
Plug-in-Hybride: Die Luxus-Ökos
Plug-in-Hybride Der Bastard wird salonfähig
Der mattschwarze 918 Spyder auf dem IAA-Stand von Porsche hat bereits einigen Ruhm gesammelt. Eine Woche vor der Eröffnung der größten Automesse der Welt unterbot der Supersportler die magische Sieben-Minuten-Marke auf der Nordschleife des Nürburgrings. Sein Rekord von 6:57 Minuten ist denkwürdig - zuvor galt die Bestmarke von 7:11 Minuten für Serienautos jahrelang als schier unerreichbar.
Aber nicht nur der Streckenrekord sichert dem 918 Spyder einen Platz im Sportwagen-Olymp. Trotz der exorbitanten Fahrleistungen kommt der Wagen - zumindest auf der Normrunde - mit rund drei Litern Benzin aus. Bei Vollgas fließt zwar reichlich mehr Sprit durch die Einspritzdüsen, aber wenn man will, kommt man auch ganz ohne den fossilen Brennstoff aus - und ist dabei trotzdem schnell. Denn der Porsche hat zwei mächtige Elektromotoren an Bord, die allein rund 279 PS bereitstellen. Die Weissacher Ingenieure zeigen damit ganz nebenbei, welche Potentiale in modernen Bastard-Autos mit Plug-in-Hybridantrieben schlummern.
Auch die Konkurrenz in der Liga der Supersportwagenbauer, wie Ferrari und McLaren, statten ihre Renner mit Elektromotoren aus. Und Audi wartet mit einer Aufsehen erregenden Studie auf, die an die Zeit des legendären Quattro anknüpfen soll. Eine Preiskategorie darunter geht BMW bald mit dem i8 an den Start, der eine Systemleistung von 362 PS bietet, in 4,4 Sekunden von Null auf Tempo 100 spurtet und dabei nur 2,5 Liter pro hundert Kilometer verbrauchen soll.
Plötzlich sind Emotionen im Spiel
Aber nicht nur Sportwagen-Fans kommen auf ihre Kosten: Mit der S-Klasse präsentiert Mercedes sein neues Flaggschiff, das als S 500 Hybrid auf der Normrunde lediglich drei Liter pro 100 Kilometer verbraucht. Auch der Porsche Panamera und sein SUV-Bruder Cayenne können es in Sachen Verbrauch mit Kleinwagen aufnehmen - vorausgesetzt, man bewegt sie zurückhaltend. Und natürlich ist auch der Siebener von BMW mit von der Partie.
Viel entscheidender jedoch: Mit dem Einzug in die Motorräume der Traumwagen bekommt der Hybridantrieb endlich jenen Schub, den ihm die Avantgardisten von Toyota mit ihren Kompaktautos nie verleihen konnten. Plötzlich sind Emotionen im Spiel. Ökologisch verträgliche Fortbewegung und Luxus schließen sich nicht mehr aus. S-Klasse, Siebener und A8 tragen den Wünschen der betuchten Kundschaft in aller Welt nach Repräsentation Rechnung.
Dass die automobilen Vorbilder dem Hybridantrieb zum endgültigen Durchbruch verhelfen werden, gilt unter Experten längst als ausgemacht. "Die Plug-in-Hybriden werden in den kommenden sieben Jahren konservativ geschätzt einen Marktanteil von 15 Prozent erreichen", sagt der Autoexperte vom Bankhaus Metzler, Jürgen Pieper, voraus. Dem Panamera traut er sogar zu, seinen Baureihenbrüdern den Rang abzulaufen.
Offensive reicht bis in die Kompaktklasse
Längst haben auch die Plug-in-Hybriden in der Kompaktklasse den Ruch einer rollenden Verzichtserklärung abgelegt und bieten stattdessen Fahrfreude und ein gutes Image, wie Audi A3 E-Tron Sportback oder Ford C-Max beweisen. Während letzterer seit einem Jahr bereits in den USA dem Urvater aller Hybridautos, dem Prius von Toyota, den Rang abläuft, folgt der E-Tron Sportback der bereits auf dem Genfer Autosalon präsentierten Zweitürer-Variante von Audi und tritt mit einer Systemleistung von 204 PS an.
Doch innerhalb des VW-Konzerns bildet er nur die Vorhut. Bis 2014 sollen insgesamt 14 Modelle von allen Hausmarken mit Elektro- oder Hybridantrieben an den Start gehen. Die Modulbaukästen erleichtern es den Wolfsburgern dabei, auf steigende Nachfrage schnell zu reagieren. Wenn die Kunden es wollten, ließe sich das Angebot leicht auf bis zu 40 neue Modelle ausbauen, versprach Vorstandschef Martin Winterkorn.
Doch auch Hybrid-Pionier Toyota bereitet sich auf den absehbaren Siegeszug des umweltfreundlichen Antriebs vor. Der in leuchtendes Blau getauchte IAA-Messestand legt ein eindrucksvolles Zeugnis davon ab. Bereits jetzt bietet der Branchenprimus zehn verschiedene Hybridmodelle der Marken Toyota und Lexus in Europa an, bis Ende 2015 sollen weltweit weitere 15 neue oder überarbeitete hinzukommen, darunter auch ein Auto mit Brennstoffzellen-Hybridantrieb. "Was die alternativen Antriebe betrifft, ist Toyota derzeit weltweit der innovativste Hersteller, noch weit vor dem VW-Konzern", erklärt Stefan Bratzel vom Forschungsinstitut Center of Automotive in Bergisch-Gladbach. Die Deutschen verringerten den Abstand allerdings zusehends.
Die aufstrebende Konkurrenz betrachten die Japaner mit demonstrativer Gelassenheit. "Wir haben keine Angst vor VW'", sagt der Europa-Vertriebschef von Toyota, Karl Schlicht. Man nehme die Konkurrenz zwar ernst, doch die Chancen, die das absehbare Wachstum böten, seien ungleich größer als die Risiken, die der verschärfte Wettbewerb mit sich bringe.