
Hybrid-Überblick: Das große Motoren-Kombinieren
Hybridtechnik entschlüsselt Von Seriell bis Parallel
Die Behörden machen es sich recht einfach: Nach offizieller Definition ist jedes Auto mit zwei unterschiedlichen Kraftquellen ein Hybridfahrzeug. Das ist zwar zutreffend, wird der höchst unterschiedlichen Ausprägung von Hybridantrieben jedoch nicht gerecht. Fast 15 Jahre, nachdem mit dem Toyota Prius das erste Großserien-Hybridauto auf den Markt kam, gibt es zahlreiche Antriebskonzepte mit dem Beinamen "Hybrid".
Entsprechend groß ist die Verwirrung - selbst bei den Herstellern, wie die jüngste Debatte um den Chevrolet Volt zeigt. Fachleute stritten darum, ob es sich bei dem Auto um ein Elektro- oder ein Hybridfahrzeuge handelt. SPIEGEL ONLINE erläutert in einem großen Überblick die wichtigsten Hybrid-Varianten und nennt die bekanntesten Autos, die mit der jeweiligen Antriebstechnik ausgerüstet sind.
Mikro-Hybrid
Der Begriff Mikro-Hybrid ist eigentlich irreführend. Denn Mikro-Hybrid ist nur eine Umschreibung für eine Start-Stopp-Automatik und die Rückgewinnung von Energie beim Bremsen (Rekuperation). Der Antriebsmotor ist ein Verbrenner und wird von der Elektrotechnik nicht unterstützt. Aber: Die mit Mikro-Hybrid umschriebene Technik senkt im Alltagsbetrieb den Verbrauch um rund zehn Prozent. Und sie ist nicht teuer, weshalb vom VW Polo bis zum Porsche Panamera immer mehr Fahrzeuge mit einer Start-Stopp-Automatik ausgerüstet werden.
Mild-Hybrid
Bei sogenannten Mild-Hybrid-Fahrzeugen kommt ein Elektromotor zum Einsatz, doch reichen dessen Drehmoment und Akkuleistung nicht, um den Wagen alleine anzutreiben. Die E-Maschine springt dem Verbrenner lediglich unterstützend bei - sie ist eine Art elektrischer Turbolader für etwas mehr Durchzugsvermögen. Nach diesem Prinzip sind zum Beispiel der Honda Insight oder die gemeinsam entwickelten Hybridversionen von BMW 7er und Mercedes S-Klasse konstruiert.
Voll-Hybrid
Als Voll-Hybrid-Fahrzeuge werden jene Modelle bezeichnet, bei denen der Elektromotor tatsächlich einen nennenswerten Beitrag zum Vorankommen leistet und der Wagen zumindest auf kurzen Strecken auch allein mit der Kraft der E-Maschine vorwärts kommt.
Wichtigster Protagonist dieser Kategorie ist der Toyota Prius, der 1997 als erstes Hybridfahrzeug in Großserie ging. Allerdings muss man bei den Voll-Hybrid-Antrieben zwischen zwei grundsätzlichen Konstruktionsprinzipien unterscheiden - dem seriellen und dem parallelen Hybriden.
Parallel-Hybrid
Beim Parallel-Hybrid sind Verbrenner und Elektromotor in Reihe geschaltet. Zwar gibt es bei vielen Fahrzeugen dieser Bauart - etwa beim Porsche Cayenne -eine Kupplung, die beide Motoren trennt, sodass der Stromer im elektrischen Fahrbetrieb den Benziner nicht im Leerlauf "mitschleppen" muss. Doch beim Beschleunigen oder bei leerem Akku ist die Kupplung geschlossen und der Verbrennungsmotor treibt direkt die Räder an. Diese Variante ist die bislang am weitesten verbreitete Hybrid-Version.
Serieller Hybrid
Bei dieser Konzeption gibt es keine mechanische Verbindung zwischen Verbrennungs- und Elektromotor. Für den Antrieb ist allein die E-Maschine zuständig. Der Verbrenner läuft nur gelegentlich und dann im optimalen Betriebsbereich, um über einen Generator Strom zu erzeugen und die Akkus für die weitere Fahrt zu laden.
Weil damit die Reichweite der rein elektrisch bewegten Autos deutlich steigt, nennt man diese Technologie auch "Range Extender". Was die Art des eingebauten Mini-Elektrizitäts-Kraftwerks betrifft, gibt es mehrere Möglichkeiten: Es kann wie beim Chevrolet Volt ein kleiner Benziner an Bord sein, wie beim A1 E-Tron ein Wankelmotor oder wie beim BMW X5 der Fachhochschule Landshut ein Dieselmotor.
Streng genommen ist sogar die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle im Chevrolet Equinox nichts anderes als ein bordeigenes E-Werk, das während der Fahrt Strom produziert und damit die Energie für ein serielles Hybrid-System liefert. Als derzeit unkonventionellste Variante des Range-Extenders gelten Gasturbinen. Kaum größer als eine Champagner-Flasche, sollen beispielsweise zwei der Mini-Jet-Triebwerke im Jaguar C-X75 den Strom erzeugen, mit dem die Sportwagen-Studie fährt.
Dass die Grenzen des Prinzips serieller Hybrid fließend sind, zeigt die Diskussion um den Chevrolet Volt: Weil in bestimmten Fahrsituationen der Benziner doch direkt die Räder antreibt, gilt er Puristen nicht mehr als Elektro- oder serielles Hybridfahrzeug.
Diesel-Hybrid
Der Diesel-Hybrid ist eine Spielart des Voll-Hybrid-Konzepts. Der Unterschied: Der Elektromotor ist nicht mit einem Benzin-, sondern mit einem Dieselaggregat kombiniert. Der Vorteil: Der Selbstzünder ist der effizientere Motor und der Spareffekt wird deutlich größer. Beim Peugeot 3008 Hybrid4, bei dem diese Technik Anfang 2011 erstmals in Serie geht, beziffern die Entwickler den Verbrauchsvorteil auf rund ein Drittel. Die Nachteile dieser Kombination sind der höhere Preis eines Dieselmotors und die aufwändigere Abgasreinigung. Addiert man dann noch die Kosten für E-Motor und Akku, wird der Diesel-Hybrid zur teuersten Hybrid-Kombination. Dazu kommt, dass in den USA, in Japan und in China dem Thema Diesel-Pkw höchst reserviert begegnet wird.
Plug-In-Hybrid
Der Plug-In-Hybrid ist eine Variante des Voll-Hybrid-Konzepts. Während der Akku bei normalen Hybridfahrzeugen lediglich durch Rekuperation - also die Rückgewinnung überschüssiger Energie beim Bremsen - aufgeladen wird, kann der Stromspeicher bei Plug-In-Fahrzeugen auch via Steckdose gefüllt werden. Daher der Name "plug in", also "einstecken".
Mit der Kapazität des Akkus steigt die elektrische Reichweite, so dass Plug-In-Fahrzeuge nicht nur kurze Distanzen, sondern durchaus längere Streckenabschnitte ausschließlich mit elektrischem Antrieb zurück legen können. Der Plug-In-Antrieb aus dem Mercedes F 800 Style, den Daimler in der nächsten Generation der S-Klasse in Serie bringen will, schafft zum Beispiel bis zu 30 Kilometer rein elektrisch.
Kinetischer Hybrid
KERS ist eine Abkürzung, die vor allem aus der Formel 1 bekannt ist. Die Buchstabenfolge steht für Kinetic Energy Recovering System und meint Technologien, die beim Bremsen entstehende Energie speichern, um sie beim anschließenden Beschleunigen wieder zur Verfügung zu stellen. Das Prinzip gibt es mittlerweile in den meisten Serienfahrzeugen, indem die beim Bremsen gewonnene elektrische Energie in der normalen Autobatterie gespeichert und dann für den Betrieb des Radios oder der Scheinwerfer genutzt wird.
In der Formel 1 dagegen wird mit der gespeicherten Bremsenergie ein Elektromotor angetrieben, der den Boliden für wenige Sekunden zusätzlichen Schub verschafft. Für die Speicherung der Energie im Rennsport gibt es unterschiedliche Optionen: Supercaps-Kondensatoren oder ein mechanisches Schwungrad, wie es Porsche im 911 GT3 R eingesetzt hat. Auf der Rennstrecke werden solche Technologien längst erprobt, in der Formel 1 sind KERS-Systeme ab der Saison 2011 wieder zugelassen.
Für Serienfahrzeuge taugen KERS-Systeme nicht, denn sie erfordern einen Fahrstil, der nur Vollgas und Vollbremsung kennt. Auf der Rennstrecke kommt man damit nach vorne, im öffentlichen Verkehr eher von der Straße ab.