CSU-Politiker Scheuer Streit über Tempolimit - Minister düpiert Klimakommission

Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A81 in Baden-Württemberg
Foto: Patrick Seeger/ picture alliance / Patrick Seeger/dpaBundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gerät im Streit über ein Tempolimit zunehmend unter Druck. Offenbar um Zeit zu gewinnen, hat er kurzerhand die wichtige Arbeitssitzung seiner Expertenkommission zu Klimaschutz im Verkehr gestrichen. Das Absageschreiben liegt dem SPIEGEL vor.
Die Kommission hatte vorgeschlagen, die Höchstgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen auf 130 Kilometer pro Stunde zu begrenzen. Zudem sollen Autofahrer höhere Steuern auf Diesel und Benzin zahlen. Die Fachleute empfehlen auch eine Sonderabgabe, die beim Kauf besonders spritschluckender Autos fällig wird. Den Kauf von Elektroautos soll der Staat dagegen stärker subventionieren als bisher.
Kommissionsmitglieder fühlen sich brüskiert
Die Begründung für die Terminabsage erscheint nebulös. "Um eine zeitnahe Koordinierung der weiteren Arbeiten aller Arbeitsgruppen zu erreichen, werden wir die morgige Sitzung für kurze Zeit verschieben", schreiben Scheuers Beamte den 20 Mitgliedern der Kommission. Zu ihr gehören Vertreter von Gewerkschaften, Autokonzernen, des ADAC sowie Umweltverbänden wie dem Naturschutzbund (Nabu).
Erste Kommissionsmitglieder fühlen sich brüskiert. "Die kurzfristige Absage der Sitzung hat uns angesichts des ambitionierten Zeitplans der Arbeitsgruppe verblüfft", heißt es beim Nabu. Die Kommission sei aufgerufen, bis März Vorschläge zu erarbeiten, wie der Verkehr seinen Beitrag zu den Klimaschutzzielen liefern könne. "Davon sind wir noch ein gutes Stück entfernt." Jede Woche zähle, um geeignete Maßnahmen zu entwickeln.
Auch die oppositionellen Grünen kritisieren den Minister. "Die Verkehrsexperten so abzuwatschen, die man selber berufen hat, ist schon einmalig", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Oliver Krischer. "Das riecht nach Bestrafung von Vorschlägen, die einem selber nicht gefallen."
Als wahren Grund für die Absage vermuten Teilnehmer der Kommission "Plattform Mobilität der Zukunft", dass Scheuer so die für ihn unangenehme Debatte beenden will. Die Unruhe kommt für Scheuer zur Unzeit. Der schlechte Zustand der Deutschen Bahn und mögliche Fahrverbote für Diesel-Pkw sind schon zwei Missstände, die breite Teile der Bevölkerung verärgern und die der Unionsmann mit zu verantworten hat.
Neuer Sitzungstermin geplant
Scheuer fühle sich von seinen Beamten nicht ausreichend über die Arbeit der Klimakommission informiert, heißt es in seiner Behörde. Deshalb war der Minister am Freitag schlecht vorbereitet, als der SPIEGEL über die Gedankenspiele des eigenen Gremiums berichtet hat.
Scheuer hatte in einer ersten Reaktion geschäumt: Die Vorschläge seien "gegen den gesunden Menschenverstand" gerichtet und sozial unverantwortlich. Die anschließende Kampagne der "Bild"-Zeitung gegen ein Tempolimit befeuerte er damit - und düpierte im Gegenzug die Experten seiner eigenen Arbeitsgruppe.
Die Sitzung der Arbeitsgruppe wäre morgen von erheblichem Medieninteresse begleitet worden. Das schien Scheuer zu viel der Aufmerksamkeit. Seine Experten ließ er wissen: "Einen neuen Termin werden wir Ihnen kurzfristig mitteilen."
Im Video: Die wichtigsten Zahlen zum Tempolimit