Tempolimit auf Landstraßen Ab jetzt gilt in Frankreich Tempo 80

Autos fahren an der Nationalstraße N7 zwischen Gervans und Tain-Hermitage an einem Verkehrsschild vorbei.
Foto: Philippe Desmazes/ dpaWas in Deutschland undenkbar wäre, setzt die französische Regierung nun in die Tat um. Ab dem 1. Juli wird die Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen auf 80 Kilometer pro Stunde gesenkt. Zuvor galten dort in Frankreich 90 Kilometer pro Stunde. Drei Viertel der Franzosen halten die Geschwindigkeitsbegrenzung für unsinnig. Auch Autoverbände und die Opposition laufen Sturm und haben für Samstag landesweite Proteste angekündigt. Die Regierung verfolgt mit der Herabsetzung auf Tempo 80 allerdings ein ernstes Ziel: Leben retten.
Die Politiker argumentieren, die Zahl der Verkehrstoten könne um bis zu 400 pro Jahr sinken. Die Motorlobby führt dagegen an, dass es bereits seit Jahren weniger als 3500 Verkehrstote in Frankreich gibt, 2017 sank ihre Zahl leicht auf knapp 3450. In Deutschland kamen im vergangenen Jahr allerdings rund 270 Menschen weniger im Straßenverkehr ums Leben, und das bei 15 Millionen Einwohnern mehr.
Betroffen von dem neuen Tempolimit sind zweispurige Straßen ohne trennenden Mittelstreifen. In Frankreich sind das rund 400.000 Kilometer, darunter auch die berühmten Alleen aus der Zeit von Napoleon Bonaparte.
ADAC warnt deutsche Autofahrer
Nicht wenige Touristen nutzen Landstraßen, um die Autobahnmaut zu umgehen. Doch künftig ist Frankreich eines der EU-Länder mit den strengsten Vorschriften. In Deutschland gilt auf Landstraßen weiter Tempo 100 als Regelgeschwindigkeit.
Der ADAC warnt daher deutsche Urlauber: "Auto- und Motorradfahrer, die gern auf die Tube drücken, haben es in Frankreich künftig schwerer." Wer zu schnell fährt, dem droht auf Landstraßen eine Geldbuße von mindestens 68 Euro. Häufig kassiert die französische Polizei direkt ab, Knöllchen werden aber seit einigen Jahren auch mithilfe der deutschen Behörden vollstreckt.
Der größte französische Automobilklub mit dem Namen "40 Millionen Autofahrer" (40 millions d'automobilistes) nennt das neue Tempolimit "irrsinnig" und eine "typische Pariser" Erfindung, die sich gegen die Landbevölkerung richte.
Frankreichs Auto- und Motorradklubs haben für Samstag sogar zu landesweiten Demos und "Schnecken-Aktionen" aufgerufen, also Verkehrsblockaden durch demonstratives Langsamfahren. Schon seit Wochen prangen auf vielen Autos und Motorrädern Aufkleber mit durchgestrichenen Tempo-80-Schildern.
Die Bevölkerung fühlt sich in ihren Rechten beschnitten
Die Diskussionen um das Tempolimit lassen auch die Beliebtheitswerte von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Regierungschef Edouard Philippe in die Tiefe rauschen. "Wir wollen die Leute doch nicht nerven", beschwichtigte Philippe am Freitag bei einem Treffen mit Feuerwehrleuten. "Unser Ziel ist, dass es weniger Tote und Schwerverletzte gibt."
Die Bevölkerung fühlt sich hingegen in ihren Rechten beschnitten. Einige Landgemeinden weigern sich sogar, Tempo-80-Schilder aufzustellen - so auch der Verwaltungsbezirk Creuse im Zentrum Frankreichs. Der Bezirk Hautes-Alpes rund um die Alpen-Stadt Gap montierte kurzerhand Tempo-70-Schilder in kurvenreichen Strecken ab. Diese seien "sinnlos", behauptete der Ratsvorsitzende Jean-Marie Bernard. Denn nun müssten ohnehin alle kriechen.