
Mini-Yacht Jet Capsule Die kleine Weiße
In der Welt der Luxusyachten gehören Protz und Prahlerei zum Standard. Man nehme nur die 180 Meter lange "Azzam". Sie gilt als größte Yacht der Welt, gekostet hat sie rund 490 Millionen Euro. Eigner ist Prinz Walid, ein Mitglied des saudi-arabischen Königshauses. Gut möglich, dass demnächst ein um 172 Meter kürzeres Schiffchen dem Luxus-Koloss die Schau stiehlt. Jet Capsule heißt die Mini-Yacht der gleichnamigen Werft aus Neapel, die zu einem Preis ab 150.000 Euro verkauft wird. Wer unbedingt will, kann sich auch auf diesem Boot einen goldenen Wasserhahn installieren lassen, doch eigentlich geht es den Machern um intelligentes und stilvolles Downsizing.
Kleiner ist feiner, lautet das Motto, und sozialverträglicher ist diese Art von Bescheidenheit auf höchstem Niveau auch noch. Man kennt das Prinzip aus der Autowelt, etwa wenn die Luxussportwagenmarke Aston Martin den Kleinstwagen Toyota Aygo mit Ledersitzen, Holzvertäfelungen und Hightech-Bordelektronik aufrüstet und als Aston Martin Cygnet vermarktet. Diese Idee ist nun also auch im Schiffbau angekommen, obwohl hier die Regel, das Prestige von Protz und schierer Größe kommt, noch immer in Kraft ist.
"Ich träumte davon, den Hafen mit meiner Yacht zu verlassen, ohne zuvor viel Geld für Liegegebühren zahlen zu müssen und dennoch genug Platz für alle meine Freunde an Bord zu haben", sagt Designer Pierpaolo Lazzarini. Er entwarf eine solche Mini-Yacht, und die im vergangenen Jahr neu gegründete, in Neapel ansässige Firma Jet Capsule S.r.l. legte sie auf Kiel. Auf der Monaco Yacht Show im September dieses Jahres wurde die Jet Capsule als revolutionäre Sensation vorgestellt.
Eine Yacht wie ein moderner Lifestyle-Kleinwagen
Mit einer Länge von 7,35 Metern und einer Breite von 3,44 Metern handelt es sich um ein vergleichsweise bescheidenes Wasserfahrzeug. Von außen erinnert das Ding an eine Rettungskapsel, wie man sie auf großen Schiffen oder Bohrinseln findet: Es sieht aus wie eine überdimensionierte Computermaus mit Fenstern. Um den Luxusgedanken in diesem Minimal-Format umzusetzen, bietet der Hersteller etliche Ausstattungsoptionen an - ganz so wie viele Kleinwagenhersteller, die für ihre Minimobile seitenlange Sonderausstattungslisten zusammenstellen.
Die Jet Capsule ist in 40 Außenfarben erhältlich, mit 20 unterschiedlichen Schiffsparkettböden, für die Ledersitze gibt es zwölf Farbvarianten, und dazu kommen noch vier verschiedene Grundrisse. Eingerichtet ist die Mini-Yacht dann entweder mit bis zu neun Sitzplätzen, mit Tischen und Sofas, mit Betten, Einbauküche sowie Bad mit Toilette, oder aber man bestellt das Schiff blanko, um das Interieur dann ganz nach dem eigenen Geschmack zu gestalten. Sonderwünsche wie ein Sonnendeck auf dem Dach oder eine Vorrichtung zum Wasserskifahren werden natürlich auch erfüllt.
Je nach Ausstattung liegt die Bauzeit bei drei bis fünf Monaten. Momentan beschäftigt die Werft 36 Mitarbeiter, die im kommenden Jahr rund 40 der Mini-Yachten fertigen sollen. "Anfragen erreichen uns inzwischen aus der ganzen Welt", sagt Verkaufsleiter Fausto Rasini.
Außer der Ausstattung der Kabine gibt es auch für die Besetzung des Maschinenraumes mehrere Optionen. Die Kunden können zwischen Benzin- und Dieselaggregaten wählen und zwischen einem oder je zwei Motoren, so dass die Leistungspalette der Strahlantriebe von 315 bis 740 PS reicht. Je nach Variante erreicht das Boot Geschwindigkeiten zwischen 25 und 35 Knoten, was 46 bis 65 km/h entspricht. Sogar eine Hochgeschwindigkeitsvariante ist möglich, wenn man einen aufpreispflichtigen Aufbau aus Karbon wählt, der deutlich leichter ist als die Standardlösung. "Zusätzlich arbeiten wir gerade noch an einem elektrischen Antrieb, den wir unseren Kunden ab 2015 anbieten wollen", sagt Rasini.
Der Katalog der Firma führt auch spezielle Varianten der Jet Capsule auf, etwa eine Polizeiversion, ein Rettungsboot, ein Party-Schiff mit wuchtiger Soundanlage und sogar eine Militärversion mit kugelsicherem Glas und Bewaffnung. Auch wenn es diese Armada an Mini-Yachten noch gar nicht gibt, arbeiten die Ingenieure des Unternehmens bereits an einer ganz neuen, zweiten Variante. Deren größte Besonderheit: Sie wird noch einmal deutlich kleiner.