Abgasmanipulation Kraftfahrt-Bundesamt prüft Verdacht gegen eine Million Daimler-Diesel

Daimler steht unter Verdacht, unzulässige Abschaltfunktionen in fast einer Million Fahrzeugen eingebaut zu haben. Einem Zeitungsbericht zufolge kommt die Software bei einem Großteil der neueren Diesel-Flotte zum Einsatz.
Mercedes-Stern

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Foto: Matthias Schrader/ AP

Im Dieselskandal gerät Daimler stärker unter Druck. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat laut einem Bericht der "Bild am Sonntag" (BamS) mittlerweile fünf "unzulässige Abschaltfunktionen" bei Daimler-Modellen entdeckt.

Ende Mai hatte der Spiegel bereits berichtet, dass dem Daimler-Konzern der amtliche Rückruf von mehr als 600.000 Dieselfahrzeugen wegen unzulässiger Abschalteinrichtungen droht, unter anderem der Baureihen C und G. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer forderte den Autokonzern Anfang Juni auf, schnell Klarheit über das Ausmaß der Betrugssoftware zu schaffen und räumte eine zweiwöchige Frist ein, die am Montag endet.

Wie andere Hersteller nutzt Daimler eine Harnstofflösung, um Abgase zu reinigen. Allerdings verschlechtert sich laut KBA der Wirkungsgrad ohne erklärbaren Grund, sobald der Motor nach dem Start 17,6 Gramm Stickoxide ausgestoßen hat. Bei einer anderen Softwarefunktion wechselt die Motorsteuerung nach 1200 Sekunden (bei neueren Modellen nach 2000 Sekunden) in den schmutzigen Abgasmodus.

Fast eine Million Fahrzeuge betroffen

Das KBA geht dem Verdacht nach, dass die Software-Funktionen in einem Großteil der neueren Diesel-Flotte (Euro 6) zum Einsatz kommt und fast eine Million Fahrzeuge betroffen seien.

Ein Daimler-Sprecher wollte sich laut BamS nicht zu den beanstandeten Funktionen äußern, wies nun darauf hin, dass man einem amtlichen Rückruf von 6300 Modellen des Transporters Vito widersprochen habe. Außerdem arbeite Daimler vollumfänglich und transparent mit dem KBA und dem Bundesverkehrsministerium zusammen. Der Sprecher bekräftigte zudem, Daimler widerspreche, wenn das KBA meine, es handele sich um eine unzulässige Abschalteinrichtung.

Dem Bericht zufolge veranlasste Daimler bereits kurz nach Bekanntwerden des VW-Dieselskandals im Herbst 2015 unter dem Decknamen "Project HL" geheime Abgastests. "HL" steht für Hogan Lovells, eine Rechtsanwaltskanzlei. Bei den Tests wurden etliche Motoren-Varianten untersucht. Die Ergebnisse seien teilweise verheerend gewesen.

Auf Anfrage bestätigte ein Sprecher die Tests, wollte die Ergebnisse aber nicht kommentieren, da sie für den "internen Gebrauch" gedacht seien und nie mit einer Behörde geteilt wurden.

Illegale Abschalteinrichtungen hatten den Dieselskandal bei Volkswagen im September 2015 ausgelöst. Bei VW, Audi und Porsche wurden solche "Defeat Devices" eingesetzt, um die Vorschriften für Stickoxid in den USA auf dem Prüfstand zu erfüllen. Durch die Abschalteinrichtung arbeitet die Abgasreinigung nur auf dem Prüfstand der Behörden, nicht aber im Straßenverkehr.

Daimler-Chef Dieter Zetsche hatte kurz nach Auffliegen des Dieselskandals bei VW betont, bei Mercedes gebe es kein "Defeat Device" zur Manipulation der Abgasreinigung.

kry
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