
Druckluft-Hybrid von PSA Peugeot geht die Pumpe
Ein Auto, das mit Luft fährt? Wenn Bosch-Ingenieur Christian Mecker den Hybrid-Air-Antrieb erklärt, schaut er regelmäßig in ungläubige Gesichter. Kein Wunder angesichts seiner Idee: Überschüssige Bremsenergie, üblicherweise in Strom umgewandelt und in einem Akku gespeichert, wird in diesem Fall dazu benutzt, mittels einer Hydraulikpumpe Druck zu erzeugen. Der Druck wird in einem Stickstofftank gespeichert und bei Bedarf wieder zum Antrieb eines Motors genutzt. Klingt kompliziert, doch es funktioniert. Sagt zumindest Mecker. Und nach vier Jahren Forschung und Entwicklung im Verbund mit dem PSA-Konzern (Peugeot-Citroën) kann er nun auch den Beweis antreten: in Form einer Testfahrt im Peugeot 2008 mit Hybrid-Air-Antrieb.
Mit einem Auto mit konventioneller Hybrid-Technik hat dieses Modell wenig zu tun, das Fahrgefühl ist nicht vergleichbar. Man spürt zwar einen milden Kick, wenn die bis zu 40 PS starke Hydraulikeinheit dem 82 PS starken Dreizylinder-Benziner beim Beschleunigen zur Seite springt, aber das lautlose, elektrische Gleiten gibt es bei der Drucklufttechnik nicht. Wenn der Verbrenner Pause macht, zwitschert der Hydraulikmotor wie ein hungriger Spatz, und die Kraft des Überdrucks reicht auch nur für ein paar Hundert Meter. Andererseits braucht das Auto auch nicht mehrere Minuten, um den Speicher wieder aufzuladen. Es reicht, den Gasfuß beim Heranrollen an eine Ampel zu lupfen. Danach ist der Druckspeicher schon wieder gefüllt und bereit für den nächsten Einsatz. "Zehn Sekunden reichen uns", sagt Mecker.
Das Planetengetriebe, das die Kraft beider Motoren verwaltet, arbeitet geschmeidig, und das Zusammenspiel von Benziner und Drucklufteinheit funktioniert reibungslos. Richtig überrascht wird man von der Technik erst, wenn man auf den Bordcomputer blickt. Denn obwohl die Hydraulik immer nur ein paar Sekunden lang läuft, hatte der Dreizylinder-Benziner auf unserer 25-minütigen Testfahrt volle 17 Minuten Pause. Und es geht noch besser. "Wir haben im Stadtverkehr bis zu 80 Prozent Null-Emissions-Betrieb erreicht und den CO2-Ausstoß so um insgesamt fast 50 Prozent gedrückt", erklärt Mecker. Im Normzyklus sei ein Auto wie der Peugeot 2008 damit unter drei Liter auf 100 Kilometer zu fahren.
Druckluft macht teure Akkus überflüssig
Aber warum dieser Aufwand? Es gibt doch schon seit mehr als einem Jahrzehnt elektrische Hybridantriebe, und auch der PSA-Konzern hat solche Modelle im Angebot. Die Antwort liefert Bosch-Mann Mecker: "Weil der Akku als Energiespeicher viel zu viele Nachteile hat."
Zum einen seien da die Kosten. "Bei ähnlichen Stückzahlen lässt sich ein Druckluftsystem viel billiger herstellen als ein konventioneller Hybrid-Antrieb und rechnet sich daher beispielsweise auch für Kleinwagen," sagt Mecker. Konkrete Zahlen mag er nicht nennen, doch bei früheren PSA-Veranstaltungen zum Thema war die Rede von bis zu 50 Prozent Ersparnis. Außerdem mache man sich unabhängig von knappen und teuren Seltenen Erden - Metallen, die für Lithium-Ionen-Akkus benötigt werden. Schließlich lasse sich eine Druckgasflasche umweltfreundlicher herstellen als ein Akku und am Ende der Laufzeit bedenkenlos entsorgen. Für Reparaturen brauche niemand eine Hochvoltausbildung, und bei einem Unfall sei das größte Risiko ein Ölfleck aus der Hydraulik.
Ein brauchbarer Alternativ-Antrieb für Kleinwagen
Das klingt nach einem rundum vernünftigen alternativen Antrieb. Doch es gibt auch Nachteile. Zum Beispiel, dass sich die Reichweite der Hybrid-Komponente nicht beliebig steigern lässt. "Mehr als ein paar Hundert Meter sind nicht drin," räumt Mecker ein. Autos mit Elektro-Hybrid-Antrieb schaffen, sofern es sich um Plug-in-Hybrid-Technik handelt, bis zu 50 Kilometer Fahrtstrecke, ohne dass der Verbrenner läuft. Beim Hybrid-Air-Modell springt nach wenigen Sekunden der Motor wieder an. "Falls Städte wie Paris irgendwann ZeroNull-Emissions-Zonen ausweisen, haben wir dort mit dieser Technik keine Chance", sagt Mecker.
Trotzdem glaubt er an die Zukunft der Druckluft-Hybrid-Technik. Für den Kunden bezahlbar und für den Hersteller einfach zu handhaben, soll sie vor allem Kleinwagen zukunftsfest machen. "Denn es werden sich nicht über Nacht alle Großstädter ein Plug-in-Hybrid-Modell kaufen können." Was PSA noch fehlt, sind Verbündete. Denn Peugeot und Citroën wollen die Revolution nicht allein anzetteln und suchen für möglichst hohe Stückzahlen noch Konkurrenten, die bei diesem Projekt mitziehen. Bis auf weiteres braucht Christian Mecker also einen langen Atem, damit seinem Druckluft-Konzept nicht noch kurz vor dem Ziel die Puste ausgeht.