Notbremse Polizei zieht armlosen Autofahrer aus dem Verkehr
Land O'Lakes - Das letzte Mal, das Michael Francis Wiley, 40, wegen seines Fahrstils Schlagzeilen machte, ist gerade einmal drei Monate her. Anfang Mai raste er, verfolgt von mehreren Polizeiwagen, durchs Stadzentrum von New Port Richey im US-Bundesstaat Florida. Er war ihnen als verdächtig aufgefallen. Schließlich brachen die Beamten die Hatz auf seinen blauen Ford Explorer ab, um nicht noch andere Verkehrsteilnehmer zu gefährden. Den Haftbefehl stellten ihm die Sicherheitskräfte lieber in Ruhe am nächsten Tag zu.
Probleme mit der Identifizierung gab es ohnehin nicht. Zu unverwechselbar sind die körperlichen Merkmale, die auch den Beamten in New Port Richey nicht entgangen waren. Wiley hat seit einem Unfall im Teenageralter keine Arme mehr und nur noch ein Bein. Das allerdings konnte ihn bislang nicht davon abhalten, Auto zu fahren. Wie er sagt, hat er sich selbst beigebracht, Fahrzeuge mit Hilfe seiner verbliebenen Armstummel, den Zehen und seinen Zähnen zu steuern.
Nun scheint die Fahrt für den 40-Jährigen zu Ende zu sein. Denn die Verfolgungsjagd, wegen der er die letzte Zeit bereits in Untersuchungshaft saß, war nur das letzte Vergehen in einer ganzen Serie von Verkehrs- und Drogendelikten, die Wiley über die vergangenen zwei Jahrzehnte begangen hat. Am Freitag wird sich Wiley dafür vom Richter sein Strafmaß anhören müssen, der Staatsanwalt fordert satte fünf Jahre Gefängnis für ihn. "Es ist alles meine Schuld", räumt Wiley kleinlaut ein, "ich bin einfach nur ein Sturkopf."
Denn der Sturkopf hatte sich bisher nicht von Ärger mit Polizei und Behörden aufhalten lassen, wie ein Blick in seine 11-seitige Strafakte verrät: Einst raste er einer Streife in einer Corvette mit über 160 Stundenkilometern davon, dann wurde er mit Marihuana erwischt, einen gültigen Führerschein konnte er schon länger nicht mehr vorweisen. Den besaß er zwar einmal, er wurde ihm jedoch schon mehrfach abgenommen. "Ich bin ein exzellenter Fahrer", beharrt Wiley dennoch auf seinen Steuerkünsten.
11.000-Volt-Stromschlag am alten Bahnsteig
Wileys persönliche Leidengeschichte hat ihren Ursprung im Jahr 1980. Im Alter von 13 Jahren fiel er in New York auf von einem erhöhten Bahnsteig, wo er an einer verlassenen Schaltanlage gespielt hatte. Um seinen Sturz aufzuhalten griff er im Reflex nach einem unter Strom stehenden Elektrokabel, als er mit Metall in Berührung durchfuhr seinen Körper ein Stromschlag von 11.000 Volt. Wiley brach sich bei dem Aufprall in siebeneinhalb Meter Tiefe nicht nur den Rücken, die Ärzte mussten später auch seine beiden verbrannten Arme und den größten Teil seines linken Beines amputieren.
Dass er in seiner Zeit als Autofahrer immer wieder vor der Polizei Reißaus nahm, begründet Wiley mit seiner Angst vor einem Medikamentenentzug. Er nehme Tabletten gegen seine chronischen Schmerzen, so Wiley - ärztlich verordnete und illegale. "Vor allem deswegen bin ich abgehauen", sagt er. "Der Entgiftungsprozess wird mit jedem Mal schlimmer."
Wiley will den Richter nun um Gnade bitten und hofft, lediglich zu einem Drogenentzug verdonnert zu werden. Doch sein Anwalt ist skeptisch: er hält es für wenig wahrscheinlich, dass sein Mandant um eine Gefängnisstrafe herumkommt. "Es ist traurig. Ich hoffe einfach, dass die Behörden ihn noch nicht aufgegeben haben", so der Anwalt. "Er hat niemandem wehgetan außer sich selbst und seiner Familie."
phw/AP