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Blitzmarathon: Polizei im Kontrolleinsatz

Foto: Carmen Jaspersen/ dpa

Blitz-Marathon Polizei erwischt 30.000 Temposünder

Mehr als 820.000 Autos hat die Polizei in NRW, Niedersachsen und den Niederlanden beim Blitzmarathon kontrolliert. Jetzt liegt die Bilanz vor. Tausende fuhren zu schnell, einigen hundert droht ein Fahrverbot. Den schnellsten Raser erwischten die Beamten bei Düsseldorf.

Düsseldorf/Hamburg - Beim sogenannten Blitzmarathon in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und den Niederlanden hat die Polizei etwa 30.000 Autofahrer mit zu hohem Tempo erwischt. 338 hätten die zulässige Höchstgeschwindigkeit derart stark überschritten, dass ihnen nun ein Fahrverbot drohe. Insgesamt seien mehr als 820.000 Fahrzeuge kontrolliert worden, teilte der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Donnerstag in Düsseldorf mit. Mehr als 4000 Polizisten waren beteiligt.

Der schnellste Raser sei auf der Autobahn bei Düsseldorf mit 176 statt der erlaubten 60 Stundenkilometer erwischt worden. Als Strafe muss er mit 680 Euro Bußgeld, drei Monaten Fahrverbot und vier Punkten in der Flensburger Verkehrssünderkartei rechnen.

Bereits im Februar und Juli 2012 wurden flächendeckende Blitzmarathons durchgeführt. Die Deutsche Polizeigewerkschaft in Nordrhein-Westfalen ist mit der Wirkung der bisherigen Aktionen zufrieden. Dass es in diesem Jahr bis jetzt 70 Verkehrstote und annähernd 700 Schwerverletzte weniger gab als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum, führt die Polizei in NRW darauf zurück. Wenn es gelänge, das allgemeine Geschwindigkeitsniveau um nur zwei Stundenkilometer zu senken, würde die Zahl der Unfalltoten und Verletzten um bis zu 15 Prozent verringert, lautet die Rechnung der Polizeigewerkschaftler.

Skepsis beim ADAC

Der ADAC ist dennoch skeptisch. "Wir befürchten, dass sich der nachhaltige Erfolg in Grenzen halten wird", sagt Katharina Bauer, Pressesprecherin des Autoclubs. Sie rechnet damit, dass viele Autofahrer zwar während der Großkontrolle ordnungsgemäß unterwegs sind, aber danach wieder zu schnell fahren. Wichtiger sei es, das Bewusstsein der Fahrer zu ändern. Sie müssen über die Gefahren der erhöhten Geschwindigkeit informiert werden. Bei vielen sei das nicht der Fall.

Deshalb plädiert der ADAC  für regelmäßige Kontrollen an Unfallschwerpunkten und vor Schulen. Außerdem sollten Temposünder nicht einfach nur geblitzt, sondern vor Ort durch die Polizei auf ihr Fehlverhalten aufmerksam gemacht werden. Das habe eine viel größere Wirkung als ein Bußgeldbescheid, der mehrere Wochen nach dem Delikt dem Fahrer zugestellt wird, sagt Bauer.

Radikaler sind die Vorschläge des Verkehrsexperten Michael Schreckenberg, Professor an der Universität Duisburg-Essen. Er bezweifelt ebenfalls die langfristige Wirkung des Blitzmarathons. Stattdessen schlägt er in einem Interview mit dem WDR  höhere Bußgelder vor. Weil vielen Mensche die Strafzahlungen gar nicht belasten, hält Schreckenberg den Führerscheinentzug für das wirksamere Mittel als angekündigte Geschwindigkeitskontrollen.

Eine weitere Möglichkeit zur Steigerung der Sicherheit im Straßenverkehr könnte die sogenannte Black-Box bieten. Der Datenspeicher registriert - ähnlich wie der Flugschreiber aus der Luftfahrt - mittels Sensoren alle wichtigen Fahrzeugdaten. Er erfasst Quer- und Längsbeschleunigungen, Rotationen und Bremsmanöver, aber auch, ob und wann der Fahrer geblinkt, das Licht eingeschaltet oder die Zündung abgestellt hat. Wird ein Fahrer auffällig, etwa durch einen Unfall, könnten die Daten analysiert werden. Somit ist dokumentiert, wenn das Fahrzeug zu schnell gewesen sein sollte.

Weitreichende Möglichkeiten

Auch wenn sich der Deutsche Bundestag für solche Geräte ausgesprochen hat, ist eine Einbaupflicht noch nicht in Sicht. Zuvor müssen noch datenschutzrechtliche Aspekte geklärt werden. Theoretisch wären sogar noch andere Methoden vorstellbar. Das Fahrzeug könnte über das Navigationsgerät oder eine Verkehrsschilderkennung die zulässige Höchstgeschwindigkeit registrieren. Die Elektronik des Autos könnte dann ein deutliches Überschreiten dieses Wertes verhindern. Das ist technisch machbar, weil moderne Pkw über eine elektronische Motorsteuerung verfügen.

Doch bis technische Reglementierungen umgesetzt werden können, dauert es wohl noch Jahre - wenn es überhaupt so weit kommt. Deshalb müssen Autofahrer auch künftig mit Aktionen wie dem Blitzmarathon rechnen. Und die wird es geben. Das bestätigte Wolfgang Beus, Sprecher des Innenministeriums Nordrhein-Westfalens. Nur wann, das ist noch nicht klar.

Mit Material von dpa
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