
Fotostrecke: Teuer und exotisch - Holzräder im Vergleich
Exotische Velos Fahrräder auf dem Holzweg
Velos aus Holz zählen zu den Exoten auf Deutschlands Radwegen. Kein Wunder, es sind echte Einzelstücke, nur wenige Spezialisten und Bastler arbeiten mit dem nachwachsenden Rohstoff. Jedes Exemplar entsteht in Handarbeit - und ist entsprechend teuer.
So hat der Designer Marcus Wallmeyer ein puristisches Singlespeed aus Holz gebaut, also ein Rad mit nur einem Gang. Der Ingenieur Jens Eichler fertigt ein Tandem aus dem Baustoff. Beide Räder gehören zur Luxusklasse - sowohl preislich als auch optisch.
Dass es auch günstiger geht, zeigen der Flugzeugbauingenieur Frank Möller mit seinen Alltags- und Reiserädern sowie der Schreiner Bernd Vonau, der ein Liegerad aus Holz entworfen hat. Wer einen Bauplan lesen kann und handwerklich geschickt ist, kann das Gerät sogar kostenlos nachbauen.
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Der schöne Waldmeister
Marcus Wallmeyers Singlespeed lässt Kritiker von Holzrahmen schnell verstummen. Vor sechs Jahren hat er seinen ersten Waldmeister gebaut. Seitdem ist er mit dem Eingangrad täglich unterwegs, außer bei Eis und Schnee. "Regen kann dem Holzrahmen nichts anhaben", sagt der Designer. Der bestehe aus 0,5 millimeterdicken Buchenholzschichten, die erst in Leim getränkt und anschließend Schicht für Schicht kreuzverklebt wurden. Versiegelt wird der fertige Rahmen mit einem Speziallack. Das Ergebnis: Das ist wasserfest und extrem stabil. "Hätten wir den Rahmen aus massivem Holz gefräst, wäre er viel anfälliger", erklärt Wallmeyer.
Er hat das puristische Singlespeed während des Studiums entworfen und gebaut. Bis zur ersten Probefahrt wusste er nicht, ob die Praxis die Theorie bestätigt und der Rahmen hält. Normalerweise sorgt die Verbindung zwischen Sattel und Kurbel für einen stabilen Rahmen, doch diese fehlt dem Waldmeister. Stabil ist er trotzdem. Den Belastungstest für Trecking-Rahmen hat die Konstruktion locker bestanden", sagt Wallmeyer.
Rund 10.000 Euro kostet das Singlespeed. 20 Exemplare wurden bislang gebaut, die Mehrzahl von ihnen ist bereits verkauft. Aber: "Geld verdienen wir damit nicht", erklärt Wallmeyer. Dafür ist der Bau zu kosten- und zeitaufwendig.
Schwergewicht für zwei Personen
Ähnlich geht es Jens Eichler. Der Ingenieur bedient die Nische der Nischen: Er hat ein Tandem aus Holz gebaut - und bislang auch nur ein Rad verkauft. Das Hauptproblem sei die Skepsis der Käufer. "Ihnen fehlt das Vertrauen in den Werkstoff Holz. Sie verlassen sich lieber auf Materialien, die sie kennen wie Stahl, Carbon und Aluminium", sagt Eichler. Das Holz im täglichen Gebrauch genauso haltbar ist, glauben sie nicht.
Dabei sei selbst ein Kratzer im Rahmen seines Renovatia (von lat. Renovatio= Wiedergeburt) leichter zu beheben als ein Kratzer in einem Carbonrahmen. "Den Holzrahmen kann man selbst schleifen und ölen", sagt er. Nur traut sich das bei einem Preis von 12.000 bis 14.000 Euro wahrscheinlich niemand.
Anderthalb Jahre hat Eichler während des Studiums an dem Rad gearbeitet. Anfangs war das Tandem aus Buchensperrholz mit 52 Kilogramm ein schwerer Brocken. Diese Masse vermutet niemand beim Anblick des filigran geschwungen Rahmens. Doch Eichler war klar: Renovatia muss abspecken. Mit einer Fräse grub Eichler Hohlräume in den Rahmen. Acht Liter Volumen sparte er so ein. Heute wiegt das Rad komplett montiert 35 Kilo. Damit ist es noch lange kein Leichtgewicht in der Tandemklasse. Aber zu zweit lässt sich es sich leicht lenken und bequem fahren.
Holz-Bike mit Anleihen beim Flugzeugbau
Die Woodbikes von Frank Möller wirken neben den Waldmeister- und Renovatia-Modellen eher spartanisch. Dafür sind sie erschwinglich. Sein erstes Rad aus Holz konstruierte der Flugzeugbauingenieur 1999, als er nach einem Bandscheibenvorfall nicht mehr schmerzfrei Rad fahren konnte.
Als Vorlage diente ihm ein Stahlrahmen. Aber: "Das Rad war stabil, aber nicht steif genug, es fühlte sich schwammig an beim Fahren", berichtet Möller. Für den nächsten Entwurf bediente sich der Ingenieur beim Flugzeugbau. Heute entspricht seine Rahmenkonstruktion dem Rumpf eines Segelflugzeugs - einem sogenannten Torsionskasten. Der Rahmen ist ein hohler Körper, der sich nicht mehr verdrehen kann, dabei extrem stabil ist und unglaublich leicht. Den so gewonnenen Hohlraum nutzt Möller als abschließbaren Kofferraum.
Mit seinem zweiten Prototyp radelte Möller von Sydney nach Brisbane und wieder zurück. Gesundheitlich ging es ihm dabei gut: "Der Holzlenker ist elastisch und dämpft Stöße", sagt er. Außerdem hat er einen Elastomerdämpfer an der Hinterradschwingenbrücke des Fahrradrahmens befestigt und so seine Rückenprobleme beim Radfahren kuriert.
Für Möller ist Holz der Werkstoff der Zukunft im Rahmenbau. "Früher wurden alle Flugzeuge aus Holz gebaut. Der Rohstoff ist enorm stabil und haltbar", erklärt er. Das sei nur in Vergessenheit geraten.
Einmal im Jahr wachst Möller sein Holzrad. Ansonsten braucht es keine besondere Pflege.
Mittlerweile hat der Flugzeugbauingenieur 20 Räder gebaut und fünf von ihnen verkauft. Seine Woodbikes baut er ausschließlich auf Bestellung für einen Preis ab 1600 Euro.
Freihändig fahren mit Frontalantrieb
Schneller ging es bei Schreinermeister Bernd Vonau. Sechs Stunden arbeitete er an dem ersten Prototypen seines Holz-Liegerads. Dann waren die Multiplexplatten zurechtgesägt und mit einem Montagekleber aus der Kartusche fest miteinander verbunden. "Den Rahmen habe ich etwas grobschlächtig zusammengebaut, aber es hielt und ich bin mit dem Rad etwa drei Monate gefahren", sagt Vonau. Danach machte er sich an das Meisterstück: Einem Liegerad aus geölter Rubinie.
Vonaus Ziel war ein ebenso leichtes wie stabiles Liegerad aus Holz. Mit dem Ergebnis ist er noch heute, elf Jahre später, zufrieden. "Das Rad lässt sich trotz Frontalantrieb mit asymmetrischer Gabel freihändig fahren", sagt er stolz. Und Geschwindigkeiten von mehr als 50 Kilometer pro Stunde schaffe er damit problemlos. Als Schreinermeister achtete Vonau besonders auf tischlerische Details. So kann er bei dem Liegerad den Abstand zu den Pedalen per Scharnier verstellen. Das Velo ist mit 12,5 Kilogramm ein Leichtgewicht. "Mit Leichtbauteilen lässt sich das Gewicht auf elf Kilo reduzieren", sagt Vonau.
Einige Jahre führte der Zweiradenthusiast ein Fahrradgeschäft. Das gibt es heute zwar nicht mehr, aber es existiert noch die Web-Seite und auf dieser stellt Vonau den Bauplan des Liegerads kostenlos zur Verfügung . Schwierig sei der Nachbau nicht, erklärt er. Vorausgesetzt man sei handwerklich geschickt und besitze das typische Schreinerwerkzeug, wie Band-, Kreis- und Stichsäge. Dann kann man das Rad in drei Wochen bequem bauen.