Mögliche Diesel-Fahrverbote Das müssen Autofahrer jetzt wissen

Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sollen schon ab April erste Fahrverbote für Dieselautos kommen. Auch Benziner sind von Verboten betroffen.
Foto: LUKAS BARTH/EPA-EFE/REX/Shutterstock

Für wen gelten die möglichen Fahrverbote?

Das hängt von den jeweiligen Städten und Kommunen ab. Sie entscheiden, wie mögliche Fahrverbote gestaltet werden und welche Dieselautos davon betroffen sind. Vor allem Fahrzeuge, die nur die Abgasnorm Euro 4 oder schlechter erfüllen, wären von Fahrverboten betroffen. Aber auch Euro-5-Diesel könnten demnächst aus manchen Innenstädten verbannt werden. Frei Fahrt dagegen haben Diesel-Pkw mit der Abgasnorm Euro 6. Allerdings könnten auch diese Autos in einem weiteren Schritt von Fahrverboten betroffen sein.

Bin ich als Fahrer eines Benziners auf der sicheren Seite?

Nein, auch Fahrzeugen mit Ottomotor drohen Fahrverbote. So sieht das Urteil aus Leipzig vor, in Stuttgart auch Benziner unterhalb der Schadstoffklasse Euro 3 mit Fahrverboten zu belegen.

Woran erkenne ich die Schadstoffklasse?

Autofahrer können die Schadstoffklasse ihres Wagens der Zulassungsbescheinigung Teil I, die oft als Fahrzeugschein bezeichnet wird, entnehmen. Die nationale Emissionsklasse wird in den Feldern 14 und 14.1 angegeben, aus dem dort angegebenen Schlüssel leitet sich die Euronorm ab.

Endet die Zahl im Feld 14.1 mit Zahlen zwischen 00 und 88 erfüllt das Auto nur die Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4. Die Zahlen-Buchstaben-Kombinationen 35AO bis 35MO stehen für die Abgasnorm Euro 5, 36NO bis 36YO dagegen für Euro 6.

Wie umfassend sind die Fahrverbote?

Auch der Umfang der Fahrverbote hängt von den Städten und Kommunen ab. Als erste Stadt will Hamburg bereits im April Fahrverbote einführen. Konkret geht es dabei um zwei Straßen im Stadtteil Altona-Nord. Dem Luftreinhalteplan zufolge werden rund 600 Meter der Max-Brauer-Allee sowie ein 1,7 Kilometer langer Abschnitt der Stresemannstraße von den Durchfahrtsbeschränkungen betroffen sein. Die 600 Meter auf der Max-Brauer-Allee sollen für Lastwagen und Diesel-Pkw gesperrt werden, die nicht die Abgasnorm 6 oder Euro 6 erfüllen, die Stresemannstraße dagegen nur für Lkw.

In Stuttgart könnte es dagegen zum Jahresende zu weitergehenden Fahrverboten für Dieselautos kommen. Diese sollen in der gesamten Umweltzone möglich sein. In Stuttgart umfasst diese nahezu das komplette Stadtgebiet mit Ausnahme der Autobahnen und Teile von Obertürkheim und Plieningen.

Muss ich mein Auto bei Fahrverboten stehen lassen?

Da sich die Fahrverbote nur auf bestimmte Strecken beziehen, können betroffene Autofahrer die gesperrten Abschnitte einfach umfahren. Kritiker der Fahrverbote fürchten, dass sich der Verkehr nur verlagert und sich die Luftqualität nur punktuell verbessert.

Wie erkenne ich eine für Dieselfahrzeuge gesperrte Strecke?

Ein einheitliches Schild für die Fahrverbotszonen gibt es noch nicht. Hamburg hat sich eine Kombination aus dem Verkehrszeichen 251 (ein Auto in einem roten Kreis) und dem Zusatz "Diesel bis Euro 5" ausgesucht. Das bedeutet, dass Dieselfahrzeuge bis einschließlich Euro 5 von dem Fahrverbot betroffen sind. Allerdings weist ein Sprecher des Umweltsenats darauf hin, dass derzeit noch unklar sei, ob das Verbot vorläufig nur für Autos mit Euro 4 und niedriger gelten darf.

In jedem Fall soll das Verbot durch das Zusatzschild "Anlieger frei" eingeschränkt werden. Das bedeutet, dass auch Halter älterer Diesel einfahren dürfen, wenn sie in der Verbotszone wohnen, arbeiten, geschäftlich zu tun haben oder jemanden besuchen.

Was droht bei einem Verstoß gegen das Fahrverbot?

Wer ohne Ausnahmegenehmigung in die gesperrte Zone einfährt, muss 25 Euro Bußgeld zahlen. Sollte sich die künftige Bundesregierung dazu entschließen, bundesweit eine blaue Plakette für Dieselautos einzuführen, würden dafür die Umweltzonen-Schilder (Verkehrszeichen 270) um ein Zusatzschild mit blauer Plakette ergänzt. Das bedeutet, dass nur noch Fahrzeuge mit dieser Plakette einfahren dürfen. Wer keine Plakette hat, dem drohen 80 Euro Bußgeld. Wenn die Behörde beweisen kann, dass der Fahrer vorsätzlich gegen das Verbot verstoßen hat, muss er sogar 160 Euro zahlen.

Ist mein Diesel jetzt nichts mehr wert?

Schon die Diskussion über Fahrverbote hat die Autokäufer schwer verunsichert. Bei Neuwagen wurden 2017 im Vergleich zum Vorjahr 13,2 Prozent weniger Diesel zugelassen, bei den Gebrauchtwagen wurden laut Deutscher Automobil Treuhand (DAT) 2,7 Prozent weniger Diesel verkauft. Auch die Preise für Gebrauchtwagen fallen beim Diesel deutlich. Laut DAT waren drei Jahre alte Diesel-Pkw im Dezember 2017 noch 52,6 Prozent vom Listenpreis wert, Benziner kamen auf 57,2 Prozent. Das Urteil hat den Wertverlust nach Expertenmeinungen noch beschleunigt: "Die Preise gebrauchter Diesel werden weiter nachgeben", heißt es dazu in einer Pressemitteilung des Restwertespezialisten Schwacke. Dennoch warnt der ADAC vor Panikverkäufen von Dieselautos. "Autofahrer sollten nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig Ruhe bewahren und ihr Fahrzeug nicht kurzfristig - möglicherweise unter Wert - verkaufen", sagt Johannes Boos vom ADAC. Denn noch sei die Lage zu unklar.

Soll ich noch einen Diesel kaufen?

Vorerst lieber nicht. Zwar gibt es Dieselmodelle, die bereits die nächste Abgasnorm Euro 6d erfüllen, die tatsächliche Ausgestaltung zukünftiger Fahrverbote und Beschränkungen ist jedoch noch unklar. Wer unbedingt einen Diesel kaufen möchte, sollte deshalb abwarten, bis klar ist wie die Fahrverbote in der Praxis aussehen werden und die Entscheidung über die Einführung einer blauen Plakette gefallen ist. Die blaue Plakette soll sauberen Autos auch die Einfahrt in eine Umweltzone erlauben, wenn die Luftbelastung kritisch ist.

Kommt die blaue Plakette?

Bisher hat die Bundesregierung sie ablehnt. Nach Aussage von Regierungssprecher Steffen Seibert werde sich die künftige Regierung aber zügig mit der Möglichkeit einer blauen Plakette für relativ saubere Autos beschäftigen. "Das Thema wird in der neuen Bundesregierung alsbald aufgegriffen werden", sagte Seibert. Zuvor hatte das Land Baden-Württemberg eine neue Initiative zur Einführung einer blauen Plakette im Bundesrat angekündigt. Was die Plakette genau beinhalten soll und welche Anforderungen Autos dafür erfüllen sollen, ist bisher jedoch unklar.

Welches Auto kann ich überhaupt noch kaufen?

Wirklich sicher scheint momentan nur ein Kauf von Elektrofahrzeugen, sparsamen Benzinern mit Partikelfilter, teilweise Benzin-Hybriden und Erdgasfahrzeugen. Eine Liste mit empfehlenswerten Modellen  gibt unter anderem der Verkehrsclub Deutschland (VCD) heraus.

Anm. d. Red.: Ursprünglich hieß es im Text, auf dem Schild der Stadt Hamburg stehe der Zusatz "Diesel bis Euro 6", tatsächlich steht auf dem Schild jedoch "Diesel bis Euro 5".

mit Agenturen
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