Rallye Allgäu-Orient Mit Schrottautos zu den Beduinen

Start: Oberstaufen, Ziel: Amman, der Gewinn: ein Kamel – die Allgäu-Orient-Rallye ist mit nichts zu vergleichen. In schrottreifen Oldtimern kämpfen sich 28 Teams über die 5000 Kilometer nach Jordanien. Doch oberstes Gebot ist nicht die Schnelligkeit.

Oberstaufen – Der Startschuss ist gefallen: In Oberstaufen setzten sich heute bei strahlendem Sonnenschein die 28 teilnehmenden Teams mit 84 Autos in Bewegung. Die Organisatoren der Rallye Allgäu-Orient, Wilfried Gehr und Otto Lässer, sind selbst mit drei Fahrzeugen dabei. Besonders günstig war ihr alter Citroën: Er hat nur zwei Kasten Bier gekostet.

Jetzt liegen vor dem Vehikel 5000 Kilometer Landstraße. "Eines der letzten automobilen Abenteuer dieser Welt", sagt Gehr. Selbst das jordanische Königshaus ist bereits im Rallye-Fieber. Für die Teilnehmer soll es einen herzlichen Empfang in der Wüste geben. Die Bedingungen sind klar, aber durchaus unkonventionell: 111,11 Euro Startgeld, jedes Team besteht aus sechs Fahrern mit drei Autos.

Täglich dürfen maximal 666 Kilometer gefahren werden und übernachtet werden darf nur in Zelten oder Unterkünften, die nicht mehr als zehn Euro kosten. Alle Teammitglieder, aber nicht alle Autos, müssen in Jordanien ankommen. Fällt ein Fahrzeug aus, müssen die Teammitglieder in den anderen Old- und Youngtimern Platz machen.

Vergangenes Jahr hatte ein Team mit sechs Fahrern gleich zwei Fahrzeugausfälle. So mussten sie die restlichen 3000 Kilometer in einem alten 5er BMW zu sechst fahren. Bedingung ist übrigens auch, dass die teilnehmenden Karossen mindestens 20 Jahre alt sind. Oder aber sie dürfen nicht mehr wert sein als maximal 2000 Euro. Aus Österreich, Belgien, den Niederlanden und aus Deutschland, vor allem Süddeutschland, kommen die Teilnehmer. Es sind aber auch zwei jordanische Fahrertrupps und ein saudi-arabisches Team in Oberstaufen am Start.

Allgäuer Heu für das jordanische Kamel

Im vergangenen Jahr galt es, als Zusatzaufgabe einen Ballen Heu vom Allgäu nach Jordanien zu kutschieren, denn der erste Preis war ein Kamel und das sollte sich an das Allgäuer Futter gewöhnen. Doch die Idee hatte unerwartete Folgen.

Ein Teilnehmer wurde an der rumänischen Grenze festgenommen, wie Gehr erzählt: "Der hat auf die Frage des Grenzers, was er mit dem Heu will, geantwortet: Das ist für mein Kamel, denn das kann ich gewinnen, wenn ich zeitig in Jordanien bin. Der Grenzer fühlte sich verarscht und sperrte ihn drei Stunden ins Gefängnis." Auch heuer ist der Preis wieder ein echtes Kamel. Das bleibt aber wegen der erheblichen Einfuhrprobleme in Jordanien und kann dort - falls gewünscht - von den Gewinnern jederzeit besucht werden.

40.000 Euro hat die zweite Allgäu-Orient-Rallye bereits eingebracht. "Mit diesem Geld werden wir in Jordanien eine Käserei bauen", sagt Gehr. Es hat sich auch bereits ein Sponsor gemeldet, der dafür eine Solar-Warmwasser-Aufbereitungsanlage im Wert von 20.000 Euro spendiert.

Weniger freundlich war das, was zunächst wie eine beachtliche weitere Geldspritze für das Molkereiprojekt aussah. Ein großer privater Fernsehsender wollte exklusiv von dieser ungewöhnlichen Rallye berichten. Es gab auch ein auf den ersten Blick höchst verlockendes Angebot. 30.000 Euro bot die Produktionsfirma den Organisatoren. Mit der Käserei in der Wüste wäre dann alles noch viel schneller voran gegangen. Doch es war "ein unmoralisches Angebot, als wir es genauer geprüft haben", sagt Gehr. "Wir sollten unterwegs vorsätzlich Unfälle bauen und ein Auto im Bosporus versenken." Man habe daher dankend auf das große Geld verzichtet. "Wir kommen auch so in jeder Hinsicht ans Ziel", versichert der Organisator.

Von Klaus Wittmann, ddp

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