Kultmarke Opel vor der Pleite Die Stunde der Fans
Rüsselsheim - Opel-Fahrer haben auch schon bessere Zeiten erlebt. Von Spott bis Mitleid reichen die Reaktionen der Fahrer anderer Marken. Und mancher bislang trotzige Fan wird schon wankelmütig: "Selbst ich als Opel-Fan würde aktuell keinen neuen Opel kaufen. Was ist mit Garantie und Ersatzteilversorgung, wenn Opel wirklich pleitegeht?" lautet die bange Frage, die sich ein Fahrer aus dem nordrhein-westfälischen Hemer im Opel-Problemforum stellt.
Redeten sie sich einst mit Lust die Köpfe über Ausstattungen oder Spoiler heiß, müssen sich die Opel-Freunde jetzt mit Fragen der Betriebs- und Volkswirtschaft auseinandersetzen. Wie viel Geld ist nötig, um Opel von der ungeliebten Mutter General-Motors loszukaufen, wie steht es um die Rechtsfähigkeit einer deutschen GmbH in ausländischem Besitz? Wäre Gazprom ein möglicher Investor? Und, wie werden eigentlich bei General Motors konzerninternen Dienstleistungen verrechnet?
Bei all den Diskussionen ist immer noch eine große Verbundenheit mit der traditionsreichen Marke zu spüren. "Ich mag Opel einfach. Ich mag die Geschichte von Opel. Und Opel ist und bleibt Kult", schreibt Astra-Fahrer "Angeleyes" aus Geldern im Forum und ist damit nicht allein. "Einmal Opel - immer Opel", assistiert Uwe Wilhelm. Und Marcus Ihlenfeld beteuert auf seinem Hochzeitsfoto vor einem weinroten Nachkriegskapitän: "Opel gehört schon unser Leben lang zur Familie."
Tausend Fotos für Opel
Ihlenfeld ist einer von mehreren hundert Fans, die mittlerweile über tausend Bilder von ihren Opel-Schätzen mit und ohne Kommentar auf die Webseite rettetOPEL.de gestellt haben. Natürlich wissen die Rüsselsheimer Initiatoren Fritz Schmidt jr. und Stefan Götz, dass Opel nicht mit einem Internet- Auftritt zu retten ist, aber sie bieten Fans eine Möglichkeit, Gefühle und Erinnerungen zum Ausdruck zu bringen.
Entstanden sind diese emotionalen Bindungen über Jahrzehnte durch Autos, über die auch die Kundschaft anderer Marken redete: Schon vor dem Krieg machten die experimentierfreudigen Opel-Nachfahren Schlagzeilen mit Fahrzeugen wie dem Raketen-Rennwagen RAK oder den Wegbereitern der Massenmotorisierung: Puppchen, Laubfrosch und Doktorwagen. Auch nach dem Krieg konnte sich das Unternehmen wieder mit unverwechselbaren Produkten profilieren.
Etwa mit dem Rekord mit dem Beinamen "der Zuverlässige", dem Kapitän, den auch mal ein Verkehrsminister als Dienstwagen fuhr; dem GT, dessen Fahrgefühl angeblich nur vom Fliegen übertroffen wurde; dem Ascona, der Opel zur Rallye-Weltmeisterschaft trug oder auch dem Manta, der es mit seinem kultigen Prolo-Image zum Filmstar brachte.
In den Neunzigern immer verwechselbarer
Nachdem sich Opel Anfang der neunziger Jahre dann noch einmal als Speerspitze bei der Katalysatoreinführung hervorgetan hatte, ging es mit der Originalität aber bald zu Ende. Qualitätsprobleme häuften sich, und im Unternehmen machte sich eine "me-too-Mentalität" breit, wie ein ehemaliger Manager beklagt. Er will damit sagen, dass Opel nicht mehr als Vorreiter bei technischen Entwicklungen oder beim Design in Erscheinung trat, sondern sich mit Angeboten begnügte, die von der Konkurrenz auch zu haben waren.
In der Folge stürzte unter der Führung der amerikanischen Opel-Chefs David Herman, Gary Cowger und Robert Hendry der einst bei knapp 20 Prozent liegende Marktanteil auf zunächst 14 und nunmehr auf etwa sieben Prozent ab - und liegt damit unter jenem des Erzrivalen Ford, was echte Fans besonders wurmt. Auch der von BMW geholte neue Opel- und aktuelle GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster hat es nicht geschafft, der Marke ein klares Image zu geben. "Niemand weiß mehr, wofür die Marke Opel steht", kritisierte Autoexperte Christoph Stürmer vom Marktforscher Global Insight, schon bevor die akuten Finanzprobleme im vergangenen Jahr sichtbar wurden.
Dabei hat Opel durchaus Pfunde, mit denen der Autobauer wuchern könnte. Anders als bei den Wettbewerbern im VW-Konzern sind die Autos mit dem Blitz nach Angaben von Greenpeace in den Jahren seit 2002 im Durchschnitt sparsamer geworden. Doch wie schon bei der Katalysator- Einführung ist der Umweltschutz kaum ein zugkräftiges Kaufargument. Noch immer schwärmen viele professionelle Autotester lieber von Straßenlage, Beschleunigung, Slalomzeiten und Qualitätsanmutung. Doch auch hier hat Opel aufgeholt und beispielsweise im Qualitätsreport einer Autozeitschrift 2008 den Spitzenplatz belegt. Keine schlechte Ausgangslage für einen Neuanfang, wie mancher Rüsselsheimer Autowerker nun hofft.