Nissan Qashqai Ein anderer Auftritt

Nissan verfügt mit dem Modell Qashqai über ein eher ungewöhnliches Auto in der Kompaktklasse: ein bisschen SUV, aber dennoch handlich und nicht übertechnisiert. Doch zum verquasten Namen kam nun auch noch ein beinahe unbemerkter Marktstart.

"Käschkai", erläutern die Nissan-Offiziellen nun schon seit Monaten, werde der Name des neuen Autos ausgesprochen. Bei Menschen aus der Branche sickert der Begriff, der eigentlich einen Nomadenstamm im Südwesten des Iran bezeichnet, allmählich ein in den Wortschatz, alle anderen mühen sich weiterhin um die korrekte Aussprache. Aber die Lautfolge ist das geringste Problem dieses Autos. Viel störender für Nissan sind die Tatsachen, dass unmittelbar nach dem Start des Qashqai in Deutschland am 24. März das halbe Land zugepflastert wurde mit Plakaten für den Toyota Auris. Und gleich darauf folgte die Kampagne für das 25-Millionen-Jubiläum des VW Golf.

Ausgerechnet. Denn beide Modelle - Auris und Golf - treten wie der Qashqai in der Kompaktklasse an. Doch während Toyota und VW im konventionelle proportionierten Look vorfahren, wagt das neue Modell von Nissan etwas mehr. Die 4,31 Meter lange Karosserie ragt mit gut 1,60 Meter höher auf als bei anderen Kompaktautos, und sie ist nach Art eines Geländewagens geformt: massiv und selbstbewusst. Allerdings ist die Optik weitgehend dem SUV-Trend geschuldet, denn technisch bietet der Qashqai in der Basisversion konventionelle Technik, also Vorderradantrieb. Allradantrieb wird nur auf Kundenwunsch in den stärkeren Motorisierungen verbaut.

Aber wer braucht in einem solchen Auto schon Allradantrieb. Es geht auch einfacher, wie eine Testfahrt im Basismodell, dem Qashqai mit 1,6-Liter-Benzinmotor, 114 PS Leistung und einem Grundpreis von 19.790 Euro beweist. Der Benziner ist mit 156 Nm maximalem Drehmoment kein Ausbund an Agilität, doch reicht er für den Autoalltag absolut aus. Zumal der Durchschnittsverbrauch von 6,7 Liter Superbenzin je 100 Kilometer in Ordnung ist; der CO2-Ausstoß liegt entsprechend bei 162 g/km.

Abgestimmt, als ob er doppelt so schwer wäre

Was fiel sonst noch auf bei der ersten Ausfahrt mit dem Wagen? Die Lenkung fühlt sich etwas zäh an, doch das ist wohl Absicht, denn so wirkt der Qashqai vom Fahrerplatz aus wesentlich bulliger und wuchtiger, als er eigentlich ist. Das Fünfgang-Schaltgetriebe könnte ebenfalls etwas besser flutschen, doch auch hier vermuten wir die Absicht der Entwickler, ein Auto auf die Räder zu stellen, das - gemäß der Außenoptik - Handfestigkeit ausstrahlt.

Einige Dinge sind den Entwicklern prima gelungen. Der hoch in der Mittelkonsole platzierte Schaltknauf zum Beispiel, das ordentlich aufgeräumte Cockpit und vor allem das Panoramaglasdach (750 Euro Aufpreis). Weniger praktisch sind das kleine Handschuhfach und die vergleichsweise hohe Ladekante am Heck. Dafür aber ist die Sitzposition im Qashqai insgesamt höher als in klassischen Kompaktwagen, was das Ein- und Aussteigen erleichtert und den Überblick übers Verkehrsgeschehen verbessert.

"Ab jetzt braucht niemand mehr ein langweiliges Auto zu fahren", sagt Nissan-Vorstand Carlos Tavares mit Blick auf den Qashqai. Das ist natürlich sehr kühn formuliert. Richtig ist, dass der Wagen die übliche Kompaktwagenform ignoriert, richtig ist jedoch ebenso, dass er dies auf sehr zurückhaltende Weise tut. Warum waren die Nissan-Designer nicht mutiger, die neue Dimension des Qashqai durch ein paar originelle Details hervorzuheben?

Verkaufsziel in diesem Jahr: 15.000 Modelle

Andererseits gibt ihnen der bisherige Zuspruch, den das Auto erfährt, Recht. "Der Qashqai ist sehr gut angelaufen", berichtet Nissan-Sprecher Michael Schweitzer. "Bislang sind gut 11.000 Händleraufträge aus Deutschland, Österreich und der Schweiz eingegangen." Die Planungen sehen vor, in diesem Jahr rund 15.000 Modelle in Deutschland zu verkaufen, im nächsten Jahr dann 18.000. Beworben wird das Auto mit dem Slogan "urban proofed" - Nissan hebt also explizit auf die normalen Fahreigenschaften des Wagen ab; jeglicher Eindruck, es handle sich beim Qashqai gemäß seinem Erscheinungsbild um ein geländetaugliches Auto, soll vermieden werden.

"Ein Auto voller Kontraste für eine Welt voller Kontraste", sagt der Designer Stephane Schwarz. Und ein weiterer Vertreter in der Riege der "Als ob"-Autos, zu der auch der VW Cross-Golf gehört. Ein bisschen SUV muss sein.

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