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Scheinwerfertechnik bei Audi: Sehen und gesehen werden

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Neue Scheinwerfertechnik bei Audi Lasst die Lichtspiele beginnen!

Scheinwerfer werden bei Autos immer wichtiger. Als Erkennungsmerkmal im Design-Einerlei, aber auch als Sicherheitsfaktor. Audi hat jetzt ein neues, cleveres Licht entwickelt, das mit einer Kamera und dem Bordcomputer gekoppelt ist - und so zur echten Leuchte wird.

Über Autoscheinwerfer machen sich die meisten Menschen nicht so wahnsinnig viele Gedanken. Hier mal ein paar bemerkenswerte Fakten:

- Ein mit allen Schikanen ausgestatteter, aktueller Scheinwerfer besteht aus rund 400 Einzelteilen und kostet in der Herstellung nur unwesentlich weniger als ein einfacher Benzinmotor.

- Sein Licht leuchtet so weit und hell, dass der Vordermann seine Frontbeleuchtung theoretisch ausschalten könnte.

Längst senden Scheinwerfer ihr Licht nicht mehr nur stur geradeaus. Sie leuchten um die Ecke oder ganze Kreuzungen aus - und können sogar entgegenkommende Autos erkennen und aus ihrem Lichtkegel quasi ausschneiden.

Neuer Spielplatz Scheinwerferdesign

In einer Welt, in der die tradierten automobile Werte an Bedeutung verlieren und sich das Karosseriedesign immer weiter angleicht, kommt den Scheinwerfern eine ganz neue Bedeutung zu - sie sind zur Spielwiese der Designer und einem Instrument des Marketings geworden.

Aus den Tagfahrleuchten werden Signaturen, die einzelne Marken und Modelle unverwechselbar machen sollen. Und die Zahl der Leuchtdioden oder die Vielfalt der Lichtfunktionen wird fast so penetrant kommuniziert wie die Leistungsdaten oder die Höchstgeschwindigkeit.

Einer, der sich damit ganz besonders intensiv beschäftigt, ist Stephan Berlitz. Er leitet die Lichtentwicklung bei Audi. Und während Lichtentwicklung früher hieß, Standardscheinwerfer (rund) irgendwie in die Karosserie zu integrieren oder sich für das Glas ein individuelles Design (dann meist eckig) auszudenken, beaufsichtigt Berlitz ein Heer von rund hundert Ingenieuren. Sie tun nichts anderes, als sich ihren Kopf über clevere Details neuer Leuchten zu zerbrechen.

Das jüngste Ergebnis dieser Denkarbeit ist der Audi Matrix Beam - ein erfrischendes Stück deutscher Ingenieurskunst. Zuletzt war es um bahnbrechende Innovationen bei Audi nämlich eher schlecht bestellt - weswegen jüngst der Entwicklungsvorstand gefeuert wurde. Vorgesehen für das Flaggschiff A8, das in diesem Herbst aufgefrischt auf den Markt kommt, wird er der erste LED-Scheinwerfer, bei dem man die Leuchtdioden einzeln ansteuern und eine bislang undenkbare Vielfalt von Lichtverteilungen erzeugen kann.

Diese Lampe ist eine Leuchte

Der Clou bei den neuen Leuchten ist die Tatsache, dass die Scheinwerfer mit einer Kamera gekoppelt sind. Diese erfasst den Vordermann und den Gegenverkehr und steuert die Leuchtdioden so, dass die anderen Verkehrsteilnehmer exakt aus dem Lichtkegel ausgeblendet werden. Im Gegensatz zu den mechanischen Systemen der Konkurrenz, wo diese Aufgabe eine variable Blende übernimmt, kann der Matrixscheinwerfer nicht nur einen, sondern beliebig viele Abschnitte ausblenden und sein Licht deshalb noch feiner streuen. "So hat man selbst in den Lücken zwischen den einzelnen Fahrzeugen immer volles Licht und sieht genau wo man hinfährt", erläutert Berlitz.

Und das funktioniert erstaunlich gut. Im Tiefparterre der Elektronik-Entwicklung steht der erste Prototyp des neuen A8 und in seinem Lichtkegel ein paar von Berlitz' Mitarbeitern mit Taschenlampen in der Hand. Kaum schalten sie diese an, erkennt die Kamera das Gegenlicht, dimmt ein paar LED - und schon wird aus dem breiten Scheinwerferkegel ein Fächer mit gezielten Blackouts. So kann man das Fernlicht, das sich im Fall des Audi rund 300 Meter weit in die Dunkelheit brennt, immer anlassen - den Rest besorgt der Bordcomputer.

Kopplung mit Kamera und Bordcomputer

Der Scheinwerfer nutzt aber zur Steuerung nicht nur die Kamera, sondern auch das Navigationssystem: Vor Kreuzungen öffnet er deshalb automatisch seinen Lichtkegel wie einen Vorhang auf der Bühne, und wenn es um eine Kurve geht, biegt das Licht schon ab, noch bevor das Lenkrad eingeschlagen wird. "So können wir buchstäblich den Blick des Fahrers lenken", sagt Berlitz, der diesen Effekt auch nutzt, um den Fahrer vor Fußgängern im Gefahrenbereich zu warnen: Dreimal werden nächtliche Spaziergänger deshalb angeblinkt, wenn sie vom Nachtsichtsystem erkannt werden.

Genau diese Aspekte sind auch die Hauptmotivation für den ganzen Aufwand - sonst wäre es eine ziemlich teure Spielerei. Ein einziges Paar Scheinwerferprototypen wie der für den kommenden A8 schlägt nämlich mit rund 250.000 Euro zu Buche. Doch diese Investitionen lohnen sich nach Meinung der Audi-Oberen, weil sie der Sicherheit dienen: Immerhin ereignet sich nach Berlitz' Statistiken fast die Hälfte aller tödlichen Unfälle bei Nacht, obwohl die Verkehrsdichte dann etwa viermal geringer ist.

Deswegen ist längst ein Wettrüsten entstanden, bei dem sich die einzelnen Hersteller mit jeder neuen Modellgeneration aufs Neue überbieten: Mercedes beispielsweise rühmte schon ihre neue S-Klasse als erstes Auto, das ganz ohne konventionelle Glühbirnen auskommt und rundum mit fast 500 LED bestückt ist. Und die Schwaben legen noch einmal nach: Im nächsten Jahr soll es bei Mercedes ebenfalls einen neuen Scheinwerfern geben, der "schneller und individueller auf veränderte Verkehrssituationen reagieren kann", verspricht Entwicklungschef Thomas Weber.

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