
Lkw-Unfälle mit Radfahrern: Die guten Helfer
Unfälle mit Lkw Diese Technik kann Radfahrer schützen
Die Serie reißt seit Jahren nicht ab, das Muster ist immer das gleiche - tödliche Unfälle durch abbiegende Lkw. In Hamburg starb am Montag eine 33-jährige Mutter auf dem Weg zur Arbeit. Die junge Frau befand sich mit ihrem Fahrrad auf dem Radstreifen, fuhr geradeaus, als ein Lkw nach rechts abbiegen wollte - und sie dabei überrollte.
Durchschnittlich 3200 Kollisionen von Lkw und Fahrradfahrern jährlich vermeldet die Unfallforschung der Versicherer (UDV). Nüchtern lautet die Opfer-Statistik jedes Jahr: rund 660 verletzte Radfahrer und 70 Tote, etwa ein Drittel von ihnen kommt bei Abbiegeunfällen ums Leben. Viele der tragischen Zusammenstöße wären vermeidbar, denn es gibt bereits technische Mittel, die - besonders in Kombination - Leben retten können:
Elektronischer Abbiegeassistent beim Lkw
Über 40 Prozent aller Unfälle zwischen Lkw und Radfahrern könnte ein elektronischer Abbiegeassistent verhindern und mehr als jedem dritten Unfallopfer das Leben retten. Dies hat die UDV in einem mehrjährigen Forschungsprojekt ermittelt und fordert diese Technologie für Lkw in Kombination mit einer Notbremsfunktion. Seit 2016 bietet bislang nur Daimler den Totwinkelwarner für rund 2500 Euro bei einigen Modellreihen an. Per Radar überwacht dieser seitlich einen 3,75 Meter breiten sowie bis zu 18,85 Meter langen Streifen.
Erfasst der Abbiegeassistent einen Radfahrer, schaltet sich auf der Beifahrerseite eine gelbe Warnleuchte ein. Droht Kollisionsgefahr, blinkt eine rote Leuchte und ein akustisches Warnsignal ertönt zusätzlich. Bremsen muss der Fahrer dann allerdings selbst, eine automatische Notbremsfunktion gibt es nicht. Mercedes Benz hat 2017 jeden vierten Lkw in Deutschland mit Abbiegeassistent ausgeliefert.
Selbst aktiv wurde die Lebensmittelkette Edeka Südbayern. Dort rüstete der technische Leiter Anton Klott die Lkw-Flotte mit einem eigens entwickelten Abbiegeassistenten aus. Per Kamera an der Zugmaschine und Bildschirm im Führerhaus kann der Fahrer den toten Winkel komplett einsehen und wird bei Gefahr optisch und zusätzlich durch zwei Sensoren an der rechten Seite akustisch gewarnt. Abbiegeassistent und Kamera werden bei einer Geschwindigkeit unter 30 km/h über den Blinker sowie bei jeder Lenkbewegung nach rechts aktiviert. Kosten: 500 Euro (ohne Einbau) pro Fahrzeug.

Warnleuchte Bike-Flash
Foto: bike flashBike-Flash - Wärmesensor erkennt Radfahrer
Vier gewinnt - nach diesem Motto entwickelte der Flensburger Martin Budde das System Bike-Flash zur Installation an Kreuzungen und Ampelmasten. Vier LED-Warnleuchten blinken in unterschiedlichen Höhenstufen, sobald ein Radfahrer im toten Winkel per Wärmesensorik in einer Zone bis zu 16 Meter Entfernung erkannt wird. Die vier blinkenden Leuchtbügel sind sowohl von Pkw-Fahrern, deren Sicht zum Beispiel durch breite B-Säulen behindert ist, als auch vom erhöhten Lkw-Führerhaus während des kompletten Abbiegevorgangs gut zu sehen. Also auch dann, wenn das Fahrzeug bereits losgefahren ist.
In umfangreichen Langzeittests habe sich Bike-Flash unter verschiedensten Witterungsbedingungen wie Kälte, Schnee, Regen oder bei gleißendem Sonnenlicht ohne Ausfälle bewährt, garantiert der Macher. Das Warnsystem ist TÜV-zertifiziert. Vertrieben wird Bike-Flash vom Husumer Unternehmen MRS Mobile Road Safety, etwa 15.000 Euro kostet eine Anlage, Budde sagt eine Lebensdauer von zirka 20 Jahren voraus. Aktuell will der nordfriesische Kurort Sankt Peter Ording Bike-Flash in einem Testlauf erproben.

Eine Ampel mit eingebautem Spiegel
Foto: Friso Gentsch/ picture alliance / dpaTrixi-Spiegel für mehr Rück-Sicht
Benannt ist der Spiegel nach der Tochter seines Erfinders Ulrich Willburger. Denn auch Beatrix wurde 1994 auf ihrem Fahrrad von einem rechts abbiegenden Lkw überrollt und überlebte schwer verletzt.
Willburgers Idee: Ein Konvexspiegel oberhalb der Ampelanlage soll den toten Winkel schlicht verschwinden lassen. In Freiburg wurden 2007 circa 160 Kreuzungen mit Trixi-Spiegeln ausgestattet. Detaillierte Auswertungen liegen zwar bislang nicht vor, doch seit Einführung gab es nur noch einen Abbiegeunfall mit tödlichem Ausgang. Zuvor starben innerhalb von sechs Jahren neun Radfahrer.
Eine Umfrage der TU Kaiserslautern bestätigte außerdem, dass für 90 Prozent der Brummifahrer die Spiegel eine gute Hilfe waren, trotz der meist vier vorhandenen Außenspiegel nutzten die Fahrer auch den zusätzlichen Trixi-Spiegel. Martin Haag, Leiter des Forschungsprojekts, weist jedoch darauf hin, dass die Spiegel vor allem vor dem Abbiegevorgang hilfreich sind, einmal angefahren würden sie keine zusätzliche Sicht verschaffen.
Trixis seien daher ein Baustein von mehreren zur Verkehrssicherheit. Die Stadt Osnabrück rüstete jüngst Kreuzungen um 50 weitere Spiegel eines anderen Herstellers auf, 70 waren vor gut zwei Jahren montiert worden. Die Spiegel seien nicht nur ein Instrument, um die Sichtbarkeit von Radfahrern zu erhöhen, sondern auch ein Symbol für Verkehrsteilnehmer, dass besondere Vorsicht geboten sei, betont der Osnabrücker Stadtbaurat Frank Otte.