Historische Traktoren Power to the Bauer

Auf der Straße sind Traktoren für viele Autofahrer ein Ärgernis. Doch blank poliert und in Würde gealtert finden sie immer mehr Freunde. Statt klassischer Sportwagen oder historischer Limousinen sammeln manche Motorenfans alte Ackerschlepper – am liebsten von Porsche.

Mit landwirtschaftlichem Gerät haben deutsche Autofahrer normalerweise ein Problem: Schließlich treten Traktoren vom Platz hinterm Pkw-Steuer aus betrachtet meist als rollende Verkehrshindernisse auf, die im Schritttempo lange Staus hinter sich herziehen und die Straßen verdrecken. Diese Ansicht gilt aber immer häufiger nur noch an Werktagen. Am Wochenende dagegen entwickeln Traktoren offensichtlich einen ganz anderen, besonderen Reiz und ziehen - je älter je doller - zusehends mehr Menschen in ihren Bann.

Längst haben sich blitzblank polierte Traktoren, Ackerschlepper oder Bulldogs zu begehrten Liebhaberobjekten und Sammlerstücken entwickelt, die als Oldtimer gehegt und gepflegt und wie historische Sportwagen oder coole Youngtimer allenfalls zu Spazierfahrten oder Veteranentreffen aus der Scheune geholt werden. Derzeit, so schätzen Experten, sind in Deutschland insgesamt mehr als 50.000 Landmaschinen-Oldies unterwegs. Und sogar ein eigenes Museum haben sie schon: Das Deutsche Traktoren-Museum in Paderborn dokumentiert die Geschichte einer Fahrzeuggattung, die sich hierzulande erst 1921 mit dem Lanz-Bulldog durchsetzte.

Besonders hoch im Kurs stehen bei den Sammlern Traktoren eines Stuttgarter Unternehmens, das fast ausschließlich für seine Sportwagen bekannt ist: Porsche. Parallel zum Entwicklungsauftrag für einen Volkswagen, aus dem später der VW Käfer wurde, erhielt Ferdinand Porsche 1937 von der NS-Regierung auch den Auftrag, einen "Volksschlepper" auf die Räder zu stellen. Noch bevor der Professor seinen ersten Sportwagen zur Serienreife brachte, tuckerte dann ein Diesel über das Werksgelände.

Porsche baute bis 1963 rund 120.000 Ackerschlepper

Die Produktion des ersten Serienmodells begann allerdings erst 1950, und zwar in Lizenz beim schwäbischen Unternehmen Allgaier in Uhingen. Später übernahm die Porsche-Diesel-Motorenbau GmbH die Produktion in Eigenregie und fertigte die Traktoren in Friedrichshafen weiter. Allerdings nicht lange. Bereits 1963 wurde die Schlepper-Produktion nach rund 120.000 Fahrzeugen wieder eingestellt und das Know-how an die französische Marke Renault verkauft.

Mittlerweile stehen die traditionell in rot lackierten Fahrzeuge, von denen laut Harald Stegen vom "Porsche Diesel Club Europa" in Bremen noch etwa ein Drittel auf Scholle und Straße unterwegs sind, wieder hoch im Kurs. Die Preise für einen fahrbereiten "Scheunenfund" liegen nach Angaben von Sammler Stegen bei rund 1000 Euro. "Ein ordentlich restaurierter Porsche Master bringt heute bis zu 50.000 Euro und ist damit mehr wert als mancher gebrauchte 911er", sagt der Kenner.

Das erste 24-Stunden-Rennen für Traktoren

Allerdings kostet es viel Zeit und Geld, bis aus einem verbeulten Arbeitsgerät ein vorzeigbares Sammlerstück wird. Das musste auch Stefan Zjaba aus Heuchelheim bei Gießen lernen, als er sich im letzten Jahr den Jugendtraum vom Porsche erfüllte und einen uralten Standard Star kaufte. Weil es nur noch wenige Ersatzteile gibt, musste er Bleche neu herstellen lassen und schraubte und polierte danach viele Abende in der Garage. Jetzt erstrahlt der Porsche wieder in altem Ganz und ist ein gern gesehener Gast bei Traktorentreffen. Dabei treibt die Begeisterung der Sammlerszene gelegentlich seltsame Blüten. So wurde im Juli im Vogelsberg sogar das erste 24-Stunden-Rennen für Traktoren ausgerichtet – natürlich nicht auf einer Rundstrecke, sondern stilgerecht auf Acker und Feldweg.

Da passt es ganz gut, dass Porsche nicht der einzige Sportwagenhersteller mit einer landwirtschaftlichen Vergangenheit ist. Auch Lamborghini ist auf der Scholle groß geworden. Doch die Wege von Sportwagen und Traktoren trennten sich 1963, und 1972 wurden die Lamborghini-Traktoren von der SAME-Gruppe übernommen. Sicher tuckert über so machen Acker noch ein betagter Lamborghini, doch gibt es dafür zumindest in Deutschland offensichtlich keinen ausgeprägten Freundeskreis.

Woher stammt eigentlich der Name "Bulldog"?

Neben den Porsche-Traktoren sind es in Deutschland laut Stegen vor allem die Fahrzeuge von Lanz, die es den Liebhabern angetan haben. Schließlich verhalf die Firma der Gattung einst zum Durchbruch. Das erste Modell wurde 1921 präsentiert: Das 12 PS starke Kraftpaket besaß einen liegenden Einzylindermotor, den sogenannten Glühkopfmotor, bei dem die Zündung des eingespritzten Kraftstoffs in einer ungekühlten Kammer erfolgte. Die eigentümliche Form dieser Konstruktion und ihrer Schutzkappe brachte dem Schlepper den Beinamen "Bulldog" ein.

Indirekt hält der Erfolg dieses Urvaters aller deutschen Traktoren bis heute an. Denn auch wenn Lanz 1956 vom US-Unternehmen John Deere übernommen wurde, entwickelte sich das Geschäft mit den Traktoren so gut, dass Fahrzeuge aus Mannheim noch immer den Markt in Deutschland bestimmen. In Sammlerkreisen ist deren Image allerdings etwas gesunken. Während man an den Porsche-Stammtischen alle Bevölkerungsschichten vom Top-Manager über den Anwalt bis hin zum echten Landwirt finde, rückt Stegen die Lanz-Fans in die Nähe der Harley-Fahrer: "Dort gibt es mittlerweile viele dicke Bäuche und lange Bärte."

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