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Ratgeber Rad - Geos Gravel: Akku im Versteck

Foto: Stefan Weißenborn

Geos Gravel Knapp 5000 Euro für einen Gang

Das Eingangrad Geos Gravel versteckt Batterie und Motor so geschickt wie kaum ein anderes E-Bike. Das lässt sich der Hersteller ordentlich bezahlen. An einer Stelle ist es dennoch sehr unpraktisch.

Der erste Eindruck: So sehen Gewinner aus: Auf elegante Weise haben die Macher des Geos Gravel Akkus und Motor im Rad versteckt. Kein Wunder, dass das puristische Eingangrad (englisch: Singlespeed) einen Hauptpreis auf der Fahrradmesse Eurobike abgeräumt hat.

Das sagt der Hersteller: "Ziel war die Entwicklung eines minimalistischen und voll integrierten Elektrofahrrads", schreibt Geos auf seiner Website. Den Hersteller verkörpert Peter Hanstein, Quereinsteiger und Gründer des Berliner Start-ups. Hanstein zeigte das Ergebnis von drei Jahren Arbeit im Sommer auf der Eurobike.

Er führte ein Singlespeed-E-Bike mit Carbonriemen statt Kette und breiten Ballonreifen vor. Die Elektrifizierung ist ihm noch weniger anzusehen als Rädern von Coboc oder Ampler, die Batterie und Motor ebenfalls verstecken. Gelungen ist das, indem Geos Standardzellen-Akkus nicht nur im Unterrohr, sondern auch im Oberrohr verstaut hat. Diese Idee wurde erstmals umgesetzt. Sie erforderte eine neue Elektronik, doch das Ergebnis lässt sich sehen: Der dünnwandige Stahlrahmen ist extrem schlank gehalten. Beim Motor entschied sich Hanstein für Ansmann E-Bike-Systeme aus Süddeutschland: "Die machen die kleinsten und leichtesten Nabenmotoren." Dass der Antrieb nach hinten musste, war ihm von Anfang an klar: "Wenn man ein minimalistisches Fahrrad will, geht das nur mit Hinterradmotor." Mittelmotoren wirken nach wie vor eher klobig.

Das ist uns aufgefallen: Das Oberrohr, im Volksmund genannt: die Stange. Um den Batteriezellen darin Platz zu geben, ist sein Querschnitt ansatzweise dreieckig. Es ragt über die Sattelstütze nach hinten. Dort bildet ein LED-Rücklicht den Abschluss. Gehalten wird es von einem Magneten. Nimmt man das Licht ab, wird die Ladebuchse frei. Über sie werden die beiden Akkueinheiten mit frischem Strom aus der Steckdose versorgt - herausnehmen lassen sich die Batterien nicht.

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Ratgeber Rad - Geos Gravel: Akku im Versteck

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Bemerkenswert ist, wie sich das Geos akustisch zurückhält. Kaum ein E-Bike-Antrieb arbeitet derzeit so leise wie das Ansmann-System. Wie ein Toyota Prius bei Schritttempo gibt es nur ein Fiepen von sich, sobald man in die Pedale tritt.

Dass das Rad gut beschleunigt, ist auch der Position der E-Maschine zu verdanken. An der Hinterradnabe kann sie ihre Kraft direkt auf die Achse geben - beim Mittelmotor gäbe es Reibungsverluste.

Im Stand allerdings ratterte der Motor, sobald ein Fuß auf ein Pedal drückte - etwa beim Warten an der Ampel. Es soll daran gelegen haben, dass beim Test ein Prototyp zum Einsatz kam. Im Serienfahrrad (Auslieferung ab Mitte 2019) soll ein neuer Ansmann-Motor mit Temposensor montiert sein. Dann soll der Motor laut Hanstein erst einsetzen, wenn das Rad rollt. Am Verkaufsrad werde die E-Maschine auch mehr Dampf beim Beschleunigen bereitstellen, während sie sich auf der Strecke zurücknimmt. "Wir haben die ganze Elektronik selber entwickelt, deshalb besitzen wir viele Eingriffsmöglichkeiten", erläutert Hanstein.

Dennoch wird das Geos eher ein Rad fürs platte Land sein als für Anstiege. Weil es auf fünf Zentimeter breiten Reifen rollt, bietet es Komfort auch jenseits befestigter Wege. Federelemente würden das Erscheinungsbild stören. Wird es steiler, muss der Fahrer in den Wiegetritt. Weil dann Gewicht auf dem Hinterbau fehlt, verlieren die nahezu profillosen Reifen auf Waldwegen deutlich an Grip. In der Stadt genügt der eine Gang vollends, für die Serie gibt Geos ein Übersetzungsverhältnis von 1:2,75 an: Mit einer Kurbelumdrehung rotieren die Räder also 2,75 Mal. Das entspricht einem mittelschweren Gang. Der Riemen lässt sich gegen eine Kettenschaltung mit bergtauglichen Gängen austauschen - dann aber ist die Singlespeed-Ästethik dahin.

Das muss man wissen: Der sehr spezielle Antrieb birgt keine prinzipiellen Nachteile. Nicht schlimm ist auch, dass die Batterien nur 378 Wattstunden Strom fassen. Üblich sind eher 400 bis 500 Wh, die eine entsprechend größere Reichweite bieten. Die braucht das Geos in seinem städtischen Revier aber nicht unbedingt. Unpraktisch ist jedoch gerade im Altbau, wenn man das ganze Rad statt nur den Akku zur Steckdose schleppen muss. Daran ändert auch das für E-Bikes geringe Gewicht von 14,7 Kilo nicht viel. Die maximale Ladezeit der Zellen gibt Geos mit drei Stunden an.

Wie voll die Akkus geladen sind, ist beim Geos Gravel nicht sehr einfach zu erkennen - denn dazu muss das Smartphone her. Nur die Geos-App informiert über die Restreichweite. Immerhin verbindet sie sich stets per Bluetooth mit dem Rad. Sollte man das rechtzeitige Nachladen verpasst haben, ist das beim Geos weniger dramatisch als bei schwereren E-Bikes. Ohne Saft in den Zellen fährt sich das Rad noch mühelos - auch weil der Motor so gut wie keinen Tretwiderstand leistet.

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Und der Preis? Das Geos kostet 4800 Euro. Wer statt des Carbonriemens eine Kette ordert, spart 50 Euro. Im Kaufpreis enthalten ist eine Diebstahlversicherung. Das Rad wird in drei Größen angeboten. Im Konfigurator kann man sich für einen längeren Gabelschaft für aufrechteres Sitzen entscheiden.

Wer sich seiner Sache sicher ist, muss 1000 Euro anzahlen - vor der Probefahrt. Die Reservierung könne später mit Geld-zurück-Garantie auch wieder storniert werden, heißt es beim Hersteller. "Dieses Modell haben wir von Tesla kopiert", sagt Hanstein mit Blick auf den Elektroautohersteller aus Kalifornien.

Beim Vertrieb kooperiert Geos mit dem mobilen Radservice LiveCycle: Der liefert zum Kunden nach Hause und repariert Fahrräder vor Ort. Alternativ kann das Geos bei einem der sieben bundesweiten LiveCycle-Standorte abgeholt werden.

Das werden wir in Erinnerung behalten: Wie gut sich ein E-Bike als Singlespeed machen kann. Denn jenseits der erlaubten 25 km/h für die maximale Tretunterstützung sieht das Strampeln bei fester Übersetzung ohnehin ein bisschen albern aus.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung dieses Textes hieß es, wer eine Kette statt des Carbonriemens bestellt, spare 200 Euro. Tatsächlich sind es 50 Euro - der Hersteller hat seine Angaben korrigiert. Wir haben den Text entsprechend geändert.

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