

Heute gelten Autodesigner als Popstars der Branche. Ihre Namen sind bekannt, ihre ästhetischen Vorlieben ebenso, und die Hersteller befeuern den Rummel um die Karosseriekünstler, denn so lässt sich das technische Konstrukt Auto halbwegs mit Emotionen aufladen, und um die geht es beim Kampf um die Kunden mehr denn je.
Das war nicht immer so. Es gibt etliche Automobile, deren Aussehen erhebliches Aufsehen erregten, deren Schöpfer jedoch weitgehend unbekannt blieben. So wie Uwe Bahnsen.
"Sierra Shock" titelte im Oktober 1982 das englische Automagazin "Car" zum Coverfoto des damals neuen Ford Sierra. Rundlich und weich sah der Wagen aus, die Frontpartie wie glattrasiert und eingecremt. Das Design des Mittelklassemodells polarisierte, so wie die Formensprache des drei Jahre später erschienenen Ford Scorpio.
Heute gelten die unter der Verantwortung von Uwe Bahnsen entstandenen Autos als Meilensteine einer neuen Formensprache, die in der gesamten Branche Wirkung zeigte. Es war der totale Gegentrend zu den radikal kantigen Keilformen der siebziger Jahre.
Der in Hamburg geborene Kreative arbeitete von 1958 bis 1986 bei Ford Europe, zuletzt als Vice-President Design. Schon beim 1960 erschienen Ford Taunus P3 wirkte Bahnsen mit. Der Hersteller pries die für die damalige Zeit ungewöhnliche Optik als "Linie der Vernunft", der Volksmund nannte das von weichen Schwüngen geprägte Modell "Badewanne". Weitere wichtige Modelle in der Karriere Bahnsens und seiner Design-Teams waren der Ford Capri II (ab 1973), der Ford Escort II (ab 1977) oder der Ford Granada (ab 1977).
Autodesign als ernsthafte Profession
Es sind aber nicht nur etliche Pkw-Modelle, durch die Bahnsen das Autodesign jahrzehntelang mitprägte, sondern er führte auch einen neuen Arbeitsstil ein. Das Internet-Fachportal "cardesignnews" hebt hervor, dass Bahnsen ein "wahrer Gentleman" gewesen sei und stets kompromisslose Disziplin und Professionalität vorlebte und forderte. Patrick Le Quément, ehemals Chefdesigner bei Renault und ein Weggefährte Bahnsens, drückt es so aus: "Wir beide hatten es satt, dass das Erscheinen eines Designers bei einer Besprechung fast immer mit Sprüchen wie 'ah, der Künstler ist auch endlich da' kommentiert wurde."
Nach seinem Ausscheiden bei Ford im Jahr 1986 übernahm Bahnsen eine Lehrtätigkeit am Art Center of Design im Schweizerischen Vevey, dessen Leitung er von 1990 bis 1995 innehatte; von 1995 bis 1997 war er Präsident des "International Council of Societies of Industrial Design". Bahnsen lebte zuletzt in Südfrankreich, wo er am 30. Juli im Alter von 83 Jahren starb.
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Ford Sierra: Der schlichte, rundliche und ganz und gar unaggressive Look des Ford Sierra von 1982 löste damals eine Kontroverse aus. Das Design des Autos entstand unter der Federführung von Uwe Bahnsen.
Uwe Bahnsen: Der in Hamburg geborene Uwe Bahnsen studierte Kunst in der Hansestadt und arbeitete von 1958 bis 1986 als Automobildesigner bei Ford in Europa, wo er die Gestaltung mehrerer Pkw-Generationen entscheidend mitprägte. Bahnsen starb Ende Juli im Alter von 83 Jahren in Südfrankreich.
Ford Taunus 17M: "Badewanne" wurde der Mittelklassewagen, der 1960 auf den Markt kam, im Volksmund gerufen. Ford propagierte das rundlich-sympathische Äußere damals als "Linie der Vernunft".
Sportskanone: Zu den bedeutenden Autodesigns in der Karriere von Uwe Bahnsen gehört zweifellos auch der klassisch-coole Look des Capri II von 1973.
Sierra auf amerikanisch: Im Bild ein Mercury Merkur, also die US-Variante des hiesigen Ford Sierra. Das Auto polarisierte ob seines ungewöhnlichen Designs auch die Pkw-Kunden in den USA.
Weichzeichner: Ford hatte in den achtziger Jahren eine vollkommen unspektakuläre, mitunter sogar übertrieben harmlos-rundliche Designsprache gefunden und immer weiter ausgebaut. Hier zu sehen am US-Modell Mercury Scorpio von 1988.
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