Trend zum Kompakt-SUV "Alle sind glücklich"

Bisweilen wähnt man sich auf dem Pariser Autosalon auf einer Messe für Soft-Geländewagen, so immens ist das Angebot an ofenfrischen Kompakt-SUVs, die sich gegenwärtig verkaufen wie warme Semmeln. Fast alle Hersteller wollen in diesem Segment mitmischen..

"Alle sind glücklich", sagt Automobil-Analyst Nick Margetts. Die Hersteller, weil sie mit Kompakt-SUVs mehr Profit machen als mit Limousinen oder Kombimodellen, die Kunden, weil sie sich im Image dieser Autos sonnen und sie gerne mit teurem Zubehör aufrüsten, erläutert der Experte vom Marktbeobachter Jato Dynamics. Geländewagen, die im Wortsinn kaum noch Geländewagen sind, haben Wachstumsraten wie kaum ein anderer Pkw-Typ, und entsprechend rührig sind die Hersteller, auch solch ein Fahrzeug ins Sortiment aufnehmen zu können.

Beim Autosalon in Paris sind der Trend zum Kompakt-SUV und der Hype um die höhergelegten Alltagsautos gut zu beobachten. "Die Hersteller arbeiten sich quasi rückwärts durch die T-Shirt-Größen", sagt Margetts. "Anfangs lief das Offroad-Geschäft fast ausschließlich in der Größe XXL, inzwischen drängen sich die meisten Wettbewerber in der Größe M." Also etwa dort, wo sich der BMW X3 tummelt, das von den Bayern so genannte Sports Activity Vehicle. In Paris wird gerade das überarbeitete Modell vorgestellt, nachdem die Klagen über den eher durchschnittlich gestalteten Innenraum des bisherigen Autos nie verklungen waren.

Publikumspremiere feiern auch die koreanischen General-Motors-Zwillinge Chevrolet Captiva und Opel Antara, beides fünftürige Kompakt-SUVs, die ordentlich Stückzahlen bringen sollen. Bei der Offroad-Traditionsmarke Jeep steht der nicht mehr ganz so knorrig anmutende Compass am Start, beim britischen Allrad-Spezialisten Land Rover macht sich die neue Generation des Einstiegsmodells Freelander fertig für den Marktstart.

Aus Japan debütieren in Paris in dieser Klasse der Mitsubishi Outback Concept und der neue Honda CR-V. Die dritte Generation des Bestsellers - Honda verkaufte in den vergangenen Jahren weltweit mehr als zweieinhalb Millionen Modelle - wurde deutlich eleganter als bislang gestylt. "SUV klassischer Prägung sind mehr oder minder kantige Kästen, deren Formensprache sich noch immer an gusseisernen Offroadern orientiert", sagt Honda-Designer Akio Fumiiri. "Aus unsere Sicht ist die Zeit reif für ein modernes, frisches Design."

Design versus Ökonomie

Diesen Satz würden vermutlich auch die Designchefs von Renault und Ford unterschreiben, denn beide Unternehmen stellen in Paris SUV-Studien vor, die genau dieser Linie folgen. Renault enthüllte das Modell Kaleos Concept, der Anfang 2008 als Serienmodell auf den Markt der Kompakt-Allradler kommen soll. Der gleichsam robust und gefällig gestaltete Wagen wirkt optisch schon sehr ausgereift und dürfte das erste französische Angebot in dieser Klasse werden. Ebenfalls 2008 wird auch das Konkurrenzmodell von Ford fertig sein, das bis dahin aus der auf der Messe erstmals vorgestellten Studie Iosis X entwickelt wird. Allerdings: So kühn und dramatisch designt wie das Konzeptauto wird der Serienwagen keineswegs - was aus ästhetischer Sicht schade ist, aus ökonomischer Perspektive aber vermutlich vernünftig.

2008 wird zweifellos das Kompakt-SUV-Jahr, denn dann kommt auch der VW Tiguan, sozusagen das Geländederivat der Golf-Familie, zu den Händlern. Die Wolfsburger zeigten keinen Hinweis auf das Auto in Paris, sondern stellten quasi als Überbrückungsmodell den Cross Golf vor, einen optisch aufgepeppten Golf mit zwei Zentimetern mehr Bodenfreiheit, dicken Planken und Dachreling, der Anfang 2007 bei den Händlern stehen soll. Als Motoren sind Diesel und Benziner von 102 bis 140 PS vorgesehen. Das Auto tut jedoch nur so, als wolle es querfeldein preschen. Tatsächlich nämlich verfügt der Cross Golf nicht einmal über Allradantrieb.

Selbst Skoda mischt im Soft-SUV-Segment mit

Den bringt dafür das zweite Soft-SUV-Modell des Volkswagen-Konzerns mit, der Skoda Octavia Scout, quasi die etwas gröbere Version des Octavia Kombi mit Allradantrieb. Schwarze Schutzleisten rundum, eine Dachreling, ein angedeuteter Unterfahrschutz und ein Auspuffendrohr aus Edelstahl sind die Erkennungsmerkmale des Modells, das mit 2-Liter-Benziner (150 PS) oder 2-Liter-Diesel (140 PS) angeboten wird.

Mit den neuen Modellen dürften die rund 480.000 Kompakt-SUV, die im vergangenen Jahr europaweit verkauft wurden, demnächst deutlich überboten werden. Die Frage ist, auf Kosten welcher anderen Autogattung der Boom dieser Soft-Allradler geht. Möglicherweise schrumpfen die Kombiverkäufe in dieser Klasse, eventuell lassen die Kunden auch die eher unpraktischen Coupé-Cabrio-Modell wieder links liegen und wenden sich stattdessen den hochgebockten Typen zu, die nicht nur einen Hauch Freiheit und Abenteuer ausstrahlen, sondern durchaus auch sportlich wirken. Schlusswort Nick Margetts: "Die klassischen Fahrzeugformen Limousine, Kombi und Schrägheck sind noch lange nicht tot, aber SUVs darf man nicht mehr als Randerscheinung betrachten."

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren