
Renaults neue Elektroautos Akku? Gibt es nur im Abo
Hier einige Testfahrten, dort eine kleine Flotte für eine Modellregion, dazu eine Handvoll werbewirksamer Shuttleeinsätze. Für Achim Schaible war das alles nur das Vorspiel. "Aber jetzt wird es Ernst", sagt der deutsche Renault-Chef. Denn noch vor dem Jahreswechsel bringt der französische Hersteller auch hierzulande sein erstes Elektroauto in den Handel. In 40 von rund 1200 Stützpunkten soll der Kangoo genannte Wagen mit Akkuantrieb verkauft werden.
Mit seinem 60 PS starken Elektromotor kommt der Kangoo auf bis zu 130 Stundenkilometer, dank seines 22 kWh großen Litihium-Ionen-Akku hat er eine Reichweite von 170 Kilometern. Obwohl das zumindest für den Stadtverkehr reichen würde, zielt der elektrische Kangoo vorrangig auf Gewerbekunden. Sein Preis beginnt bei 23.800 Euro.
Doch Renault will bereits im Januar nachlegen: "Dann bringen wir mit dem Fluence Z.E. unser erstes Elektroauto, das auch für private Kunden interessant ist", verspricht Deutschland-Chef Schaible und verweist auf die Limousine mit 95 PS, 135 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit und 185 Kilometern Reichweite. Der Haken an diesem Modell dürfte allerdings erneut der Preis sein: Schon ohne Akku kostet der auf 4,75 Meter gestreckte Fünfsitzer mindestens 26.000 Euro und ist damit teurer als ein Renault Laguna.
Ende 2012 soll der Zoe auf den Markt kommen
Privatkäufer dürfte Renault daher eher mit dem Twizy ansprechen, der im Frühjahr mit Preisen ab 6990 Euro startet. Obwohl sich der Schmalspurzweisitzer höchstens als Zweitfahrzeug anbietet, soll der Winzling den Boden bereiten für das wichtigste Auto in Renaults Elektrifizierungsstrategie: den Zoe. "Das wird der erste elektrische Renault für die richtig großen Stückzahlen", sagt Schaible über den für Ende 2012 erwarteten Kleinwagen, der ein wenig wie der Clio von Morgen aussieht. Zum Preis des Zoes macht Renault noch keine Angaben.
Bei diesen vier Modellen wird es womöglich nicht bleiben: "Bei jedem neuen Fahrzeug wird der Elektroantrieb künftig zumindest geprüft", sagt Schaible und hofft auf zügigen Zuwachs. Eine Elektroversion des nächsten Twingos kann er sich ähnlich gut vorstellen wie einen Familienvan mit Akku-Antrieb. "Und fürs Image würden wir uns einen Sportwagen wie den Dezir wünschen."
Die Marktführerschaft ist das Ziel
Bevor Schaible aber über die zweite Generation von Stromern philosophiert, muss er erst einmal die erste verkaufen. Bittet man ihn deshalb um die Präzisierung seiner Planung, tut sich der Markenchef schwer. Zwar spricht das Mutterhaus in Paris gerne von "jährlich 200.000 Elektrofahrzeugen" und nennt als Zeithorizont vage "die nächsten Jahre". Doch was das für Deutschland bedeutet, will Schaible nicht verraten. Nur damit, dass er von der Führungsposition der Franzosen überzeugt ist, darf man ihn gerne zitieren: "Wir werden in Deutschland ganz klar Marktführer für Elektromobilität."
Mit diesen Plänen könnten sich die Franzosen allerdings schwer tun. Denn Deutschland ist auf die neuen Elektroautos lange nicht so gespannt, wie es sich Schaible wünscht. "Elektroautos bleiben auch weiterhin ein Nischenprodukt", hat gerade das Institut der Deutschen Wirtschaft gemahnt (Link zum PDF). Und Marktforscher Jato Dynamics meldet, dass Elektroautos trotz staatlicher Prämie "nicht sonderlich gefragt" seien. Immerhin steckt in dieser Studie ein kleiner Trost für Schaible: Obwohl Deutschland mit einer Förderung von maximal 380 Euro den Stromern die geringste Vergünstigung gewährt, dominiert das Land mit 1020 Neuanmeldungen im ersten Halbjahr den europäischen Markt für Elektrofahrzeuge.
Die Akkus werden vermietet
Zusätzlich verkompliziert wird Renaults Start ins Elektrozeitalter womöglich durch ein neues Vertriebsmodell: Die Fahrzeuge werden verkauft, die dazu gehörigen Akkus aber nur vermietet. Beim Twizy zum Beispiel kostet das im Monat 45 Euro, beim Fluence gut 80 Euro. Kritiker werfen Renault Augenwischerei vor, sie meinen, die Firma würde so den Preis für das Auto schön rechnen. Doch für Schaible ist die Leih-Batterie Dienst am Kunden: "Alle Bedenken rund ums Elektroauto kreisen um den Akku", sagt er mit Bezug auf die Haltbarkeit oder den möglichen Memory-Effekt, der zu einer Erosion der Reichweite führen könnte. "Diese Sorgen wollen wir unseren Käufern nehmen. Deshalb nehmen wir den Akku juristisch aus dem Fahrzeug heraus."
Wenn der alte Akku doch Schaden nehmen sollte, die Reichweite sinke oder irgendwann neue Technologien verfügbar seien, könne die Batterie nach einem Besuch beim Händler problemlos ausgetauscht werden. "Sonst ändert sich für den Kunden nichts", verspricht Schaible. "Die Renault-Bank, die das Akkugeschäft koordiniert, wird ausnahmslos jeden Batterie-Mieter akzeptieren." Deshalb könne man auch ein Elektroauto problemlos weiterverkaufen. "Wenn man es privat verkauft, übernimmt einfach der nächste Besitzer den Vertrag. Und wenn man es beim Händler in Zahlung gibt, tritt der ein", sagt Schaible. "Viel mehr als zwei Unterschriften und eine E-Mail braucht es dazu nicht."
Auch, dass Renault-Käufer irgendwann mal mit einem Auto, aber ohne Akku dastehen, mag er sich nicht vorstellen: "Theoretisch sind Akku und Auto mit dieser Lösung getrennt", sagt Schaible. "Doch egal, welchen Fall man sich auch ausdenkt: In der Praxis wird es das eine nicht ohne das andere geben."