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Reifendruckkontrollsysteme: Pflicht ab November 2012

Foto: Continental

Reifendruckkontrollsystem-Pflicht Mehr Gefühl fürs Gummi

Luftdruck aus Brüssel: Ab November 2012 müssen Autohersteller neue Fahrzeuge mit Reifendruck-Kontrollsystemen ausstatten. Klingt erstmal nach Bürokratie-Irrsinn - tatsächlich aber hat ein falscher Reifendruck enorme Auswirkungen.

Seien Sie ehrlich, wann haben Sie das letzte Mal den Reifendruck an ihrem Auto überprüft? Ist wahrscheinlich schon etwas länger her. Das ist schlecht, doch damit sind Sie nicht allein. Einer Umfrage des Reifenherstellers Bridgestone zufolge checken nur 40 Prozent der Autofahrer regelmäßig den Reifendruck. Diese Nachlässigkeit hat Folgen: Rund ein Drittel der Fahrzeuge in Deutschland sind mit zu geringem Reifendruck unterwegs. Der Tüv Süd empfiehlt mindestens einmal im Monat ein Kontrolle. In den Übergangszeiten zwischen den kalten und warmen Jahreszeit sollten Autofahrer sogar wöchentlich die Luftfüllung inspizieren.

Damit das klappt, macht Brüssel jetzt Druck. Laut einer EU-Verordnung  müssen die Autohersteller ihre ab November 2012 eingeführten Modelle zwingend mit einem Reifendruckkontrollsystem - auch Tire Pressure Monitoring System (TPMS) genannt - ausrüsten, das den Fahrer bei zu wenig Luft in der Pneus warnt. Ab 2014 müssen alle Neuwagen bereits ab Werk über diese Technik verfügen.

Was auf den ersten Blick wie ein weiteres Beispiel von Kontroll- und Regulierungswahn scheint, macht auf den zweiten Blick tatsächlich Sinn. Der richtige Reifendruck hat nämlich zwei wichtige Vorteile: Er erhöht die Sicherheit, schließlich stellen die Gummis den Kontakt zur Fahrbahn her. Der falsche Reifendruck kann in Extremsituationen dazu führen, dass das Auto nicht mehr zu beherrschen ist. Außerdem reduziert sich die Haltbarkeit der Pneus. Allein wegen Reifenpannen musste der ADAC im vergangenen Jahr 153.173 Mal ausrücken. Das ist nach Batterieproblemen und Elektrikdefekten der dritthäufigste Grund für einen Einsatz der Pannenhelfer.

Nicht nur sicherer, sondern auch sparsamer

Doch mit der neuen Verordnung geht es der EU nicht nur darum, die Straßen sicherer zu machen. Vielmehr soll der Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 vermindert werden. Denn der Reifendruck hat einen ganz entscheidenden Einfluss auf den Spritverbrauch: Schon wer mit 0,2 Bar zu wenig Druck unterwegs ist, muss im Stadtverkehr nach Angaben des Tüv Süd mit einem um bis zu fünf Prozent erhöhten Kraftstoffverbrauch rechnen.

Der Witz ist: Die Einsparungen wären noch nicht mal mit großem finanziellen Aufwand verbunden - die Messtechnik ist simpel gestrickt: generell unterscheidet man zwischen indirekter und direkter Messung. Indirekte Systeme erfassen die Rotation der einzelnen Räder, etwa über die ABS-Sensoren. Verliert ein Reifen Luft, wird das Umfang des Pneus geringer und er muss sich im Vergleich zu den anderen schneller drehen. Weil die ABS-Elektronik die höhere Rotation erkennt, kann dies dem Fahrer angezeigt werden.

Bei direkten Systemen wird tatsächlich der Luftdruck im Reifen gemessen. Dazu wird ein Sensor entweder im Gummi oder im Ventil installiert, der die Daten per Funk an einen Empfänger im Fahrzeuginneren übermittelt. Der Fahrer bekommt den exakten Luftdruck jedes Reifens im Cockpit angezeigt. Die Stromversorgung erfolgt durch eine integrierte Batterie

Geringer Aufwand, große Wirkung

Beide Methoden lassen sich ohne großen Aufwand und hohe Mehrkosten in neue Modelle integrieren, weil der größte Teil der nötigen Infrastruktur bereits häufig installiert ist. Antiblockiersysteme (ABS) sind zum Beispiel bereits seit Juli 2004 in europäischen Modelle Standard, außerdem sind viele Autos mit Funkempfängern ausgerüstet, zum Beispiel für Türschlossöffner. Das ist gut für Autokäufer, denn die TPMS-Einführung dürfte Neufahrzeug nur unwesentlich teurer machen.

Die positiven Auswirkungen dagegen wären enorm: Nach Berechnung des Reifenherstellers Continental lässt sich der CO2-Austoß durch den korrekten Reifendruck allein in Europa um mehr als zehn Millionen Tonnen reduzieren.

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