Der Ridesharing-Dienst Clevershuttle zieht sich zurück
Foto: Christophe Gateau/ picture alliance / Christophe Gateau/dpaDer Fahrdienstanbieter Clevershuttle hat sein Angebot in Hamburg, Frankfurt am Main und Stuttgart eingestellt. "Ab sofort können Kunden in diesen Städten keine Fahrten mehr ordern", teilte das Berliner Unternehmen am Montag mit. Für die insgesamt 330 betroffenen Fahrer und Mitarbeiter sollen nun neue Jobs unter anderem bei der Deutschen Bahn gefunden werden, die zu 80 Prozent an Clevershuttle beteiligt ist.
"Uns fiel die Entscheidung nicht leicht, jedoch ist unter den derzeitigen Umständen ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich", hieß es in einer Mail an die Kunden in Hamburg. In der Hansestadt fallen rund zwei Drittel der Stellen weg. Dort hatte vor einem halben Jahr der VW-Fahrdienst Moia seinen Betrieb aufgenommen. Ein Sprecher von Clevershuttle sagte dem NDR, dass in Hamburg "sehr starke Konkurrenz" herrsche, ohne sich dabei direkt auf Moia zu beziehen.
In Frankfurt wiederum sei eine fehlende Genehmigung der Hauptgrund für den Rückzug, sagte ein Sprecher. Ohne diese habe mit dem Dienst kein Gewinn erzielt werden dürfen. In Stuttgart habe es nur eine Genehmigung für bestimmte Tageszeiten gegeben, so dass sich der Dienst nicht gerechnet habe.
Die Fahrzeuge sollen nun in den fünf deutschen Städten eingesetzt werden, in denen Clevershuttle weiterhin aktiv ist. "Der Betrieb in Berlin, Kiel, Leipzig, Dresden und München läuft normal weiter", hieß es. Das Geschäft an diesen Standorten entwickele sich positiv. Ende November will das Unternehmen zudem in Düsseldorf an den Start gehen.
Kunden, die noch Guthaben für den Fahrdienst haben, können dieses laut dem Unternehmen in den verbleibenden Städten einlösen, oder sich von Clevershuttle erstatten lassen.
Clevershuttle bietet seit der Gründung im Jahr 2015 das sogenannte Ridesharing an, bei dem mehrere Fahrgäste mit ähnlichem Ziel auf der Strecke eingesammelt werden und sich die Fahrt teilen. Kunden nutzen den Service grundsätzlich mit einer App fürs Smartphone und entsprechender Registrierung. Start und Zielort geben sie dort ein und bekommen Infos zu Strecke, Preis und Ort der Abholung. Dieser ist meist an der nächsten Straßenecke oder sogar vor der eigenen Haustür. Die Fahrzeugflotte besteht aus Elektro- und Wasserstoffautos.
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Dieser unscheinbare Ort ist eine von 10.000 virtuellen Haltestellen des Moia-Fahrdienstes in Hamburg. Zu erkennen sind die virtuellen Haltepunkte für Passanten nicht. Angezeigt werden sie lediglich in der Moia-App. Die zeigt nach Buchung einer Tour genau an, wo man auf das Shuttle warten muss.
Um 11:32 Uhr sollte mein Shuttle hier ankommen. Aber auch zehn Minuten nach Ablauf der Zeit ist der Bus noch immer nicht in Sicht. Dafür meldet mir die App: "Sorry, wir sind spät dran". Die Restzeit schwankt zwischen einer und vier Minuten hin und her, aber die genaue Ankunftszeit bleibt ungewiss.
Doch dann taucht der goldene Moia-Bus auf. Der Fahrer stand im Stau - davor ist auch der Fahrdienst nicht gefeit. Dafür kann es jetzt endlich losgehen.
Drinnen geht es komfortabel zu. Sechs Sitzplätze hat der Bus und für jeden Fahrer noch eine USB-Buchse, um das Smartphone zu laden. Die erste Testfahrt führt nach Hause. Für die rund 4,5 Kilometer lange Strecke zahle ich fünf Euro - der maximale Preis, der während des ersten Monats des Fahrdienstes fällig wird, egal wie lang die Fahrt ist. Die Strecke, die der Moia-Bus fährt, kann außerdem etwas länger sein, da unterwegs auch andere Passagiere mit ähnlicher Strecke hinzusteigen können.
Zu Hause angekommen, muss das Pfandgut erstmal weggebracht werden. Was ich sonst mit dem Auto erledigt hätte, übernimmt nun mein Moia-Shuttle. Die Frage ist nur, ob ich mit dem sperrigen Gepäck überhaupt willkommen bin.
Um 12:36 Uhr kommt das Shuttle auf die Minute genau pünktlich an der Haltestelle an. Diese liegt praktischerweise nur ein paar Hausnummern von meiner Haustür entfernt. Der Wasserkasten muss also nicht weit getragen werden.
Ohne Murren des Fahrers kann ich den Kasten vorne im Gepäckraum abstellen. Der Fahrer erklärt mir, dass Handgepäck oder größere Einkäufe kein Problem seien. Nur Sperrgepäck oder große Möbeltransporte sind nicht erlaubt. Die Fahrt endet direkt vor der Tür meines Getränkemarktes. Für die rund 4,2 Kilometer lange Strecke werden diesmal 4,82 Euro fällig.
Der Rückweg dauert länger. Ich muss auf das Fahrzeug rund 20 Minuten warten. Denn die derzeit nur rund 100 verfügbaren Moia-Busse sind am ersten Tag oft ausgebucht. Als die Fahrt schließlich losgeht habe ich das Gefühl, von einem Taxi verfolgt zu werden. Die Taxifahrer sind von Moia nämlich wenig begeistert und fürchten um ihre Jobs. Für den Rückweg werden 4,75 Euro fällig und damit fast genau so viel wir für den Hinweg.
Die letzte Etappe des Tages ist ein kleiner Familienausflug und führt vom Kindergarten zur Eisdiele an die Alster in der Innenstadt. Daher buche ich dieses Mal drei Plätze und einen Kindersitz - das alles funktioniert über die App. Fahrer Christian freut sich über den jungen Mitfahrer, holt den Kindersitz aus dem Gepäckraum und ist sogar beim Anschnallen behilflich. Der sechs Kilometer lange Weg kostet für drei Personen neun Euro. Je mehr Personen mitfahren, desto günstiger wird der Preis pro Person.
Moia mit Kind? Kein Problem! Auch auf der Rückfahrt von der Eisdiele ist der Kindersitz im Handumdrehen montiert. Ein langer Tag ohne eigenes Auto geht zu Ende. Fazit: Die derzeit 100 Moia-Busse sind noch nicht genug, um die Nachfrage zu bedienen und vor Verspätungen ist auch der goldene Shuttlebus ebenso wenig geschützt, wie jedes Taxi oder andere Ridesharingdienste. Da ist der Schienenverkehr im Vorteil. Die Wege zu den Haltestellen lagen im Test zwischen 20 und 150 Metern - weniger sind es beim ÖPNV auch nicht. Preislich rangiert Moia über dem ÖPNV und weit unterhalb des Preises für ein Taxi.
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