Flixbus Erste elektrische Fernbuslinie der Welt startet

Wer künftig in einen neuen Flixbus steigt, darf keine Angst vorm Liegenbleiben haben: Ab April schickt das Unternehmen die ersten vollelektrischen Busse auf die Reise, deren Batterien aber oft nur für kleinere Strecken reichen.
Zwei Fernbusse.

Zwei Fernbusse.

Foto: DPA

Immer mehr Fernbusse sind auf europäischen Autobahnen unterwegs, angetrieben werden sie aber bisher fast ausschließlich von Dieselmotoren. Das soll sich nun ändern, der deutsche Anbieter Flixbus testet ab Ende April E-Fernbusse im Linienverkehr. Die Strecke von Paris nach Amiens wird so zur ersten vollelektrischen Fernbuslinie der Welt. Die Strecke scheint wie gemacht für einen E-Reisebus: Einmal sind die nötigen Ladestationen bereits vorhanden - und mit einer Distanz von rund 150 Kilometern zwischen den beiden Städten kann sie auch von vollelektrischen Bussen mit einer Akkuladung zurückgelegt werden.

In Deutschland sollen E-Fernbusse des Unternehmens dagegen erst ab Sommer unterwegs sein, auf einer bisher nicht näher bestimmten Linie zwischen Baden-Württemberg und Hessen. Anders als in Frankreich fehlen hierzulande bisher die nötigen Ladestationen. Doch nicht nur die Infrastruktur ist in Frankreich bereits vorhanden, dort gingen auch die Genehmigungsprozesse schneller vonstatten, erklärte eine Flixbus-Sprecherin.

Die Busse kommen aus China

Bei den nötigen Bussen sieht es in Deutschland ebenfalls schlecht aus. Zwar stammen 80 Prozent der Flixbus-Flotte von deutschen Herstellern, doch die haben laut Flixbus keine passenden E-Busse im Programm. Stattdessen kommen nun chinesische Busse zum Einsatz. In Frankreich das Modell Yutong ICe 12m mit 53 Sitzplätzen und einer Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, in Deutschland das Modell C9 von BYD. Es bietet 40 Menschen Platz und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h.

Beide Busse werden von einer Lithium-Eisenphosphatbatterie angetrieben, deren Ladezeit zwischen drei und vier Stunden beträgt. Ihre Reichweite ist bisher noch gering und liegt bei nur 200 Kilometern, bei Flixbus hofft man jedoch auf neue Entwicklungen in der Batterietechnik, die die Reichweite bald erhöhen werden.

Gleichzeitig sind die E-Busse auch relativ teuer: Ihr Anschaffungspreis ist laut Flixbus doppelt so hoch wie der eines entsprechenden Diesels. Trotzdem lohne sich der Einsatz der E-Busse, so Bernd Heid, Leiter des Nutzfahrzeugbereichs bei der Unternehmensberatung McKinsey: "Der höhere Kaufpreis wird über einen Kostenvorteil pro gefahrenem Kilometer wieder eingefahren, da elektrische Energie günstiger ist als Diesel. Außerdem hat ein E-Bus deutlich reduzierte Wartungskosten beim Antriebsstrang." Und auch die Preise solcher Busse werden in Zukunft deutlich sinken, da die Stückzahlen weiter steigen werden, so Heid.

E-Busse bisher vor allem im Nahverkehr

Bei deutschen Herstellern sucht man vergleichbare elektrische Reisebusse bislang vergeblich. Zwar präsentierte Daimler vor Kurzem seinen ersten serienreifen E-Bus für den Nahverkehr, allerdings nur, um bei der Premiere wiederholt von den Vorzügen des Dieselantriebs zu schwärmen. Die Produktion des Citaro E-Cell soll Ende 2018 beginnen. "Wir bringen unseren Elektrobus so zügig wie möglich auf die Straße", erklärte der Chef der Bussparte, Hartmut Schick: "Mit Daimler Buses beginnt nun ganz konkret das Zeitalter der Elektromobilität."

Ein Zeitalter, das in China schon vor einiger Zeit begonnen hat: Seit Ende 2017 ist beispielsweise die Busflotte der Zehnmillionenstadt Shenzhen komplett elektrisch, 16.359 Busse sind dort im Einsatz . Auch immer mehr deutsche Städte wollen auf lokal emissionsfreie Busse setzen, so planen die Hamburger Verkehrsbetriebe die Anschaffung von 60 emissionsfreien Bussen ab 2019 . Die deutschen Hersteller scheint die Nachfrage nicht zu interessieren. So erklärte Daimlers Bus-Chef Schick, man werde sehen, wie sich die Nachfrage beim vollelektrischen Citaro entwickelt, und abhängig davon die Produktion hochfahren.

Das große Angebot an E-Bussen in China habe vor allem politische Gründe, so Unternehmensberater Heid. Zwar führe die staatliche Förderung der E-Busse zur Etablierung einer höheren Produktion. "Das ist allerdings ein temporäres Thema, in diesem Produktsegment werden sich auch Firmen aus anderen Ländern ohne diese Förderung etablieren", so Heid: Denn die Kerntechnologie der Busse wie Batterien und E-Motor würden von etablierten Zulieferern hergestellt.

Brennstoffzelle als Alternative für die Langstrecke

Batteriebusse sind momentan gefragt, bei Fernbussen ist jedoch auch die Brennstoffzelle eine Alternative zum klassischen Diesel. Sie lohne sich vor allem auf langen Strecken mit kurzen Standzeiten, so Heid: "Trotzdem werden wir zunächst auch auf der Langstrecke Batteriebusse sehen, da diese Technik der Brennstoffzelle momentan noch sieben bis zehn Jahre voraus ist."

Auf Strecken wie von Paris nach Amiens wollen Firmen wie Flixbus zunächst Erfahrung im Umgang mit der neuen Technologie sammeln, denn vollelektrische Busse stellen die Betreiber vor ganz neue Herausforderungen, erklärt Heid: "Einen Dieselbus kann man tanken, wenn die Routenplanung nicht passt; einen E-Bus müsste man dagegen abschleppen. Hier müssen die Betreiber erst lernen, wie man mit dem neuen System umgeht."

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