

Spätestens seit dem 17. Mai herrscht Hektik bei den Herstellern elektrischer Tretroller. Es war der Tag, an dem der Bundesrat beschloss, die Kleinstfahrzeuge zuzulassen - und all die Anforderungen festlegte, die sie erfüllen müssen.
Für die Hersteller sei das ein Befreiungsschlag gewesen, sagt ein Sprecher der Firma IO Hawk aus Moers am Niederrhein. In anderen Ländern sind die Fahrzeuge schon lange legal. Zugleich setzte eine Art Endspurt an: Viele Unternehmen überarbeiten ihre Modelle so, dass sie ab dem 15. Juni tatsächlich auf der Straße fahren dürfen. Dann tritt die Verordnung in Kraft.
Voraussetzung sind unter anderem zwei voneinander getrennte Bremsen, eine helltönende Glocke sowie ein Höchsttempo von 20 km/h. Notwendig ist zudem ein Versicherungskennzeichen. Der Fahrer muss mindestens 14 Jahre alt sein.
"Von vier unserer fünf Scooter-Modelle bringen wir verordnungskonforme neue Versionen heraus", sagt Greta Schäfer vom Hersteller Walberg Urban Electrics, der unter den Marken Egret und The-Urban E-Tretroller vertreibt. Weil die Vorgängerversionen auf Deutschlands Straßen verboten waren, verkauften Walberg und andere Hersteller lange viel ins Ausland. Kunden in Deutschland wies das Unternehmen darauf hin, dass der Betrieb nur auf Privatgelände gestattet war.
Angesichts der Legalisierung für den Straßenverkehr laufen derzeit massenweise Vorbestellungen bei den Herstellern auf. Die Firma IO Hawk stockt "logistisch auf", sagte ein Sprecher. "Wir haben zusätzlichen Lagerplatz angemietet." Der Hersteller hat das Modell Sparrow umgerüstet und nennt es nach Tests beim TÜV Rheinland nun Sparrow-Legal.
Auch manches neue Modell wartet auf den Startschuss - wie das Modell E-Scooter von BMW. Ausgerechnet der Münchener Premiumautohersteller geht mit einem Kampfpreis ins Rennen.
Bevor die einzelnen Modelle allerdings tatsächlich auf die Straße dürfen, benötigen sie jeweils eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE). Diese erteilt das Kraftfahrtbundesamt (KBA) - allerdings erst, nachdem die Verordnung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist und damit in Kraft tritt. Mitte Juni dürfte es soweit sein. Für ein paar Tage später kündigen die ersten Hersteller den Beginn der Auslieferung an.
In der Fotostrecke zeigen wir erste Modelle, die die Voraussetzungen für den Marktstart in Kürze erfüllen dürften.
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Mit Federung und Stollenreifen - Der IO Hawk Exit Cross
Gefederter Aluaufbau, extra breites Trittbrett, Steigungen bis zu 20 Grad der Exit Cross der Marke IO Hawk aus Moers ist eine Neuentwicklung und so etwas wie der Grobian unter den neuen elektrischen Stehrollern. Der Hersteller ist bisher mit Hoverboards als Segway-Konkurrent in Erscheinung getreten. Die 10-Zoll-Luftreifen des Exit Cross und die vorderen Stoßdämpfer versprechen auch auf Wald- und Kieswegen Fahrkomfort. Selbst vor sandigen Abschnitten kapituliere der grobstollige Scooter nicht. Für Vortrieb sorgt ein 48-Volt-Motor mit 500 Watt in der Hinterradnabe. Verzögert wird mit zwei Scheibenbremsen.
Zusammengefaltet liegt das Packmaß bei 124 x 22 x 50 cm, ausgeliefert wird der Roller mit einem Tragegurt. Allerdings ist der Offroader mit mindestens 19,8 Kilo kein Leichtgewicht. So viel wiegt er, wenn ein Akku mit knapp 500 Wattstunden (Wh) Kapazität fest eingebaut ist, der bis zu 30 Kilometer Reichweite verspricht. Wer diese auf bis zu 48 Kilometer ausdehnen möchte, bestellt die Variante mit knapp 750 Wh womit allerdings auch das Gewicht auf 22 Kilo steigt. Eine Vollladung dauert dann sieben statt fünf Stunden. Die Preise liegen bei 1099 Euro und 1199 Euro. Auslieferungen beginnen laut IO Hawk um den 21. Juni.
Mit Frontantrieb und langem Brett - Der IO Hawk Sparrow-Legal
Das günstigere, aber auch leistungsschwächere Modell von IO Hawk ist der Sparrow-Legal eine Umrüstung des zuvor schon erhältlichen Sparrow. Der E-Motor ist im Vorderrad untergebracht und hat eine Nennleistung von 250 Watt. Der Stromspeicher ist mit 270 Wh kleiner, was sich aufgrund des geringeren Gewichts von 12,5 Kilo im Vergleich zum Exit-Cross aber nicht groß auf die Maximalreichweite niederschlägt, die der Hersteller mit 25 bis 28 Kilometer angibt. Die Ladezeit liegt bei drei bis fünf Stunden, die per Hebel am Lenker wählbaren Geschwindigkeitsstufen ermöglichen 6, 15 und 20 km/h.
Weil das Packmaß in der Länge schrumpft (120 x 55 x 49 cm), gibt sich der Sparrow-Legal beim Transport in Bus und Bahn weniger sperrig. Leicht abgespeckt kommt auch die Ausstattung daher. Es gibt nur eine Scheibenbremse, die gesetzliche Auflage zweier unabhängiger Bremsen erfüllt der Roller mit einer zusätzlichen Fußbremse. Er rollt auf kleineren 8-Zoll-Reifen, was Komfort und Fahrsicherheit schmälert.
Für einen sicheren Stand soll dagegen die mit 53 Zentimetern vergleichsweise lange Trittfläche dienen. Auslieferung: ab etwa 28. Juni, Preis: 779 Euro. Wer bereits einen Sparrow besitzt, kann sich den für einmalig 179 Euro zum Sparrow-Legal umrüsten lassen.
Preisbrecher der Premiummarke - Der E-Scooter von BMW und Micro
Dass ein Preisbrecher von BMW kommt, ist ungewöhnlich. Tatsächlich aber soll das Modell E-Scooter ab September zum Stückpreis von 799 Euro in den Handel kommen. Es entstammt einer Kooperation mit dem Schweizer Unternehmen Micro Mobility Systems, das für Tretroller und Kickboards bekannt ist. Es hat mit BMW schon den Microlino - die elektrifizierte Reinkarnation der Isetta - auf die Räder gestellt.
Unter den Rollern ist auch der BMW E-Scooter ein Mini. Mit eingeklappter Lenkstange misst das nur gut 9 Kilo schwere Vehikel lediglich 94 x 55 x 47 cm und bietet sich damit für die sogenannte letzte Meile und die Mitnahme in Bus und Bahn an. Die Reichweite gibt BMW mit 12 Kilometern an, nicht viel also. Dafür ist der Lithium-Ionen-Akku mit Zellen von LG und 115 Wh nach maximal zwei Stunden wieder voll. Anders als beim großen BMW X2City lässt sich die Batterie nicht entnehmen. Zudem ist der BMW-Scooter mit seinem 150-Watt-Motor im Hinterrad nicht der stärkste. Beschleunigt wird über Daumengas, verkauft zunächst nur über BMW-Händler.
Flaggschiff für Pendler - Der Egret-Ten V4
Die Hamburger Firma Walberg Urban Electrics schickt mit dem Ten V4 der Marke Egret sein umgerüstetes Flaggschiff ins Rennen der verordnungskonformen Elektrostehroller. Mit allen Vor- und Nachteilen: Der Scooter rollt auf vergleichsweise großen 10-Zoll-Reifen, gewährt dank 560-Wh-Akku bis zu 40 Kilometer Reichweite und ist mit seinem 500-Watt-Motor in der Hinterradnabe kraftvoll.
Doch liegt die maximale Ladedauer mit sechs Stunden wie auch das Gewicht von 17 Kilo eher hoch. Das Packmaß des Ten V4 geht mit 107 x 18,5 x 38 cm in Ordnung. Der Hersteller verspricht eine hochwertige Verarbeitung, die man angesichts des Listenpreises von 1649 Euro erwarten muss. Mit Preisen ab 949 Euro günstiger sind die Elektrostehroller der zweiten Walberg Urban Electrics-Marke, The-Urban, die schwächer motorisiert und mit kleinerem Akku vorfahren. Die Modelle sollen sämtlich Mitte Juli erstmals ausgeliefert werden.
(Das Bild zeigt den Egret-Ten V3X, der nicht verordnungskonform ist. Der Ten V4, von dem es noch keine Bilder gibt, wird bis auf eine geänderte Kabelführung und ein anders gestaltetes hinteres Schutzblech sehr ähnlich aussehen).
Mit Tempomat und Energiegewinnung - Der SXT Light Plus V eKFV
Die Marke aus dem badischen Rheinfelden führt das Modell als einen der "kompaktesten Elektroscooter der Welt". Die Argumente: ein Leergewicht von 11,2 Kilo und die Abmessungen von 94,5 x 30 x 13,5 cm, wenn das Alu-Gerät zusammengelegt ist. Ist die Herstellerangabe für den Alltagsgebrauch realistisch, kann sich auch die Reichweite von bis zu 40 Kilometern sehen lassen, die der Samsung-Akku mit 378 Wh gewähren soll.
Der Nabenmotor sitzt im Vorderrad und kommt auf maximal 500 Watt. Laut SXT soll er mit einem Verbrauch von 750 Wh auf 100 Kilometer besonders sparsam sein. Stimmt der Wert, würden bei 30 Cent je Kilowattstunde für die Strecke 22,5 Cent anfallen. Vorn ist eine elektromagnetische Bremse montiert, über die Bewegungsenergie gewonnen und damit die Reichweite gesteigert wird. Hinten wird verzögert - per einfacher Trommelbremse. Weil die kleinen Gummireifen kaum Komfort bieten, sind vorn und hinten Stoßdämpfer verbaut. Zudem gibt es am kleinen Roller einen Tempomaten für Stadtfahrten mit vielen Stopps ein wohl eher überflüssiges Gimmick. Auslieferung ab Mitte Juli; Preis: 1140 Euro.
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