Benzingespräch mit Annett Louisan "Große Autos find' ich besser"
SPIEGEL ONLINE: Frau Louisan, Sie haben keinen Führerschein, warum nicht?
Louisan: Als Studentin fehlten mir das Geld und die Motivation dafür. In Hamburg hat man ein gut ausgebautes Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln, deshalb war es auch kein Problem ohne Führerschein. Jetzt fehlt mir definitiv die Zeit. Aber irgendwann möchte ich den Führerschein noch machen. Schon aufgrund der Freiheiten, die man dann hat.
SPIEGEL ONLINE: Als Künstlerin haben Sie schon viel erreicht. In der Fahrschule müssten Sie wieder bei Null anfangen.
Louisan: Ich würde einen Crash-Kurs bevorzugen. Über mehrere Monate ein- oder zweimal in der Woche in die Fahrschule zu gehen, wäre für mich zeitlich gar nicht mehr zu machen. Allerdings kann ich mich erinnern, dass ich mal mit 18 Jahren eine Fahrstunde genommen habe. Der Fahrlehrer war ein älterer Herr mit Hut, und da kam dann gleich erstmal ein blöder Spruch wegen meiner Größe. Das war's dann.
SPIEGEL ONLINE: Sind Sie nochmals bei einer anderen Gelegenheit selber Auto gefahren?
Louisan: In der Türkei bin ich schon auf einsamen Landstraßen gefahren und bin dabei gleich in eine Schafherde geraten. Mein Mann beruhigte mich und sagte, ich solle vorsichtig weiterfahren - die Schafe machten dann tatsächlich Platz. Aber im richtigen Straßenverkehr bin ich natürlich noch nicht unterwegs gewesen. Da wäre ich wohl das Schaf.
SPIEGEL ONLINE: Sind Sie eine gute Beifahrerin?
Louisan: Ich glaube schon. Ich unterhalte den Fahrer gerne und sorge für eine angenehme Musikauswahl. Aber Landkarten kann ich nicht lesen und Routen kann ich mir auch nicht merken - zumindest tue ich so als ob, denn ich lass' mich ungern für diese Aufgabe einspannen. Nach dem Weg dürfte man mich also nicht fragen. Aber ich denke, es macht trotzdem Spaß, mit mir Auto zu fahren.
SPIEGEL ONLINE: Wie kommen Sie von einem Termin zum anderen?
Louisan: Ich fahre natürlich viel Taxi. Das macht mir Spaß, weil man viele interessante Menschen kennenlernt. Oder mein Mann fährt mich.
SPIEGEL ONLINE: Und was machen Sie dann während der Fahrt?
Louisan: Ich habe meistens einen iPod dabei. Ich finde es sehr schön, während der Fahrt Musik zu hören. Aber ich unterhalte mich auch gern oder telefoniere und gebe Interviews. Häufig lässt der Zeitplan das nicht anders zu. Lesen hingegen kann ich nicht, da wird mir schnell schlecht.
SPIEGEL ONLINE: Kommen Ihnen im Auto Ideen für neuen Songs?
Louisan: Ja, ich finde Autofahren hat etwas Hypnotisches. Die Geschwindigkeit, dass man ständig in Bewegung ist, inspiriert mich. Trotzdem hat man Zeit sich zu konzentrieren oder zu träumen.
Passat oder Cabrio, Frau Louisan?
SPIEGEL ONLINE: Gibt es Lieder von Ihnen, die im Auto entstanden sind?
Louisan: Ganz bestimmt, aber welches, lässt sich nicht genau sagen, weil ein ganzer Song entsteht meist nie in einem bestimmten Moment. Es sind eher einzelne Aspekte. Die schreibe ich dann auf oder spreche sie mir auf die Mailbox.
SPIEGEL ONLINE: Wie hoch ist denn Ihr monatliches Taxibudget?
Louisan: Hoch, ich gebe die Quittungen immer zum Steuerberater, so genau weiß ich das gar nicht. Aber es sind sehr viele Quittungen, es müssten mindestens 500 Euro sein.
SPIEGEL ONLINE: Was ist das für ein Gefühl, sich von anderen lenken zu lassen?
Louisan: Ich bin da sehr ruhig und habe keine Angst. Ich lasse den Fahrer seinen Job machen und konzentriere mich auf meinen Beifahrer-Part. Was bleibt einem auch anderes übrig? Im Flugzeug hat man ja auch keine Möglichkeiten, ins Geschehen einzugreifen. Aber insgesamt behalte ich schon gern selbst die Kontrolle.
SPIEGEL ONLINE: Beschäftigen Sie sich mit den Sicherheitsausstattungen der Autos?
Louisan: Nein, gar nicht. Mir ist wichtig, dass der Wagen bequem ist. Und gut aussehen kann er auch. Gerade alte Autos finde ich wunderschön, die Formen und kleinen Spielereien im Innenraum. Besonders toll finde ich alte Lenkräder.
SPIEGEL ONLINE: Welches Automodell hätte Sie denn selber gern?
Louisan: Einen alten Peugeot vielleicht oder ein altes Cabrio, oder einen beigen Mercedes aus den Siebzigern mit Ledersitzen. Tendenziell mag ich aber größere Autos lieber. Bekannte sagen häufig: 'Guck mal, Annett, der würde doch gut zu dir passen', und zeigen auf einen Mini, aber große Autos finde ich schon besser. Der reinste Trotz!
SPIEGEL ONLINE: In Ihren Songs geht es ja häufig um Männer. Was halten Sie von denen, für die das Auto einen großen Stellenwert hat?
Louisan: Ich bin eine Frau und will das gar nicht werten. Offensichtlich gibt es viele Männer, denen Autos wichtig sind. Also muss irgendetwas dran sein. Ich sehe das bei meinem Mann auch. Nun, man muss ja nicht alles verstehen. Die Tatsache, dass oft kleine Männer große Wagen fahren und als Straßen-Rambos gelten, macht die Sache wiederum interessant.
SPIEGEL ONLINE: In dem Lied 'Er hat's schwer' auf Ihrer neuen CD singen Sie von einem Mann, der einen alten VW Passat fährt, aber lieber mit einem Cabrio unterwegs wäre...
Louisan: ...der ewige Wunsch nach etwas, was man nicht hat. Er möchte im schicken Cabrio unterwegs sein, am besten mit vier Blondinen. Das passt einfach gut in den Song. Ich glaube, es gibt viele Menschen, die nicht das leben, was sie sich wünschen. Oft ist der Traum aber intensiver als die Erfüllung. Das kann einen trösten.
SPIEGEL ONLINE: Und was würden Sie wählen, Passat oder Cabrio?
Louisan: Ach, so ein Cabriolet wäre schon was, besonders im Sommer fände ich ein offenes Auto sehr angenehm, aber auch ein Passat ist nicht schlecht. Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung von Autos und alles was ich mit Bestimmtheit sagen kann ist: Hauptsache 'n Auto.
Das Gespräch führte Roman Büttner