ICCT-Studie Diesel-Pkw stoßen teils mehr Stickoxide aus als Lkw

Lkw vs. Pkw: Beim NOx vertauschte Rollen
Foto: Peter Förster/ picture-alliance/ dpaLkw vs. Pkw: Beim NOx vertauschte Rollen
Foto: Peter Förster/ picture-alliance/ dpaDas ICCT, das den Abgasskandal bei VW mit aufgedeckt hat, geht mit einer alarmierenden Studie an die Öffentlichkeit: Danach stoßen aktuelle Diesel-Pkw mehr als doppelt so viel giftige Stickoxide (NOx) aus wie Laster oder Busse - selbst in der modernsten Schadstoffklasse Euro 6.
Wie die Umweltwissenschaftler am Freitag berichteten, ergaben Daten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) sowie aus Finnland für Euro-6-Personenwagen mit Dieselmotor im realen Straßenbetrieb einen NOx-Ausstoß von 480 bis 560 Milligramm pro gefahrenem Kilometer. Bei Nutzfahrzeugen waren es dagegen nur 210 Milligramm je Kilometer.
So haben die Wissenschaftler beispielsweise die mit portablen Abgasmessanlagen (PEMS) erhobenen Daten eines Mercedes-Benz-Actros-Lkw mit denen einer normalen Mercedes-Benz-Limousine C 220 BlueTec 2.1l verglichen. Obwohl der Lastwagen mit einem Gesamtgewicht von 28 Tonnen mehr als zehnmal so schwer ist wie der Pkw, stieß er durchschnittlich nur 158,5 mg Stickoxide pro Kilometer aus. Der NOx-Ausstoß des Pkw ist deutlich höher, und zwar bis zu 400 mg pro Kilometer.
Das ICCT sieht in den Ergebnissen einen weiteren Beleg dafür, dass Abgastests im Labor rasch durch Messungen im echten Verkehr ergänzt werden müssen. Solche sogenannten RDE-Tests ("Real Driving Emissions") sollen in der EU ab September schrittweise eingeführt werden. Bei Lkw sind sie schon lange Pflicht, Prüffahrten allein im Labor reichen für eine Typgenehmigung von Lkw nicht aus. Die Studie gibt all jenen recht, die auch für Pkw strengere Kontrollen und vor allem Messungen mit PEMS im Realbetrieb fordern. Die Industrie sträubte sich gegen eine zügige Einführung strenger Realgrenzwerte.
Die Forscher betonten, dass bei einer besseren Vergleichbarkeit der Daten zwischen Pkw und Nutzfahrzeugen - mit Einschluss der höheren Lastanforderungen für Lkw und Busse - sogar noch größere Abweichungen entstünden.
Dann lägen die NOx-Emissionen der betrachteten Diesel-Pkw "sogar um einen Faktor zehn höher als die vergleichbaren Werte für Nutzfahrzeuge", sagte ICCT-Studienautorin Rachel Muncrief. Bei Lastern und Bussen seien bereits seit 2013 mobile Messgeräte Pflicht - daher die gegenüber den oft präparierten Labor-Pkw besseren Daten.
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Deutschland:
Die Grünen wollen Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2030 verbieten. Nun fordert der Bundesrat, dass die EU-Kommission die Mobilitätssteuern überprüft, damit ab dem Jahr 2030 nur noch emissionsfreie Pkw zugelassen werden. Eine politisch belastbare Verbots-Forderung ist das noch nicht, der Verkehrsminister nennt den Zeitraum "unrealistisch". Aber es zeigt, dass die Zeit des Verbrennungsmotors abläuft.
Elektroauto-Anteil 2015: 0,7 Prozent
Wichtigste Stromquellen: Kohle, erneuerbare Energien
Norwegen:
Keine Neuzulassungen für Autos mit Verbrennungsmotor ab 2025 - darüber diskutiert die norwegische Regierung seit dem Frühjahr 2016. Der radikale Elektroauto-Plan soll dazu beitragen, Norwegens Emissionen aus dem Verkehrssektor bis 2030 zu halbieren. Im kommenden Jahr soll das Parlament abstimmen. Dank üppiger Steuererleichterungen hat Norwegen die weltweit höchste Elektroauto-Quote.
Elektroauto-Anteil 2015: 22 Prozent
Wichtigste Stromquelle: Wasserkraft
Niederlande:
Ab 2025 sollen nur noch abgasfreie Autos verkauft werden dürfen - dieser Gesetzesentwurf ist nun im niederländischen Senat angelangt. Den Vorstoß der Sozialdemokraten (PvdA) unterstützt eine breite Parteienallianz von Christdemokraten bis Grünen. Bisher stellte sich die rechtsliberale VVD quer, die den Ministerpräsidenten in einer Koalition mit der PvdA stellt.
Elektroauto-Anteil 2015: 10 Prozent
Wichtigste Stromquellen: Gas, Kohle
Österreich:
Vergleichsweise unverbindlich wirkt der Plan des österreichischen Umweltbundesamts, ab 2020 keine Diesel und Benziner mehr zuzulassen. Die Einlassung stößt auf heftige Kritik. Der konservative Umweltminister Andrä Rupprechter relativierte das Vorhaben bereits: "Ich würde mir natürlich auch wünschen, dass wir ab 2020 nur mehr Elektromobile haben, aber man muss auch schauen, wie das überhaupt machbar und umsetzbar ist."
Elektroauto-Anteil 2015: 0,9 Prozent
Wichtigste Stromquelle: Wasserkraft
Indien:
Laut Energieminister Piyush Goyal könnte Indien das erste Land werden, in dem nur noch Elektroautos fahren - und zwar schon 2030. Indien arbeite an einem Plan, nach dem Inder Elektroautos ohne Anzahlung bekommen sollen. Abgezahlt würden sie über den eingesparten Kraftstoff.
Elektroauto-Anteil 2015: 0,2 Prozent
Wichtigste Stromquelle: Kohle
Kalifornien:
Der Westküstenstaat der wichtigste Elektroauto-Markt in den USA. Doch das Vorhaben, den Verkauf von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ab 2030 faktisch zu verbieten, ist vorläufig gescheitert.
Elektroauto-Anteil 2015: 3,1 Prozent
Wichtigste Stromquelle: Gas
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