Schlagabtausch in Alaska Erstes Treffen der USA mit China – und sofort gibt es offenen Streit

Chinesische und US-amerikanische Delegationen (in Anchorage): »Einen Moment mal«
Foto: FREDERIC J. BROWN / AFPDie diplomatischen Gepflogenheiten waren schon nach Minuten vergessen. Erstmals ist der neue US-Außenminister Antony Blinken mit seinem chinesischen Kollegen Yang Jiechi zusammengetroffen. Statt des üblichen Geplänkels brach zum Auftakt des Termins in Anchorage (US-Bundesstaat Alaska) offener Streit vor Journalisten aus.
Eigentlich waren für beide Seiten nur eröffnende Stellungnahmen von zwei Minuten Länge vorgesehen, danach sollten die echten Gespräche ohne Presse beginnen. Blinken hielt sich auch in etwa an den Zeitrahmen, teilte aber kräftig in Richtung Peking aus: »Wir werden unsere tiefe Sorge über Chinas Verhalten in Xinjiang, Hongkong und Taiwan ansprechen, Cyberattacken gegen die USA und die ökonomischen Zwänge gegenüber unseren Verbündeten.«
Das wiederum wollte sein Gegenüber Yang nicht stehen lassen und attackierte die USA in einer mehr als 15-minütigen Rede. Darin sprach er unter anderem den Vereinigten Staaten die globale Führungsrolle ab und warnte sie davor, »sich in die internen Angelegenheiten China einzumischen«. Dies dürfte auf Hongkong und Taiwan abgezielt haben.
Danach wurden die ersten Journalisten aus dem Raum geführt, bis Blinken, der inzwischen die Übersetzung der chinesischen Attacken gehört hatte, einschritt. »Einen Moment mal«, rief der Außenminister und signalisierte, dass die Pressevertreter doch vor Ort bleiben sollten. Danach nahm er zu den einzelnen Vorwürfen selbst ausgiebig Stellung. Was als kurzer Pressetermin angesetzt war, dauerte am Ende mehr als eine Stunde.
Entsprechend scharf äußerte sich hinterher auch ein ranghoher US-Vertreter: »Die chinesische Delegation scheint mit dem Ziel angereist zu sein, Effekthascherei zu betreiben und öffentliches Theater über Substanz zu stellen.« Vonseiten der Chinesen hieß es hingegen, die USA hätte sich »herablassend im Ton« verhalten.
Feindselig – wenn es sein muss
An konfliktreichen Themen fehlt es bei den Gesprächen ohnehin nicht. Die USA kritisieren China unter anderem wegen der Missachtung der Menschenrechte der Uiguren in Xinjiang und der Bürger Hongkongs, wegen unfairer Handelspraktiken, Cyberangriffen und wegen Pekings Expansionsdrang im Indo-Pazifik-Raum. China wiederum verbittet sich die US-Kritik als Einmischung in innere Angelegenheiten und fordert zum Beispiel eine Aufhebung der unter Ex-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle. Auch fordert Peking ein Ende der Unterstützung für Taiwan, das China als Teil der Volksrepublik ansieht. Bei anderen Themen, etwa der Bekämpfung des Klimawandels, wollen beide Regierungen aber zumindest grundsätzlich zusammenarbeiten.
Ein ranghoher Vertreter der US-Regierung hatte den Tenor für das Treffen unter Berufung auf Blinken schon vorab klargemacht: »Das Verhältnis mit China wird konkurrierend sein, wenn nötig, zusammenarbeitend, wenn möglich, und feindselig, wenn es sein muss.«
USA bestanden auf Treffen auf amerikanischem Boden
An dem Treffen nahmen Blinken und Yang, der höchste Außenpolitiker der Kommunistischen Partei, sowie der im chinesischen Machtapparat untergeordnete Außenminister Wang Yi und Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan teil. Die US-Regierung hatte nach eigenen Angaben darauf bestanden, dass das Treffen auf amerikanischem Boden stattfinden sollte.
Das Verhältnis zwischen den USA und China, den beiden größten Volkswirtschaften, war unter Trump auf das schlechteste Niveau seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979 gefallen. Bidens Regierung setzt nun auf einen weniger aggressiven Ton – lässt in der Sache aber keinen Zweifel daran, dass China als Rivale angesehen wird. Bidens Regierung will sich in Bezug auf China auch enger mit demokratischen Verbündeten in Asien und Europa abstimmen. Zudem hat Biden angekündigt, sich in der Außenpolitik erneut weltweit für die Förderung von Demokratie und Menschenrechten einzusetzen.
Die US-Regierung hatte wegen der umstrittenen Hongkonger Wahlrechtsreform erst diese Woche neue Sanktionen gegen 24 weitere Politiker und Beamte aus China und Hongkong verhängt. Der Pekinger Volkskongress hatte vergangene Woche für die Reform in der chinesischen Sonderverwaltungsregion gestimmt, in der Peking mit harter Hand gegen die Demokratiebewegung vorgeht. Das neue Gesetz würde laut Kritikern den Einfluss der Opposition weiter drastisch schmälern und dafür das Pro-Peking-Lager stärken.