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Plug-in-Hybridmodell BMW X5 e-Drive: Endlich Anschluss herstellen

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Plug-in-BMW X5 e-Drive Aufholjagd mit halber Kraft

Sechs Millionen Hybridautos hat Toyota verkauft, davon träumen deutsche Hersteller nur. Nun wollen sie mit der Plug-in-Hybridtechnik den Anschluss an die Japaner schaffen. Wagen wie der BMW X5 e-Drive überzeugen fahrerisch - nur die Autobauer selbst wirken wenig überzeugt.

BMW und Hybrid, das wirkte bisher wie ein großes Missverständnis. Vom X6 Hybrid wurden seit 2009 lediglich 1500 Exemplare verkauft. 2012 wurden die Hybrid-Varianten des 3er 2600-mal, die des 5er 1600-mal und die des 7er 300-mal abgesetzt. Normalerweise sind die Absatzzahlen einzelner Modelle bei BMW um zwei Stellen größer. Dass die Bayern seit gut fünf Jahren Hybridautos im Angebot haben, ist weitgehend unbekannt. Selbst die BMW-Manager hadern mit den Fahrzeugen, manche sprechen von "Pflichtübung" oder von "politischen Modellen".

Mit dem Hybrid-SUV X5 e-Drive, dem ersten Plug-in-Hybridmodell von BMW, soll das nun anders werden. Im Vergleich zu den bisherigen, "Active Hybrid" genannten, Modellen erhält das neue Auto eine deutlich stärkere E-Maschine mit nun 95 PS und einen erheblich größeren Akku, der die elektrische Reichweite auf bis zu 30 Kilometer ausweitet. Rein elektrisch sind 130 km/h möglich, und wenn der gut zwei Tonnen schwere SUV noch flotter bewegt werden soll, stehen weitere 245 PS aus dem Vierzylinder-Benziner parat. Erste Praxiseindrücke zeigen: Dieses Auto ist tatsächlich ein gelungener Allrounder mit Fahrspaß- und Spritsparkompetenz.

Warum BMW ausgerechnet den massigen SUV X5 als Plug-in-Hybridvorreiter erkoren hat, kann Baureihenleiter Gerhard Thiel erklären. Erstens verkaufe sich der Wagen in Asien und Amerika besser als die meisten anderen BMW-Modelle. Zweitens gebe es da eine recht eindrucksvolle Kundenbefragung. Ergebnis: X5-Besitzer sind nur selten auf der Autobahn und praktisch nie im Gelände unterwegs. "80 Prozent der Fahrten erfolgen im urbanen Umfeld und sind nicht länger als 30 Kilometer", sagt Thiel. Dieses Nutzungsprofil ist ideal für ein Hybrid- oder Elektrofahrzeug. Und so erhält der X5 als erste BMW-Baureihe den variablen Komponentensatz für den Plug-in-Hybridantrieb, der mittelfristig aber auch in anderen Baureihen zum Einsatz kommen soll.

Beim Plug-in-Hybridantrieb fährt BMW hinterher

BMW ist mit diesem Ansatz freilich nicht allein. Zumal der X5 e-Drive momentan als Prototyp noch den letzten Feinschliff erhält und wohl erst in einem Jahr auf den Markt kommt. Deutlich später als der Porsche Panamera Plug-in-Hybrid, der bereits auf der Straße und an den Steckdosen zu finden ist, oder der Audi A3 E-Tron, der noch vor dem Sommer auf den Markt kommen, sowie der VW Golf GTE, dessen Verkauf kurz darauf beginnen soll. Dann dürfte auch die Mercedes S-Klasse mit Plug-in-Hybridantrieb so weit sein.

Es scheint, als wollten BMW & Co. über die Plug-in-Hybridtechnik den Anschluss suchen, den sie bei den konventionellen Hybridmodellen längst verloren haben. "Die deutschen Hersteller haben erst spät Hybridfahrzeuge angeboten und nur in der Premiumklasse zu derart saftigen Aufpreisen, dass sie kaum gekauft werden. Und die Umweltwerte dieser Autos reißen niemanden vom Hocker", sagt Gerd Lottsiepen vom ökologisch orientierten Verkehrsclub VCD.

Auch Thorsten Wagner, Experte für alternative Antriebe am Automotive Institute for Management in Wiesbaden, sagt, dass die deutschen Hersteller den Hebel an der falschen Stelle angesetzt haben: "Sie haben sich der Technologie von oben genähert und damit nur Kunden angesprochen, deren Leidensdruck beim Spritsparen nicht sonderlich ausgeprägt war." Zudem sei in Europa der hoch entwickelte Diesel die natürliche Alternative zum Hybridauto; der komme auf ebenso gute Verbrauchswerte und sei mit der Euro-6-Abgasnorm weitgehend emissionsfrei.

Mit Hightech in die Sackgasse

Mit ihrem Hightech-Dogma hatten sich die deutschen Hersteller zudem in eine Sackgasse manövriert: Während etwa Toyota noch immer auf Nickel-Hydrid-Akkus setze, musste es bei den deutschen gleich die Lithium-Ionen-Technik sein. Die sei aber teurer, technisch schwerer zu beherrschen, sagt Wagner, und konnte bis vor kurzem gar nicht in hinreichender Stückzahl produziert werden.

Das ist inzwischen anders: Die Kapazitäten sind aufgebaut, außerdem haben zumindest einige deutsche Hersteller erkannt, dass Hybridantrieb vor allem auch in der Kompaktklasse interessant ist. Und schließlich bedeutet die Plug-in-Hybridtechnik mit nennenswerten elektrischen Reichweiten einen deutlichen Vorteil gegenüber dem Diesel. Das macht das Engagement der deutschen Hersteller diesmal glaubwürdiger als bei der ersten, kleinen Hybridwelle, zumal die Fahrzeuge wegen clever verzahnter Baukästen womöglich sogar kostendeckend angeboten werden könnten.

Hybridmodelle aus politischem Kalkül?

Bei VCD-Sprecher Lottsiepen überwiegt dennoch die Skepsis. Er vermutet, dass auch die neue Hybridgeneration vor allem aus politischem Kalkül auf den Weg gebracht wurde. "im vergangenen Jahr wurde der CO2-Grenzwert durch die Supercredits für Elektroautos verwässert", sagt er. "Wenn die deutschen Hersteller ihre Autos jetzt nur deshalb elektrifizieren, um ihre CO2-Rabatte zu nutzen, dann wäre die neuerliche Hybridwelle kaum mehr als ein Feigenblatt."

Dass es auch mit den neuen Plug-in-Modellen vor allem um Grünfärberei geht, scheint keine verwegene Prognose zu sein. Das legt der Blick in eine Pressemitteilung des Zulieferers Bosch nahe. Obwohl das Unternehmen selbst an der Hybridtechnik arbeitet und deshalb sicher keine schlechte Stimmung machen möchte, verwies es parallel zu den ersten Testfahrten mit dem BMW X5 e-Drive auf den hohen Marktanteil von Diesel-Pkw in Europa.

80 Prozent aller SUVs werden hier mit Selbstzünder ausgeliefert und auch die US-Kunden kämen langsam auf den Geschmack, meldet der Zulieferer. Zwar werde die Bedeutung von Plug-in-Modellen mittelfristig zunehmen. Doch noch seien das reine Nischenfahrzeuge, sagt Bosch-Bereichsvorstand Markus Heyn. "Bei den SUVs ist der Diesel erste Wahl."

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