Dieselfahrverbote EuGH verhandelt über Zwangshaft gegen deutsche Politiker

Autos auf dem Mittleren Ring in München (Archiv): Zu jeder erforderlichen Maßnahme verpflichtet
Foto: Andreas Gebert dpa/lbyIm Kampf gegen die Luftverschmutzung in deutschen Städten ist der Deutschen Umwelthilfe jedes juristische Mittel recht. Zuletzt erstritt sie erfolgreich Fahrverbote in zahlreichen deutschen Städten. Nun will sie Politiker ins Gefängnis bringen, wenn sie nicht genug für saubere Luft tun.
Vor dem Europäischen Gerichtshof soll am heutigen Nachmittag über die Frage verhandelt werden, ob deutsche Spitzenpolitiker mit dieser Drohung zur Verhängung von Dieselfahrverboten in Großstädten gezwungen werden können. In einer mündlichen Verhandlung geht es um eine Anfrage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes an die EU-Richter, ob dieser Schritt nach EU-Recht möglich oder sogar geboten sei.
Betroffen von den Anträgen auf Zwangshaft sind Mitglieder der bayerischen Landesregierung. Die DUH will damit unter anderem den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder zur Umsetzung eines sieben Jahre alten Urteils zwingen. Dem Urteil aus dem Jahr 2012 zufolge muss die Landesregierung einen neuen Luftreinhalteplan aufstellen, der auf bestimmten besonders belasteten Straßen auch Fahrverbote für Dieselautos vorsieht. Der Freistaat weigert sich jedoch.
Zwangsgelder wirkungslos
Das Münchner Verwaltungsgericht hatte mehrfach Zwangsgeld gegen den von dem CSU-Politiker regierten Freistaat festgesetzt - in Höhe von mehreren Tausend Euro. Die Regierung hat bisher nicht eingelenkt. Daraufhin forderte die DUH beim Verwaltungsgericht die Zwangshaft. Außer gegen Söder gibt es etwa auch einen Antrag gegen den bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) sowie gegen mehrere hohe Beamte aus den zuständigen Ministerien.
In einem ähnlichen Verfahren verlangt die DUH auch Zwangshaft gegen den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Die Organisation fordert bis zu sechs Monate Gefängnis gegen einzelne Politiker der baden-württembergischen Landesregierung. Beim Stuttgarter Luftreinhalteplan geht es auch um Fahrverbotszonen für Euro-5-Diesel in der bereits existierenden Umweltzone. Seit Januar dieses Jahres gelten in der Stadt bereits Fahrverbote für noch ältere Diesel-Fahrzeuge.
Bisher festgesetzte Zwangsgelder seien gegen die Weigerung der Politiker wirkungslos, heißt es nun in dem sogenannten Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH. Denn sie müssten vom bayerischen Staat in die bayerische Staatskasse gezahlt werden - würden also lediglich innerhalb des Haushalts umgebucht.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof weist zudem in seiner Frage an den EuGH darauf hin, dass ein Zwangsgeld gegen Amtsträger nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts im deutschen Recht nicht vorgesehen sei. Allerdings seien die Gerichte in den EU-Ländern gemäß einem EuGH-Urteil von 2014 verpflichtet, "jede erforderliche Maßnahme zu erlassen", um die Einhaltung der europäischen Luftreinhalterichtlinie sicherzustellen. Zudem sei die "Nichtbefolgung rechtskräftiger Entscheidungen durch die öffentliche Gewalt" mit EU-Recht unvereinbar.
Ein Urteil wird erst in Wochen oder Monaten erwartet. Die mit 15 Richtern besetzte große Kammer will zunächst die Verfahrensbeteiligten befragen.