Sicherheitsabstand Jeder zweite Autofahrer überholt Radfahrer zu dicht

1,50 Meter - dieser Sicherheitsabstand ist einzuhalten, eigentlich. Eine Studie zeigt, wie knapp Radfahrer tatsächlich überholt werden. Auch Radstreifen ändern daran offenbar wenig.
Foto: Alexander Heinl/ picture alliance / dpa

Wer einen Radfahrer überholt, muss 1,50 Meter Sicherheitsabstand einhalten. Darüber sind sich deutsche Gerichte einig. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus - das zeigt eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV), die dem SPIEGEL vorliegt.

Die Unfallforscher hatten untersucht, wie dicht Fahrradfahrer, die auf Radfahrstreifen oder sogenannten Schutzstreifen fahren, überholt werden. Vor allem Schutzstreifen, die nur mit einer gestrichelten Linie auf der Fahrbahn markiert sind, helfen Radfahrern demnach kaum:

  • 48 Prozent der Autofahrer überholten Radfahrer dort mit weniger als 1,50 Metern Abstand, 14 Prozent sogar mit weniger als einem Meter.
  • Mit 69 beziehungsweise 89 Prozent lag der Wert bei Lkw und Bussen sogar noch höher, in 20 beziehungsweise 44 Prozent lag hier der seitliche Abstand bei weniger als einem Meter.
  • Radfahrer selbst überholen andere Radfahrer jedoch ebenfalls mit deutlich zu wenig Abstand und hielten die 1,5 Meter in 93 Prozent der Fälle nicht ein.

Doch auch sogenannte Radfahrstreifen, also eigene, mit einer durchgezogenen Linie abgetrennte Fahrbahnstreifen für Fahrräder, schützen Radfahrer der Studie zufolge kaum vor dichtem Überholen:

  • 51 Prozent der Autofahrer überholten hier zu dicht, bei 19 Prozent lag der seitliche Abstand sogar unter einem Meter.
  • Lkw überholen hier in 69 Prozent der Fälle zu dicht, 24 Prozent der Lastwagen überholen sogar mit weniger als einem Meter Abstand.
  • Busfahrer halten sich hier zwar häufiger an den Abstand, trotzdem lag der seitliche Abstand in 43 Prozent der Fälle bei weniger als einem Meter.

Dafür maß die UDV den Abstand bei insgesamt 7700 Überholvorgängen an Schutz- und Radfahrstreifen an 20 verschiedenen Stellen in Berlin. Zusätzlich wurden neben den Werten der laserbasierten Abstandsmessung auch die Art des überholenden Fahrzeugs, der Gegenverkehr sowie die Position des Fahrrads auf dem jeweiligen Streifen erfasst.

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Die UDV fordert deshalb, an Radfahrstreifen einen 75 Zentimeter breiten Sicherheitsstreifen einzuführen, der sie von den Fahrspuren des Autoverkehrs trennt. Außerdem sollte die Regelbreite von Rad- und Schutzstreifen auf 1,85 Meter erhöht werden. Momentan muss ein Schutzstreifen mindestens 1,25 Meter breit sein. Außerdem müsse das Park- und Halteverbot auf den markierten Wegen stärker überwacht und geahndet werden.

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Auch die Verkehrsminister der Länder wollen den Radverkehr sicherer machen und fordern eine "fahrradfreundliche Novelle" der Straßenverkehrsordnung. Darin soll auch der Mindestabstand von 1,50 Metern beim Überholen von Radfahrern festgeschrieben werden. Außerdem soll an Schutzstreifen ein generelles Halteverbot eingeführt werden.

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