
Navigation: GPS-Routing auf zwei Rädern
Pedalritter Routing auf zwei Rädern
Autofahrer haben's gut. Dank GPS brauchen sie schon lange keinen Orientierungssinn mehr, um sich auch auf fremdem Terrain zurechtzufinden. Den schnellsten Weg von A nach B berechnen moderne Navis in wenigen Sekunden - der Blick in die Karte ist längst überflüssig.
In einer solch komfortablen Situation wäre mancher Radfahrer auch gerne. Zwar gibt es längst GPS-Geräte mit digitalen Fahrradkarten zur Befestigung am Lenker. Ein echtes Routing, also das Finden des bestmöglichen Weges zu einem bestimmten Ziel, ist damit aber kaum möglich. Entweder nutzen die Geräte nur einen eingeschränktes Netz, etwa vom Fahrradclub ADFC ausgewählte Wege, oder aber sie beherrschen die Wegberechung überhaupt nicht.
Radfahrer müssen Touren deshalb in der Regel zu Hause am PC planen. Die Strecke übertragen sie dann auf ein kleines GPS-Gerät, so dass sie unterwegs immer genau wissen, wo es langgeht.
"Bisher hat kein Fahrradnavigationsgerät die Qualität erreicht, wie man sie von Geräten aus dem Auto kennt", sagt Thomas Froitzheim, Experte für GPS-Navigation und Autor des Buchs "GPS für Biker". Er kennt die typische Situation eines Mountainbikers, der irgendwo in der Pampa steht und den schnellsten Weg nach Hause sucht. Weiter auf dem Feldweg, zurück zur Nebenstraße oder noch weiter zurück zur Hauptstraße, neben der es vielleicht einen Radweg gibt? "Die richtige Entscheidung per Software zu treffen, ist nicht leicht", sagt Froitzheim.
Dieses Problem glauben Forscher von der Fachhochschule Münster nun lösen zu können - mit dem Wiki-Prinzip. In die digitale Fahrradkarte Naviki können Radfahrer Strecken hochladen, die sie mit ihrem Rad gefahren sind. Auf diese Weise soll das Wissen über Schleichwege und wenig befahrene, besonders fahrradfreundliche Straßen gebündelt werden.
Bislang tausend aktive Nutzer
Wer über Naviki eine Radroute sucht, wird dann möglichst über Wege geführt, die andere Radler vorher ins System eingespeist haben. Das soll ab April auch mit einer kostenlosen App fürs iPhone klappen.
"Ich finde das Konzept sehr interessant", sagt Uli Benker, Autor des Buchs "GPS Outdoor Praxis". Der Erfolg werde davon abhängen, wie viele Nutzer mitarbeiten und ob sich zum Beispiel auch Fremdenverkehrsämter engagieren. "Wenn die Entwickler und Nutzer stetig dranbleiben und Naviki ständig weiterentwickeln, kann da was draus werden."
Bislang hat Naviki etwa 1000 aktive Nutzer, sagt Achim Hennecke, Sprecher des vom Bundesforschungsministerium unterstützten Projekts. Weil die Zahl der hochgeladenen Routen noch zu gering ist, muss Naviki derzeit oft auf Daten der Mitmach-Landkarte Open Street Map zurückgreifen. So kommt es auch, dass die berechneten Wege etwa in Hamburg oder Berlin nicht unbedingt die sind, die ortskundige Radfahrer tatsächlich nehmen würden.
Vor allem in dicht besiedelten Regionen sind die Karten von Open Street Map (OSM) jedoch viel besser und detaillierter als beispielsweise Google Maps. Selbst kleinste Fußwege und Standorte von Altglascontainern werden von Freiwilligen akribisch erfasst. "In Städten wie Hamburg fangen die Leute ja fast schon an, Kanaldeckel zu mappen, weil sie nichts mehr zu tun haben", meint Thomas Froitzheim. Auf OSM-Daten greifen auch anderen Online-Radkarten zurück - etwa Open Cycle Map . Hier fehlt jedoch eine Routing-Funktion.
Routing für verschiedene Bikergruppen
Das Hochladen von Strecken ist mit der neuen iPhone-App, die auf der Cebit in Hannover vorgestellt wurde, kein Problem. Auf Knopfdruck speichert das Programm den zurückgelegten Weg. Wer will, kann zusätzliche Beschreibungen wie Wald, Stadt oder Land hinzufügen. Auch mit anderen tragbaren GPS-Geräten können Radler Wege tracken und zu Naviki hochladen. Zudem gibt es eine Naviki-Software für Android-Handys.
Eine Route berechnen können Radfahrer bislang nur auf der Naviki-Webseite - bald jedoch auch auf dem iPhone. Die App zeigt dann den Weg auf der Karte an - der eigene, per GPS ermittelte Standort wird eingeblendet. So weiß man genau, wann man wo in welche Richtung abbiegen muss.
In Zukunft wollen die Forscher der FH Münster ihre Fahrradnavigation noch verfeinern. Rennradler, Mountainbiker und Familien mit Kindern sollen jeweils für sie passende Routen abrufen können. Als Suchoption sind auch landschaftlich reizvolle Strecken geplant.
Naviki soll für seine Nutzer auf jeden Fall kostenlos bleiben. Um Geld zu verdienen, wollen die Macher Kommunen und Tourismusverbänden anbieten, Naviki in ihre Webseite zu integrieren. Ein Beispiel dafür ist die Gemeinde Everswinkel bei Münster.
GPS-Experte Uli Benker warnt jedoch vor allzu großer Euphorie: "Es wird noch ein Weilchen dauern, bis Radfahrer so einfach navigieren können wie Autofahrer heute."