
Supercharger von Tesla: Spendierlaune an der Schnellladesäule
Schnellladesäule Supercharger von Tesla Verschenkte Energie
Für einen Augenblick wirkte es so, als sei Steve Jobs auferstanden. Es war aber nicht der legendäre Apple-Gründer, der da auf einer Bühne in Los Angeles stand, sondern Elon Musk. Aber was der Chef des US-Autobauers Tesla verkündete, klang so einfach und gleichzeitig revolutionär wie eine typische Jobs-Erfindung: "Sie tanken kostenlos Strom. Für immer. Dank Sonnenenergie." So ein Versprechen hat die Autowelt noch nicht gehört.
Möglich machen soll das der sogenannte Supercharger. Diese Schnellladesäule bietet laut Musk eine Ladeleistung von 90 Kilowatt. Innerhalb einer halben Stunde, so rechnet er vor, lassen sich an der Anlage die Akkus des Elektroautos Tesla S so weit aufladen, dass man bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von rund 100 km/h etwa 240 Kilometer Reichweite gewinnt.
Und nicht nur kostenlos soll man seinen Tesla tanken können, sondern auch mit gutem Gewissen - denn der Supercharger-Strom wird durch Solarenergie produziert. Weil die Anlage dabei im Jahr mehr Energie produziert, als für die Betankungen der Teslas nötig sei, werde ein Überschuss ins Stromnetz eingespeist. "Ist der Supercharger erst mal installiert, fallen keine nennenswerten Kosten mehr an", so Musk.
Trotzdem wäre Tesla wohl das erste Unternehmen der Welt, das etwas verschenkt. Aber wie das Gratisangebot genau finanziert wird, darüber herrscht bei dem US-Autobauer Stillschweigen. Eine Unternehmenssprecherin verweist darauf, dass noch weitere Firmen an der Einrichtung der Ladestationen beteiligt seien und man keine Informationen preisgebe.
Nur so viel verrät sie: Die Installation eines Superchargers kostet zwischen 75.000 und 100.000 Dollar. Und nicht alle werden durch die Sonne betrieben: "Einige werden auch ans Stromnetz gehängt werden müssen." Aber auch bei diesen Superchargern ist das Stromtanken kostenlos - das werde vertraglich garantiert.
"Das ist jetzt keine Übertreibung"
Bei der Präsentation sagte Musk, dass ab sofort in Kalifornien sechs der Spendiersäulen - an jeder lassen sich zwei bis drei Teslas gleichzeitig laden - eröffnet seien. Dann schob er ein vollmundiges Versprechen nach: "Das ist jetzt keine Übertreibung: Bis in zwei Jahren wird es in den ganzen USA ein Netz von Superchargern geben." Gratis und grün durch ganz Amerika, so lautete die Botschaft des Abends.
Klingt zu schön, um wahr zu sein? Ist es auch. Denn das Angebot hat einen Haken: Am Supercharger lässt sich nur das Modell Tesla S aufladen. Und selbst das nur mit Einschränkungen. Denn nur die Version mit der höchsten Kapazität, einem 85-Kilowattstunden-Akku, hat die Lizenz zum Freistrom. Preis der Elektro-Limousine: 77.400 Dollar.
Um bei der Version mit 60 Kilowattstunden-Akku in den Genuss des Gratistankens zu kommen, muss der Kunde ein 2000 Dollar teures Ladegerät als Extra dazukaufen. Damit würde er ebenfalls insgesamt rund 70.000 Dollar hinblättern. Für die 40-Kilowattstunden-Version sind die Supercharger sogar Tabu. Denn während die ersten beiden S-Modelle eine Reichweite von 480 und 370 Kilometern haben, reicht der kleinste Akku nur für 255 Kilometer. Das sei zu wenig, um mit einer halbstündigen Schnellladung sicher bis zur nächsten Supercharger-Station zu kommen, erklärt die Tesla-Sprecherin.
Dass Elektroautos anderer Hersteller nicht an den Superchargern Strom tanken dürfen, versteht sich bei diesen strengen Restriktionen beinahe von selbst. Laut Herstellerangaben sind in den USA derzeit 250 Tesla S auf den Straßen unterwegs, weltweit beläuft sich die Zahl der Vorbestellungen auf 13.000. In Deutschland sollen die ersten Exemplare der Limousine Anfang 2013 ausgeliefert werden.
Begeisterter Reporter, zweifelnde Konkurrenz
Das Umsonsttanken ist also ziemlich exklusiv, und ein gehöriger Teil der Kosten für die Supercharger-Finanzierung dürfte sich in dem stolzen Preis der Tesla-S-Modelle verstecken. Sollte es Elon Musk aber tatsächlich gelingen, seinen ehrgeizigen Plan in die Tat umzusetzen, würde das zweifelsfrei einen mächtigen Forschritt für die Elektromobilität bedeuten - denn in den USA stünde dann eine gut ausgebaute Infrastruktur zur Verfügung.
Andere Autobauer sehen den Ansatz der Kalifornier kritisch: "Wir planen nicht, selbst in die Infrastruktur zu investieren", sagt etwa Renault-Sprecher Reinhard Zirpel. Das sei Aufgabe und Geschäftsfeld der Energieversorger. Und bei Europas größtem Autobauer VW ist man ebenfalls der Ansicht, dass Energieunternehmen die Infrastrukturen für E-Mobilität schaffen müssen. An Musks immergültigem Gratisversprechen zweifelt VW-Sprecher Peter Weisheit: "Auf lange Zeit hinaus kann man den Strom nicht kostenlos anbieten, irgendwann muss das ja wirtschaftlich tragbar sein."
Ein Journalist der New York Times ließ sich dagegen von den Möglichkeiten der Supercharger begeistern. Mit Tankstopps an den Ladestationen brachte er in einem Tesla S eine Strecke von rund 860 Kilometern in zwölf Stunden hinter sich: "Das Konzept funktioniert", lautet sein Urteil.
Musk kündigte auf der Präsentation an, die Supercharger auch nach Europa zu exportieren. Laut der Tesla-Sprecherin ließe sich jedoch noch nicht sagen, ob und wann zum Beispiel in Deutschland solche Schnellladesäulen installiert werden. "Derzeit sind wir nur damit beschäftigt, das Netz für die USA zu planen."