Sicherheitsabstand
Jeder zweite Autofahrer überholt Radfahrer zu dicht
1,50 Meter - dieser Sicherheitsabstand ist einzuhalten, eigentlich. Eine Studie zeigt, wie knapp Radfahrer tatsächlich überholt werden. Auch Radstreifen ändern daran offenbar wenig.
Wer einen Radfahrer überholt, muss 1,50 Meter Sicherheitsabstand einhalten. Darüber sind sich deutsche Gerichte einig. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus - das zeigt eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV), die dem SPIEGEL vorliegt.
Die Unfallforscher hatten untersucht, wie dicht Fahrradfahrer, die auf Radfahrstreifen oder sogenannten Schutzstreifen fahren, überholt werden. Vor allem Schutzstreifen, die nur mit einer gestrichelten Linie auf der Fahrbahn markiert sind, helfen Radfahrern demnach kaum:
48 Prozent der Autofahrer überholten Radfahrer dort mit weniger als 1,50 Metern Abstand, 14 Prozent sogar mit weniger als einem Meter.
Mit 69 beziehungsweise 89 Prozent lag der Wert bei Lkw und Bussen sogar noch höher, in 20 beziehungsweise 44 Prozent lag hier der seitliche Abstand bei weniger als einem Meter.
Radfahrer selbst überholen andere Radfahrer jedoch ebenfalls mit deutlich zu wenig Abstand und hielten die 1,5 Meter in 93 Prozent der Fälle nicht ein.
Doch auch sogenannte Radfahrstreifen, also eigene, mit einer durchgezogenen Linie abgetrennte Fahrbahnstreifen für Fahrräder, schützen Radfahrer der Studie zufolge kaum vor dichtem Überholen:
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51 Prozent der Autofahrer überholten hier zu dicht, bei 19 Prozent lag der seitliche Abstand sogar unter einem Meter.
Lkw überholen hier in 69 Prozent der Fälle zu dicht, 24 Prozent der Lastwagen überholen sogar mit weniger als einem Meter Abstand.
Busfahrer halten sich hier zwar häufiger an den Abstand, trotzdem lag der seitliche Abstand in 43 Prozent der Fälle bei weniger als einem Meter.
Dafür maß die UDV den Abstand bei insgesamt 7700 Überholvorgängen an Schutz- und Radfahrstreifen an 20 verschiedenen Stellen in Berlin. Zusätzlich wurden neben den Werten der laserbasierten Abstandsmessung auch die Art des überholenden Fahrzeugs, der Gegenverkehr sowie die Position des Fahrrads auf dem jeweiligen Streifen erfasst.
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Foto: Sascha Steinach / imago images
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Ranking: So schneiden Deutschlands Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern im Fahrrad-Index ab
Die UDV fordert deshalb, an Radfahrstreifen einen 75 Zentimeter breiten Sicherheitsstreifen einzuführen, der sie von den Fahrspuren des Autoverkehrs trennt. Außerdem sollte die Regelbreite von Rad- und Schutzstreifen auf 1,85 Meter erhöht werden. Momentan muss ein Schutzstreifen mindestens 1,25 Meter breit sein. Außerdem müsse das Park- und Halteverbot auf den markierten Wegen stärker überwacht und geahndet werden.
Foto: Markus Scholz / DPA
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Neue Regeln im Fahrradverkehr: Das sind die 15 Vorschläge der Länder
Auch die Verkehrsminister der Länder wollen den Radverkehr sicherer machen und fordern eine "fahrradfreundliche Novelle" der Straßenverkehrsordnung. Darin soll auch der Mindestabstand von 1,50 Metern beim Überholen von Radfahrern festgeschrieben werden. Außerdem soll an Schutzstreifen ein generelles Halteverbot eingeführt werden.
Platz 8: Hamburg
Hamburger Radfahrer waren mit ihrer Stadt nicht wirklich zufrieden, vor allem schmale Radwege sorgen hier für Frust. Dafür schnitt die Hansestadt in einer Kategorie besser ab als die übrigen Großstädte: Bei öffentlich zugänglichen Leihrädern.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,21
Foto: Christian Charisius/ DPA
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15 BilderRanking: So schneiden Deutschlands Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern im Fahrrad-Index ab
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Karlsruhe ist Deutschlands fahrradfreundlichste Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern. Der ADFC hat zudem ein Ranking der Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern erstellt - darin liegt eine Stadt in Norddeutschland vorn.
Foto: Sascha Steinach / imago images
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Platz 14: Köln
Radfahren in der Millionenstadt am Rhein macht offenbar extrem wenig Freude. Besonders regen sich die befragten Kölner darüber auf, dass Radwege viel zu schmal sind.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,38
Foto: Marius Becker/ DPA
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Platz 13: Dortmund
Die Ruhrpott-Stadt hat sich auf niedrigem Niveau im Fahrradklima-Index noch verschlechtert. Der ADFC-Umfrage zufolge beklagen Radfahrer vor allem zugeparkte Radwege und die Radwegführung an Baustellen.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,35
Foto: Bernd Thissen/ DPA
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Platz 12: Berlin
Radfahren wird in Berlin der Umfrage zufolge zwar stetig angenehmer. Trotzdem sorgen zahlreiche Fahrraddiebstähle, Konflikte mit Autofahrern und zugeparkte Radwege in der Hauptstadt für Frust bei den Befragten.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,27
Foto: Alexander Heinl/ DPA
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Platz 11: Essen
Radfahrer haben in Essen offenbar vor allem im Winter wenig zu lachen. Denn die Stadt schnitt vor allem beim Winterdienst auf Radwegen schlecht ab.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,24
Foto: Jochen Tack/ imago images
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Platz 10: Stuttgart
Besonders zufrieden waren Stuttgarter Fahrradfahrer nicht, vor allem schlecht abgestimmte Ampelschaltungen scheinen hier den Radverkehr zu bremsen.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,23
Foto: Marijan Murat/ DPA
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Platz 9: Düsseldorf
Wirkliche Freude kommt bei Radfahrern in Düsseldorf offenbar selten auf. Besonders die Verkehrsführung an Baustellen sorgt der Umfrage zufolge für Frust.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,23
Foto: Martin Gerten / DPA
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Platz 8: Hamburg
Hamburger Radfahrer waren mit ihrer Stadt nicht wirklich zufrieden, vor allem schmale Radwege sorgen hier für Frust. Dafür schnitt die Hansestadt in einer Kategorie besser ab als die übrigen Großstädte: Bei öffentlich zugänglichen Leihrädern.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,21
Foto: Christian Charisius/ DPA
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Platz 7: Nürnberg
Wirklich zufrieden waren Radfahrer in Nürnberg offenbar nicht. Die Stadt schnitt nur bei der Anzahl der Einbahnstraßen, die für Radfahrer in beide Richtungen geöffnet sind, gut ab.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 4,20
Foto: Daniel Karmann/ DPA
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Platz 6: München
Die Bewertung der bayerischen Landeshauptstadt fällt eher durchwachsen aus. Gut fanden die Radfahrer vor Ort nur zwei Dinge: Die vielen in Gegenrichtung freigegebenen Einbahnstraßen und einfach zugängliche Leihfahrräder.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 3,99
Foto: Tobias Hase / DPA
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Platz 5: Dresden
Dresden hält sich durch eine gute Radinfrastruktur knapp oberhalb der Note vier. Vor allem einfach zugängliche Leihfahrräder und zügiges Ankommen überzeugen die Radfahrer vor Ort.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 3,96
Foto: Jan Woitas/ DPA
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Platz 4: Frankfurt am Main
Frankfurt scheitert knapp an den Top drei, die Radfahrer vor Ort sind dagegen mit einer neuen Art des Radverkehrs sehr zufrieden: Leihfahrräder wurden hier gut bewertet.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 3,94
Foto: Frank Rumpenhorst/ DPA
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Platz 3: Leipzig
Leipzig punktet mit seinem Stadtzentrum. Das ist der Umfrage zufolge besonders gut mit dem Rad erreichbar.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 3,85
Foto: Hendrik Schmidt / DPA
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Platz 2: Hannover
Radfahrer kommen in der niedersächsischen Landeshauptstadt offenbar gut voran. Denn neben vielen in beide Richtungen befahrbaren Einbahnstraßen bewerteten sie die Infrastruktur des Radverkehrsnetze vergleichsweise gut.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 3,77
Foto: Julian Stratenschulte/ DPA
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Platz 1: Bremen
In Bremen macht Radfahren vergleichsweise viel Spaß. Vor allem bei Einbahnstraßen, die für Radfahrer in Gegenrichtung geöffnet sind, schnitt die Hansestadt gut ab.
Gesamtbewertung (Note 1-6): 3,55
Foto: Mohssen Assanimoghaddam/ DPA
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15 BilderNeue Regeln im Fahrradverkehr: Das sind die 15 Vorschläge der Länder
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Mehr Tempo 30 an wichtigen Fahrradstrecken
Die Einführung von Tempo 30 an wichtigen Fahrradstrecken soll innerorts erleichtert werden. Das gilt etwa für Strecken, die als Radschulweg geplant sind, oder wenn kein Platz für einen Radweg ist.
Foto: Markus Scholz / DPA
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Nebeneinanderfahren von Radfahrern
"Mit Fahrrädern muss einzeln hintereinander gefahren werden" - so steht es bisher in der Straßenverkehrsordnung. Diese Formulierung soll ersetzt werden, damit Radfahrer nebeneinander fahren dürfen - solange der Verkehr dadurch nicht behindert wird.
Foto: Paul Zinken / DPA
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Bessere Sicht an Kreuzungen
Unfälle zwischen geradeaus fahrenden Radfahrern und abbiegenden Autos und Lkw machen 20 Prozent der Radunfälle mit Personenschaden in Ortschaften aus. An Kreuzungen und Einmündungsbereichen soll deshalb das Parken im Abstand von fünf Metern vom Beginn der Einmündung verboten werden.
Foto: Jens Kalaene/ picture alliance / dpa
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Mehr Fahrradstraßen
Fahrradstraßen sollen künftig auch unabhängig vom aktuellen oder zukünftigen Radverkehr ausgewiesen werden können - so lange die Netzbedeutung für den Radverkehr durch ein Konzept nachgewiesen wird.
Foto: Daniel Bockwoldt / DPA
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Schrittgeschwindigkeit für rechtsabbiegende Lkw
Unfälle zwischen rechts abbiegenden Lkw und Radfahrern führen oft zu Toten - trotzdem verfügen nur wenige Lkw über Abbiegeassistenten. Lastwagen, die innerorts rechts abbiegen, sollen deshalb nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen.
Foto: Paul Zinken/ dpa
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Halteverbot an Schutzstreifen
Wie auf eigenen Radfahrstreifen soll auch an Schutzstreifen ein generelles Halteverbot eingeführt werden. Im Gegensatz zum Radfahrstreifen dürfen Autofahrer einen Schutzstreifen in einigen Fällen befahren, etwa um dem Gegenverkehr auszuweichen. An diesen Streifen soll nun ein generelles Halteverbot gelten, bisher dürfen Autos hier mehrere Minuten halten.
Foto: Alexander Heinl / DPA
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Mindestens 1,5 Meter Abstand beim Überholen
Gerichte haben bereits einen Mindestabstand von 1,5 Metern beim Überholen von Radfahrern festgelegt. Der soll nun in der Straßenverkehrsordnung niedergeschrieben werden.
Foto: Sascha Steinach / imago images
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"Vision Zero" im Straßenverkehrsrecht
Die "Vision Zero", also das Ziel von null Verkehrstoten in Deutschland, ist Teil des Koalitionsvertrags. Sie soll nun auch in der Straßenverkehrsordnung verankert werden.
Foto: Holger Hollemann / DPA
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Mehr Geschwindigkeitslimits bei fehlenden Radwegen außerorts
Bei Unfällen außerhalb von Ortschaften sterben deutlich mehr Radfahrer als bei denen innerorts. Deshalb soll die Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen an beliebten Fahrradstrecken ohne eigenen Radweg auch außerorts erleichtert werden.
Foto: Marius Schwarz / imago images
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Radfahrer sollen mehr Einbahnstraßen in beiden Richtungen befahren dürfen
Einbahnstraßen mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h sollen für Radfahrer grundsätzlich in Gegenrichtung befahrbar sein. Allerdings nur, wenn sie breit genug sind.
Foto: Joko / imago images
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Kinder sollen in Begleitung auf der Straße fahren dürfen
Kinder unter acht Jahren, die in Begleitung von Erwachsenen unterwegs sind, sollen auf Straßen mit einem Tempolimit von 30 km/h fahren dürfen. Wenn sie in Tempo-30-Zonen auf dem Gehweg fahren, sollen sie außerdem an Einmündungen nicht mehr absteigen müssen - so lange ein Erwachsener dabei ist.
Foto: Rüdiger Wölk / imago images
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Mitnahme von über Siebenjährigen auf geeigneten Fahrrädern
Immer mehr Fahrräder können bis zu zwei oder mehr Erwachsene sicher befördern. Auf ihnen soll deshalb die Mitnahme von Personen über sieben Jahre erlaubt werden.
Foto: Riese und Müller
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Bessere Markierung von Radwegen an Kreuzungen
Sogenannte Furten, gestrichelte Überwege an Straßen, verdeutlichen die Vorfahrt auf Radwegen an Hauptverkehrsstraßen. Hier soll die Straßenverkehrsordnung präzisiert werden, damit sie öfter an Kreuzungen und Einmündungen aufgemalt werden und so für mehr Sicherheit sorgen.
Foto: Marius Becker/ picture alliance/dpa
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Kommunen sollen detaillierte Radverkehrspläne aufstellen können
Zur Unterstützung der Stadtentwicklung sollen Kommunen Radverkehrspläne aufstellen können, die einen Verkehrszeichenplan enthalten und die Führung des Radverkehrs regeln. Die Behörden für den Straßenverkehr können die einzelnen Anordnungen dann leichter prüfen und vollziehen.
Bundesländer sollen innovative Projekte auch ohne Gefahrenlage genehmigen können
Neue Lösungen für einen sicheren Radverkehr können bisher nur in Verkehrsversuchen getestet werden. Stattdessen sollen die Länder örtlich und zeitlich begrenzte Pilotprojekte auch unabhängig von einer Gefahrenlage genehmigen können.