
Mobiler Sichtschutz: Die grüne Wand
Mobile Schutzwände NRW will Gaffern die Sicht verbauen
Immer wieder berichten Rettungskräfte von Problemen mit Gaffern auf Autobahnen: Sie verursachen Staus auf der Gegenfahrbahn, behindern die Retter, anstatt zu helfen, oder sie filmen das Geschehen und die Unfallopfer sogar mit ihren Handykameras. Ab sofort setzt Nordrhein-Westfalen nun als erstes Bundesland mobile Sichtschutzwände gegen Schaulustige ein. Landesverkehrsminister Michael Groschek (SPD) präsentiert die Neuanschaffung an diesem Freitag in Kaarst bei Düsseldorf.
Bislang hatten Rettungskräfte die Unfallopfer bei der Bergung mit Decken und Tüchern vor neugierigen Blicken abgeschirmt. In letzter Zeit hatte die Polizei mehrfach Verfahren gegen Schaulustige eingeleitet, die zum Teil sogar die Aufforderungen der Polizisten, das Filmen einzustellen, ignoriert hatten. Gaffern drohen mindestens 60 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg.
Fast eine halbe Million Euro aus Bundesmitteln hat der Landesbetrieb Straßenbau in insgesamt zwölf Sichtschutzsysteme investiert. Die sollen nun auf die einzelnen Straßenmeistereien verteilt werden.
Das Sichtschutzsystem stammt ursprünglich aus den Niederlanden und wurde in einer einjährigen Pilotphase im Streckennetz der Autobahnmeisterei Kaarst bei Düsseldorf getestet. Dabei kam es insgesamt sieben Mal zum Einsatz. "Wenn es für die anderen Verkehrsteilnehmer durch die grüne Wand im wahrsten Sinne des Wortes nichts zu sehen gibt, haben sie auch keinen Anlass, ihre Neugier zu befriedigen", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Landesbetriebs Straßenbau, Winfried Pudenz.
Jedes der zwölf Sichtschutzsysteme besteht aus einem Anhänger mit 40 einzelnen Stahlrahmen, in denen eine grüne, blickdichte Folie gespannt ist. Vor Ort können die Mitarbeiter der Autobahnmeisterei damit eine bis zu 100 Meter lange, undurchsichtige Wand errichten. Mit den zwölf Anhängern, die bei den Autobahnmeistereien stationiert sind, wird das rund 2200 Kilometer umfassende Autobahnnetz in NRW komplett abgedeckt.
Bund der Steuerzahler zweifelt am Nutzen
Über den Einsatz einer Sichtschutzwand nach einem Unfall entscheidet nach Angaben des NRW-Verkehrsministeriums die Polizei-Einsatzleitung vor Ort. Die Beamten müssten schließlich abschätzen, wie lange Rettung und Räumung an der Unglücksstelle voraussichtlich dauern werden. Je nach Tageszeit und Unfallstelle kann es demnach bis zu 100 Minuten dauern, bis die Elemente vor Ort und aufgebaut sind. Standsicher sind die Sichtschutzwände bis zur Windstärke fünf.
Der Bund der Steuerzahler NRW äußerte Zweifel an der Neuanschaffung. So sei es fraglich, ob sich die Staus auf der Gegenfahrbahn nicht längst gebildet hätten, bevor die mobilen Wände herangeschafft und aufgebaut werden können. "Wir werden prüfen, ob Nutzen und Kosten in einem angemessenen Verhältnis stehen", kündigte eine Sprecherin an.
Der Deutsche Journalisten-Verband in Nordrhein-Westfalen mahnte, die Arbeit der Pressefotografen dürfe nicht behindert werden. "Als Schutz der Unfallopfer ist die Maßnahme zu begrüßen", sagte eine Sprecherin. Man gehe aber davon aus, dass Pressefotografen durchgelassen würden.