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Effizienter Autofahren: Weg mit der Härte

Foto: Manuel Lichtenberger

Spritspar-App Wettkampf der Weicheier

Leichtbau, Hybrid, Aerodynamik - viele technische Lösungen sollen den Spritverbrauch senken. Doch ein effizienter Fahrstil spart am meisten. Eine neue App soll sanftes Fahren fördern - und lockt Nutzer mit einem Spar-Wettbewerb.

Mit Hochdruck tüftelt die Autoindustrie an immer neuen Spritspartechnologien, die alle eine gigantische Achillesferse haben: Sie können durch einen schlichten Fußtritt unwirksam gemacht werden. Denn egal ob Zylinderabschaltung oder Start-Stopp-Automatik, ihr Potenzial entfalten sie nur, wenn der Mensch hinter dem Steuer auch entsprechend fährt.

"Genau das interessiert uns. Wie jeder Einzelne dazu beitragen kann, sparsamer und damit billiger Auto zu fahren und so letztlich auch einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten", sagt Henner Gimpel, Professor für Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Augsburg. Man könne sofort damit loslegen, sagt der Wissenschaftler: Mithilfe der kostenlosen, nicht kommerziellen Fahrstil-App "myDrive" , die unter Gimpels Leitung aus einer Masterarbeit entstand. Jeder Autofahrer mit einem Smartphone kann sie nutzen, die Elektronik des Fahrzeugs bleibt völlig unbeeinflusst.

Student Sebastian Heger entwickelte und programmierte die App, die den Beschleunigungssensor und die GPS-Daten des Smartphones nutzt, um dem Nutzer seinen Fahrstil vor Augen zu führen. Im Prinzip werden dabei sämtliche auf das Smartphone einwirkenden G-Kräfte während der Fahrt gemessen und ausgewertet, sodass der Fahrer am Ende der aufgezeichneten Strecke einen Wert für den "Härtegrad" der zurückliegenden Fahrt erhält. "Eine Null steht dabei für Bewegungslosigkeit, ist also nicht erreichbar, und um einen Wert von 25 zu erzielen, muss man schon extrem ruppig fahren", sagt Heger. Ziel sei es, den Nutzer zu einem möglichst weichen Fahrstil zu motivieren.

Selbstoptimierung auch beim Autofahren

Die bekannte Spritsparregel, dass man zügig beschleunigen sollte, um möglichst rasch die gewünschte Geschwindigkeit zu erreichen, wird durch die Messmethode der App übrigens nicht karikiert. "Wer mit einem durchschnittlich motorisierten Auto flott beschleunigt, fährt noch nicht 'hart' im Sinne unserer Auswertung", sagt Heger. Da sämtliche G-Kräfte in die Messung einfließen, komme es vielmehr auf einen insgesamt runden, harmonischen und flüssigen Fahrstil an.

Das Tracking durch die Smartphone-App ergibt natürlich höchst relative Werte. Der ermittelte Härtegrad hängt zum Beispiel neben dem Fahrstil von der Güte des Beschleunigungssensors im Handy ab, von der Befestigung des Smartphones im Auto und vom Fahrzeug selbst. Ein knochenhart gefederter Sportwagen ergibt garantiert andere Werte als eine komfortable Limousine. "Für das Forschungsprojekt und für die Nutzer sind solche möglichen Abweichungen allerdings unerheblich, denn es kommt ja auf die Veränderung an. Und wenn jemand mithilfe der App und unter gleichbleibenden spezifischen Bedingungen seine Fahrweise nach und nach auf einen weicheren, sparsameren Stil umstellt, ist der Sinn erfüllt", sagt Professor Gimpel.

App-Nutzer gesucht, um relevante Daten zu erhalten

Bislang nutzen erst einige Hundert Probanden die App, das Ziel der Forschungsgruppe sind jedoch einige Tausend. Das Projekt soll nicht nur dabei helfen, Autofahrer an einen weicheren Fahrstil heranzuführen, sondern auch Daten über deren Motivation dazu liefern. "Wollen sie Geld sparen? Etwas für die Umwelt tun? Oder besser sein als andere?", fragt Gimpel. Denn natürlich lassen sich die erzielten Fahrstilwerte mit denen anderer Nutzer vergleichen. "Womöglich liegt die Motivation für viele sogar darin, sich selbst zu optimieren, das liegt ja im Trend."

Das Projekt soll jedenfalls, sobald relevante Nutzerdaten vorliegen, die Frage beantworten, wie Fahrer- und Fahrstil-Informationssysteme gebaut und gestaltet sein müssen, damit sie auch genutzt werden und ihre Funktion erfüllen können.

Sollte sich beispielsweise herausstellen, dass der Wettbewerbsaspekt die Autofahrer zu immer neuen Sparfahrten animiert, müsste bei der Programmierung besonderer Wert auf die Vergleichbarkeit der Fahrdaten aller Nutzer gelegt werden - etwa durch Tabellen oder Auf- und Absteiger-Ranglisten. Gimpel: "Ob diese Erkenntnisse dann von den Autoherstellern genutzt werden, ist eine andere Frage."

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