Mohammed bin Zayed Der Drohnenkrieg des Prinzen

Mohammed bin Zayed will die Vereinigten Arabischen Emirate als diplomatische Macht etablieren. Recherchen zeigen nun, dass sein Militär wohl für einen tödlichen Angriff auf Kadetten in Libyen verantwortlich ist.
Mann des Militärs: Mohammed bin Zayed, der heimliche Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate

Mann des Militärs: Mohammed bin Zayed, der heimliche Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate

Foto: ROSLAN RAHMAN / AFP

Am 4. Januar, gegen 21 Uhr, bricht in der Militärakademie im Süden von Tripolis die Hölle los: Etwa 50 Kadetten halten eine Übung ab, als auf dem Gelände eine Rakete einschlägt. Auf einem Überwachungsvideo ist festgehalten, wie die Explosion die Akademie erschüttert. Die Körper der jungen Männer werden zerfetzt. 26 Kadetten sterben.

Libyen ist zweigeteilt: Im Westen, in der Hauptstadt Tripolis, hat Premier Fayez Sarraj die Macht. Den Osten kontrolliert der Warlord Khalifa Haftar. Seit Jahren ringen beide Seiten um die Macht, unterstützt von einer ganzen Reihe von Staaten wie Russland, der Türkei, Frankreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Tausende Menschen sind in dem Bürgerkrieg bereits ums Leben gekommen, Hunderttausende wurden aus ihren Häusern vertrieben.  

Der Anschlag auf die Militärakademie im Januar markierte einen Tiefpunkt: Die Kadetten waren unbewaffnet, etliche von ihnen waren noch Teenager. Bis heute hat sich niemand zu dem Verbrechen bekannt. 

BBC Africa Eye und BBC Arabic haben den Vorfall rekonstruiert . Die Rechercheure haben Satellitendaten ausgewertet, Tatortspuren untersucht, mit Zeugen gesprochen. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass die Vereinigten Arabischen Emirate entscheidend an dem Angriff beteiligt waren.  

Offiziell befürworten die VAE das Waffenembargo für Libyen, auf das sich verschiedene Staaten auf einer Konferenz im Januar in Berlin auf Initiative der Bundesregierung verständigt haben. Tatsächlich aber ist der Golfstaat nach Berichten von Beobachtern unverändert einer der wichtigsten Unterstützer des Kriegsherrn Haftar.

Ohne Beteiligung der Emirate, so glauben Experten wie Wolfram Lacher von der Berliner Stiftung für Wissenschaft und Politik (SWP), wäre der Krieg in Libyen womöglich schon beendet. Weder Deutschland noch irgendein anderer EU-Staat konnte sich bislang allerdings dazu durchringen, eindeutig Stellung gegen Abu Dhabi zu beziehen. 

Die VAE haben Haftar geholfen, weite Teile Libyens zu erobern. Erst als sich zu Jahresbeginn die Türkei verstärkt in den Konflikt einmischte, drehte sich das Kräfteverhältnis. Sarrajs Truppen gelang es, unterstützt von der Türkei, Haftars Libysche Nationale Armee (LNA) aus Tripolis zu vertreiben. Nun liefern sich beide Seiten einen Stellungskrieg. Waffenruhen ermöglichten der Zivilbevölkerung bislang stets nur kurze Verschnaufpausen.

Weltweit größter Drohnenkrieg in Libyen

Sowohl Sarraj als auch das Haftar-Lager setzen in dem Konflikt vor allem auf den Einsatz von Drohen. Sarraj bezieht seine Waffen überwiegend aus der Türkei, Haftar aus den Emiraten. Ghassan Salamé, der ehemalige Uno-Sondergesandte für Libyen, spricht vom derzeit weltweit größten Drohnenkrieg.

Die BBC-Recherchen zeigen, wie brutal dieser Krieg geführt wird. Bei der Drohne, die bei dem Angriff auf die Militärakademie zum Einsatz kam, handelte es sich demnach um eine Wing Loong II, das chinesische Pendant zur US-"Predator"-Drohne. Die VAE sind der einzige staatliche Akteur, der in Libyen im Januar auf diese Drohnen zurückgriff.

Es scheint, als hätten sie den Tod der Kadetten billigend in Kauf genommen. Die Recherchen zeichneten zudem nach, dass die Emirate bei ihrem Engagement in Libyen unter anderem auf ägyptische Militärstützpunkte zurückgreifen. Die VAE und Ägypten wollten sich zu den Vorwürfen nicht äußern. 

Abu Dhabis Kronprinz, Mohammed bin Zayed, ist darum bemüht, sein Land als diplomatische Macht zu etablieren. Gerade erst schlossen die VAE einen viel beachteten Friedensdeal mit Israel ab. Berichte, die auf die verheerende Rolle des Golfstaats im Libyen-Konflikt verweisen, sind dem Prinzen da nur lästig.

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