
Auto-Premieren in Tokio Show-Knüller aus Niedersachsen
Dass VW weitab der Heimat aufsehenerregende Modelle ins Rampenlicht schiebt, hat Tradition. Auf der Tokio Motor Show ließ der damalige VW-Boss Ferdinand Piech den W12-Sportwagen enthüllen und den so gut wie serienreifen Bugatti Veyron präsentieren. Jetzt sorgt VW dort abermals für einen Knalleffekt: die Wolfsburger enthüllten zum Auftakt der Motorshow in Fernost das Cross-Coupé.
Im Prinzip ist die Studie ein auf rasant gebürsteter Tiguan, man könnte den Wagen auch als norddeutsche Variante des BMW X6 verstehen. Jedenfalls zeigt der Viertürer, wie sportlich und elegant ein SUV-Modell aussehen kann. Die 4,35 Meter lange Studie, die VW-Designer Marc Lichte "absolut serientauglich und umsetzbar" nennt, testet nicht nur den Weg in eine neue Marktnische. Als erstes Auto aus dem so genannten "Modularen Querbaukasten" ist das Cross-Coupé auch ein direkter Fingerzeug auf den künftigen Golf, der als erster aus diesem Technikbaukasten bestückt wird.
Laut Lichte heißt das für das Design vor allem: neue Proportionen, kürzere Überhänge, einen längeren Radstand und ein weiter nach hinten gerücktes Passagierabteil. "Das ist Premium und grenzt uns vom Kleinwagen ab", sagt der Designer, der beim Cross-Coupé auch von einer neuen Linie spricht. Neben den breiten Hüften und der scharf herausgearbeiteten Tornadolinie unter den rahmenlosen Scheiben lenkt Lichte den Blick am liebsten auf die Frontpartie. "Unsere Autos sind von vorn betrachtet einander zu ähnlich geworden, das wollen wir ab dieser Studie ändern", sagt der Designer. Es werde zwar nach wie vor VW-typische Elemente geben, "die Verwechslungsgefahr der Modelle untereinander aber haben wir erkannt."
Cross-Coupé mit avantgardistischer Technik
Die Technik der Studie hingegen wird wohl nicht so schnell in Serie gehen. Denn das Cross-Coupé ist ein Plug-In-Hybrid mit einem 150 PS-Benziner und je einem Elektromotor pro Achse. Diese Konstruktion erlaubt den sparsamen Frontantrieb auf normalen Straßen und zugleich den Verzicht auf die Kardanwelle. Deren Platz im Mitteltunnel füllen die Lithium-Ionen-Akkus. Das Hybridkonzept drückt den Verbrauch auf 2,7 Liter je 100 Kilometer. An der Vorderachse sitzt übrigens ein 54 und an der Hinterachse ein 116 PS starker E-Motor; die rein elektrische Reichweite soll 45 Kilometer betragen.
Die zweite VW-Neuheit kann man schon im nächsten Frühjahr kaufen. Und auch sie zielt aufs Gelände. Denn als vierte Spielart der Mittelklasse-Baureihe Passat bringen die Niedersachsen in Tokio nach Limousine, Kombi und CC jetzt den rustikalen Alltrack mit erhöhter Bodenfreiheit, Allradantrieb und Trekking-Design in Stellung.
Audi zeigt den A1 Sportback, BMW den 5er mit Hybridantrieb
Neben den beiden VW-Premieren gibt es aus deutscher Sicht noch zwei Neuheiten aus Bayern: Audi zeigt in Tokio zum ersten Mal den A1 Sportback, mit zwei zusätzlichen Türen. Und BMW reagiert als einziger Hersteller auf die typisch japanischen Gepflogenheiten. Denn im Mutterland des Hybridantriebs, wo diese Technik mittlerweile einen Marktanteil von etwa zehn Prozent hat und in einigen Klassen so populär ist wie bei uns der Dieselantrieb, zeigen die Münchner zum ersten Mal den 5er mit elektrischem Hilfsmotor.
Die für das kommende Frühjahr avisierte Limousine hat eine Systemleistung von 340 PS, kann vier Kilometer rein elektrisch fahren und kommt auf einen Durchschnittsverbrauch von 6,4 Liter. Womöglich wird es bei BMW künftig noch mehr Hybrid-Antriebe und bei den Japanern dafür mehr Dieselmotorisierungen geben. Denn angeblich soll BMW mit Toyota einen Technologietausch vereinbart haben. Bestätigt wurde dieses Gerücht auf der Messe bislang nicht. "Und wo, wenn nicht hier, hätten wir diese Kooperation verkünden sollen", sagt ein BMW-Sprecher schulterzuckend.
Bei den anderen deutschen Herstellern ist es ausgesprochen still: Mercedes zeigt neben der längst bekanten B-Klasse noch einmal die A-Klasse-Studie, die bereits in Shanghai auf der Messe stand, außerdem die Studie F125 und vielleicht zum letzten Mal den Maybach. Und bei Porsche steht das bekannte Programm.
Importeure haben es schwer in Japan
Natürlich gibt es Japan auch andere Importautos - und nicht nur von Ferrari, Lamborghini oder Bentley, sondern auch von Peugeot, Citroën, Fiat oder Cadillac. Auf der Messe jedoch machen sich diese Marken rar, denn ihr Geschäft ist auf diesem Markt mikroskopisch klein. "95 Prozent der in Japan verkauften Autos kommen von den Japanern", sagt Automobilwirtschafter Ferdinand Dudenhöffer. "Damit bleibt das Land für der Rest der Welt weitgehend verschlossenen. Ein Grund sind spezielle Steuervorschriften, die so genannte Kei-Cars mit weniger als 0,8 Litern Hubraum begünstigen. Diese Miniautos machen laut Dudenhöffer ein Drittel des Marktes aus und sind eine rein japanische Angelegenheit.
"Es ist für Importeure einfach sinnvoller, die Investitionen in China, Indien, Russland oder Brasilien zu tätigen", sagt Dudenhöffer. "Dort ist wesentlich mehr zu holen." Japan dagegen werde immer mehr zu einer vergessenen Welt unter den Spitzenmärkten. So erklärt für Dudenhöffer auch den - bis auf VW - gebremsten Elan der deutschen Aussteller. " Was die in einem Jahr in Japan verkaufen, schaffen sie in Deutschland innerhalb von zwei Wochen."