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Ford-Torino-Skulptur: Muscle-Car in der Zeitkapsel

Foto: Ioan Florea

Ford-Torino-Skulptur Alter Falter

Falten, Wellen, Kanten, Löcher - der rumänisch-amerikanische Künstler Ioan Florea ist einem Ford Torino auf die Karosserie gerückt und hat das Coupé grotesk verwandelt. Das größte Aufsehen erregte der Wagen, noch ehe die Premieren-Ausstellung überhaupt begonnen hatte.

Das erste Mal erregte das Kunstwerk schon Aufsehen, da stand es noch gar nicht in der Ausstellung. "Auf der Interstate folgten uns manche Leute mehr als eine Stunde", berichtet Ioan Florea über die gut dreistündige Lkw-Fahrt von seinem Atelier in Lake Shelbyville zur Galerie in Carbondale - mehr als 160 Meilen quer durch Illinois. "Manche fotografierten wie wild aus ihren Autos, anderen fiel beim Überholen einfach die Kinnlade runter", sagt Florea und lässt durchblicken, dass er von den Reaktionen auf sein Kunstwerk ebenso überrascht wie geschmeichelt war.

Was hinten auf der offenen Ladefläche vertäut war, nennt sein Schöpfer "3D Printing Revolution and Self-organizing Nano-Materials take over the Torino" - ein höchst umständlicher Titel. Einfacher gesagt: Florea hat einen Ford Torino aus seinem Geburtsjahr 1971 reichlich bizarr umgestaltet. Das Ding hat jetzt Ähnlichkeit mit einem Shar-Pei, dem chinesischen Faltenhund, und das soll jetzt keine Respektlosigkeit gegenüber dem Tier sein. Florea hat die Karosserie des Coupé mit einer eigens entwickelten Kunststoffmasse überzogen, die schimmert, als sei sie aus nacktem Metall.

Über das genaue Verfahren möchte Florea nicht sprechen. Er sagt nur so viel: "Das Ganze ist ein komplizierter, aufwendiger Prozess, bei dem unter anderem ein 3-D-Drucker und eine sehr große Mischmaschine zum Einsatz kommen und für den man extrem viel Geduld benötigt." Aus manchen Blickwinkeln sieht die Oberfläche aus wie das Relief eines Gebirges, aus anderen Perspektiven fühlt man sich an den Faltenwurf von schweren Stoffen oder exaltierte Buttercreme-Kreationen eines Konditors erinnert.

Muscle-Car in der Faltenmaschine

"Man sollte sich den Wagen von oben ansehen", rät Florea, "dann erkennt man die Symmetrie der Gestaltung." Aus allen anderen Perspektiven erscheine die Oberfläche hingegen unorgansiert und wie zufällig gestaltet. "Nichts an diesem Objekt ist Zufall", sagt der Künstler. Auch dass er sich für einen Ford Torino entschieden habe, hat einen Grund. "Der Name des Autos schlägt eine Brücke von den USA nach Europa, das war für mich wichtig", erklärt Florea, der in Rumänien geboren wurde, in Bukarest und in den USA Malerei studierte und seit 2009 in Illinois lebt.

Ist der alienhafte Torino eher ein Altauto mit hübscher Deko oder ein Kunstwerk mit tieferem Sinn? Florea sagt, es gehe ihm darum, symbolische Objekte aus der Vergangenheit mit modernster Technologie in eine Art Zeitkapsel zu hüllen. "Das führt dazu, dass manche Betrachter empört sind, wie ein klassisches Muscle-Car durch meine Kunst ruiniert wurde; und dass andere gerade diese Verwandlung in etwas noch nie zuvor Gesehenes entzückt."

Derzeit arbeitet Florea nach eigenen Angaben "rund um die Uhr" an seinem Projekt 4-D-Druck. "Die vierte Dimension ist die Zeit. Ich möchte einen Verbundstoff kreieren, der sich selbst verändert. Stellen Sie sich vor, der Torino würde sich über Nacht in ein anderes Auto verwandeln." Hört sich danach an, dass es künftig weitere aufsehenerregende Kunsttransporte auf den Straßen von Illinois geben wird.

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