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VW Golf mit alternativen Antrieben: Prinzip Hoffnung

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VW Golf mit alternativen Antrieben Die Energiewende-Wagen

VW steht unter Strom: Damit der Hersteller die strengen CO2-Grenzwerte der EU erfüllen kann, müssen Modelle mit Elektro- und Hybridantrieb her. Im Herbst startet der erste Golf mit Plug-in. Doch der Erfolg von VW hängt von einer großen Unbekannten ab.

Die Zahlen klingen beeindruckend. Mehr als 300 Fahrzeugmodelle mit einem Kohlendioxidausstoß (CO2) von weniger als 120 Gramm je Kilometer und sogar 23 unter dem ab dem Jahr 2020 geltenden Limit von 95 Gramm je Kilometer. Angesichts dieser Bilanz des Wolfsburger Konzerns ist VW-Chefentwickler Heinz-Jakob Neußer zuversichtlich. "Wir schaffen das CO2-Ziel von 95 g/km bis 2020.

Damit jedoch Neußers Prognose eintritt, nutzt das bloße Anbieten der sparsamen Autos noch gar nichts - die Kunden müssen sie auch kaufen. Um wirklich relevante Stückzahlen mit "grünen" Modellen zu erreichen, wird nun der Bestseller Golf eingespannt. Statt weiter mit Blue-Motion-Varianten zu kleckern, die ohnehin nur ein paar Gramm CO2-Ersparnis bringen, wird künftig geklotzt. Schon jetzt gibt es den Golf als reine Elektrovariante, ab Herbst dann auch mit Plug-in-Antrieb.

"Nach dem E-Up rollen wir die Elektromobilität auf breiter Front aus und müssen uns nicht auf ein einzelnes Leuchtturm-Modell konzentrieren", sagt Neußer und stichelt noch ein bisschen gegen den BMW i3. "Damit findet bei uns jeder das passende Modell." Zum Beweis zeigt Neußer eine Grafik, auf der ein knappes Dutzend künftiger Plug-in-Hybrid-Modelle des VW-Konzerns zu sehen sind - vom Audi A3 bis zum nächsten VW Passat.

Reichweiten-Berechnung auf den Kilometer genau

Die Niedersachsen tun so, als hätten sie das Elektroauto gerade neu erfunden. Dabei haben sie sich im Vergleich zu Konkurrenten wie Renault ganz schön Zeit damit gelassen. Immerhin sind sie einer der wenigen Hersteller, die sämtliche Kernkomponenten des Elektroantriebs im eigenen Haus entwickeln und produzieren. Doch ein Golf bleibt auch dann ein Golf, wenn er mit Strom statt Sprit fährt: grundsolide und in etwa so aufregend wie ein Baldrian-Cocktail. Auf der ersten Testfahrt mit dem Plug-in-Hybrid-Modell wundert man sich also weder über das nahezu lautlose Dahinrollen im Akku-Betrieb, noch über das harmonische Zusammenspiel der 102 PS starken E-Maschine mit dem 150 PS starken 1,4-Liter-Benziner. Die Eckdaten wie maximal 130 km/h im reinen E-Betrieb (sonst 217 km/h), 50 Kilometer elektrische Reichweite (gesamt 939 Kilometer) sowie streng nach Norm ein Durchschnittsverbrauch von 1,5 Liter je 100 Kilometer sind gut, bei solchen Autos allerdings üblich.

Im Gedächtnis bleibt die vehemente Präsenz des Plug-in-Hybrid-Modells. Mit maximal 350 Nm Drehmoment lässt sich das Auto ähnlich dynamisch bewegen wie der Golf GTD. Trotz des Mehrgewichts von 120 Kilogramm durch den Akku mit 8,8 kWh Speicherkapazität flitzt der Wagen in 7,6 Sekunden von 0 auf Tempo 100.

Noch stärker auf Sparsamkeit ist der E-Golf getrimmt. Es gibt drei Fahrprofile, mit denen sich stufenweise das mögliche Höchsttempo und die Aktivität der Klimaanlagen drosseln lassen. Die Stärke der Rekuperation kann man sogar in vier Stufen einstellen: Vom fast verzögerungsfreien Segeln bis zu einer elektrischen Motorbremse, die so stark verzögert, dass VW sogar sicherheitshalber die Bremsleuchten aufscheinen lässt. Und auf dem Reichweitenrechner kann der Fahrer in Echtzeit verfolgen, was die einzelnen Veränderungen in der jeweiligen Situation bedeuten. Selbst der Energieverbrauch von Sitz- oder Spiegelheizung wird bei dieser Funktion mit einkalkuliert.

Der E-Golf kostet rund 35.000 Euro

Wer sparsamer fahren möchte, muss allerdings erst einmal tiefer als sonst in die Tasche greifen. Der E-Golf kostet 34.900 Euro und der im Herbst folgende GTE dürfte noch teurer werden.

Am Beispiel des VW E-Golf und dem BMW i3 lässt sich die Unwägbarkeit der Wolfsburger Pläne mit alternativ angetriebenen Autos gut veranschaulichen. Beide Elektroautos kosten etwa gleich viel. Bei VW gibt es dafür moderne Technik in altbekannter Verpackung, bei BMW noch modernere Technik in auffälligem Design plus Coolness-Zuschlag.

Fragt man die Verantwortlichen aus Wolfsburg nach Absatzerwartungen, werden sie schmallippig. Entwicklungschef Neußer versucht es erst humoristisch: "Da bräuchte man schon eine verdammt gut polierte Kristallkugel." Dann wird er ernst und sagt: "Wir können nur möglichst überzeugende Produkte bauen und hoffen, dass sie bei den Kunden ankommen." Das Prinzip Hoffnung also. Wenn es nicht greift, bekäme VW doch ein Problem mit dem CO2-Zielen.

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