Carsharing Paris zieht E-Autos den Stecker

Ein Auto des Carsharinganbieters Autolib vor dem Pariser Eiffelturm
Foto: © Gonzalo Fuentes / Reuters/ ReutersAutolib' - das steht für Auto und "liberté", Freiheit - und sollte im staugeplagten Paris für eine Revolution sorgen: An den 1100 Stationen der Firma stehen in Paris und in benachbarten Gemeinden 4000 Elektroautos bereit. Doch das Freiheitsversprechen wurde nicht eingehalten.
Verbeult und schmutzig seien die grauen Kleinwagen, klagen viele Nutzer. Zudem übernachteten zunehmend Obdachlose in den Fahrzeugen. Die Zahl der Abonnenten halbierte sich innerhalb von zwei Jahren auf geschätzte 150.000. Darüber sah die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo lange hinweg, doch nun steht das Carsharing-Angebot vor dem Aus.
Schuld daran ist eine saftige Rechnung: Als der Autolib'-Betreiber und Großindustrielle Vincent Bolloré von der Stadt Zuschüsse forderte, kam es zum Eklat. 46 Millionen Euro solle die Stadt jährlich zuschießen, verlangte der zehntreichste Mann Frankreichs.
Denn wie nun herauskam, schiebt Autolib' einen Schuldenberg von fast 300 Millionen Euro vor sich her. Noch Anfang 2017 hatte die sozialistische Bürgermeisterin Hidalgo versichert, es gebe "keine Verluste". Nun will sie den bis 2023 laufenden Vertrag mit dem Großindustriellen beenden.
Nutzer reagieren wütend
Die Bolloré-Familie droht, die Autos sofort aus dem Verkehr zu ziehen. Damit würden viele Pariser über Nacht wieder zu Fußgängern oder Metro-Fahrern. Rund 20.000 Menschen haben eine Internet-Petition zur Rettung von Autolib' unterschrieben. Auch in den sozialen Netzwerken machen Pariser ihrer Wut Luft: Eine "Schande" sei das Aus für Autolib', klagt eine Frau aus einer Vorstadt. Sie weiß nicht, wie sie künftig zur Arbeit kommen soll.
Ein einziges "Fiaskolib" sei das für die Stadt, ätzt ein Twitter-Nutzer. Denn auch bei dem zweiten städtischen Prestigeprojekt Vélib mit seinen Leihfahrrädern heißt es seit dem Jahreswechsel nur noch: Pleiten, Pech und Pannen. Der neue Betreiber ist vor allem mit dem versprochenen Aufbau von Stationen für Elektrofahrräder heillos überfordert.
Das Debakel könnte zur Chance für deutsche Carsharing-Anbieter werden. Bürgermeisterin Hidalgo verhandelt unter anderem mit BMW und Volkswagen über ein alternatives Leihauto-Modell - nach dem Vorbild von Car2Go und DriveNow in Deutschland. Auch die Opel-Mutter PSA ist im Rennen.
Frankreichs Umweltminister Nicolas Hulot findet die Entwicklung dennoch bedauerlich, schließlich seien Elektroautos die "Mobilität der Zukunft". Rund 6300 Elektro-Ladesäulen sind durch Autolib' in Paris entstanden - so viele wie wohl nirgendwo anders in einer westeuropäischen Großstadt.
Trotz der Probleme bei Autolib' hat das fast lautlose Fahren in jedem Fall eine Zukunft in Paris. Tausende nutzen schon jetzt Elektro-Scooter von zwei Anbietern. Und eine US-Firma will diese Woche ein ganz neues Verleihsystem starten: mit Elektro-Tretrollern.