Jaguar-Kampagne Gorge-was?
Gorgeous ist das neue Schlüsselwort bei Jaguar - und zwar weltweit. Sinngemäß bedeutet das Adjektiv so viel "prachtvoll" oder "großartig", doch die Briten wollen das Wort als Substantiv verstanden wissen. "Es steht für Leidenschaft und Luxus, für Stil und Sinnlichkeit, für Mut und Modernität", heißt es in einer Erklärung des neuen Markenauftritts, den die Autobauer gemeinsam mit der Agentur Euro RSCG Fuel entwickelt haben. Das Problem dabei: Für Menschen außerhalb der USA und Großbritanniens, Menschen also, die vielleicht fünf Jahre Schulenglisch genossen haben, dürfte gorgeous nur schwer verständlich und darüber hinaus ein ziemlicher Zungenbrecher sein.
"Natürlich haben wir darüber diskutiert, ob wir gorgeous auch in Deutschland verwenden wollen, uns aber schließlich dafür entschieden. Schließlich sind wir eine britische Marke und unsere Muttersprache ist Englisch", sagt Stephen Perrin, der Marketing-Direktor von Jaguar. Außerdem, so Perrin, werde so die Abgrenzung zu deutschen Marken wie Mercedes oder Porsche viel deutlicher. Man wolle nicht in einen technischen Wettbewerb eintreten, sondern vielmehr die "spezielle Mischung von Luxus und Modernität" von Jaguar betonen.
"In der Jaguar-Zielgruppe wird man das Wort gorgeous wohl verstehen, aber ob es eine große Wirkung haben wird, ist ungewiss", sagt Bernd Samland, Geschäftsführer des Kölner Marktforschungsunternehmens Endmark, das vor einiger Zeit eine Studie zur Wirkung englischer Werbeslogans in Deutschland fertig gestellt hat. "Es wird wohl so ähnlich ausgehen wie die Kampagne von VW, als die Wolfsburger in den USA mit dem deutschen Begriff 'Fahrvergnügen' warben", schätzt Samland. "Es wurde sehr viel darüber geschrieben, die Aufmerksamkeit war kurzfristig sehr groß - aber VW verkaufte deshalb nicht mehr Autos."
Endlich wieder mehr Autos verkaufen - gerade auch in Deutschland - muss allerdings das Ziel von Jaguar sein. Denn im vergangenen Jahr setzte die Marke in Deutschland laut Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts in Flensburg lediglich 3734 Fahrzeuge ab. Das war keineswegs gorgeous.
"Onomatopoetisch suboptimal"
Aber ob gorgeous nun dabei hilft, dass es besser wird? Schon allein der Klang des Wortes lässt dies bezweifeln. "Onomatopoetisch suboptimal", sagt Samland und verweist auf die in werblicher Hinsicht problematische Wirkung dunkler Vokale. Sein Lieblingsbeispiel: Als der Konzern Procter & Gamble das hierzulande bestens eingeführte Spülmittel "Fairy Ultra" weltweit einheitlich in "Dawn" umbenannte, stürzten die deutschen Verkaufszahlen in den Keller. Samland: "Nach eineinhalb Jahren wurde der Name wieder umgestellt."
Möglicherweise kann Jaguar mit gorgeous beweisen, dass es auch anders geht. Und vielleicht ist die ganze Werbung, sind Slogans und Markenauftritte nicht unbedingt entscheidend, wenn einfach tolle Autos im Angebot sind. Wenn der V8-Motor des neuen XK erst einmal auf den Straßen blubbert und gurgelt, dann können sich vielleicht auch weniger Anglophile etwas unter gorgeous vorstellen.