretenden Staatsanwälte eingesehen.

Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte der "Washington Post", die Anwälte hätten "vielleicht das Memo nicht gelesen". Sie verwies auf einen Abschnitt, in dem Barr zur Vorsicht mahnte und bemerkte: "Nichts hier sollte als Hinweis darauf gewertet werden, dass das Ministerium zu dem Schluss gekommen ist, dass Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe das Ergebnis einer Wahl beeinflusst haben." Während ernsthafte Anschuldigungen mit großer Sorgfalt behandelt werden sollten, sollten fadenscheinige, spekulative, fantasievolle oder weit hergeholte Behauptungen keine Grundlage für die Einleitung bundesstaatlicher Untersuchungen sein, heiße es dort.

Der bisherige US-Präsident Donald Trump hat Datenanbietern und US-Medien zufolge die Wahl verloren. Edison Research und allen großen TV-Sendern zufolge kommt sein demokratischer Herausforderer Joe Biden auf insgesamt 306 Wahlleute, Trump auf 232. Nötig für einen Sieg sind 270 Wahlleute.

Hält Trump seine Verweigerungshaltung durch?

Noch immer weigert sich Trump, eine Wahlniederlage einzugestehen und den Sieg seines Rivalen anzuerkennen. Er hat Klagen in mehreren Bundesstaaten eingereicht. Sein Wahlkampfteam hatte Wahlfälschung und Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe geltend gemacht. Experten erwarten nicht, dass die Klagen Aussicht auf Erfolg haben. Am Donnerstag hatten US-Sicherheitsbehörden Betrugsvorwürfe zurückgewiesen.

Die "Post" schreibt, heutige und ehemalige Beamte des Justizministeriums hätten in den vergangenen Tagen erklärt, sie seien fassungslos und frustriert über Barrs Anweisung. Sie befürchteten, er unterstütze Präsident Trump bei seinen Bemühungen, seine Niederlage in Zweifel zu ziehen.

Immer wieder hatte Trump vor, während und nach der Wahl auf angeblichen Wahlbetrug hingewiesen. Bei einem Pressetermin am Freitag zum Impfstoff gegen das Coronavirus allerdings rutschte ihm ein Satz heraus, mit dem er fast die Möglichkeit einer Wahlniederlage eingestanden hätte. Mit Blick auf die Coronakrise schloss er einen landesweiten Lockdown unter seiner Regierung aus. "Hoffentlich wird die, äh – was auch immer in der Zukunft passiert. Wer weiß, welche Regierung es sein wird. Die Zeit wird es zeigen", verhaspelte sich Trump bei seiner ersten Ansprache, seit der Gesamtsieg von Biden feststeht.

kig/Reuters
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