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Comeback der Brennstoffzelle: Kraftwerk an Bord

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Wasserstoffautos Die ewige Zukunftstechnologie

Seit die Autowelt vom Elektroantrieb träumt, ist es still geworden um die Brennstoffzelle. Eine neue Initiative von Industrie und Politik verspricht nun wieder den Durchbruch des Wasserstoffantriebs - doch zwischen Ankündigung und konkreten Planungen klafft eine riesige Lücke.

Sachito Fujimoto ist einer der wenigen Menschen, die bereits flott, flüsterleise und abgasfrei fahren - der Honda-Ingenieur ist des öfteren mit dem Kleinserienfahrzeug FCX Clarity unterwegs. Das Auto fährt mit Wasserstoff. An Bord ist eine Brennstoffzelle, die das Hydrogen in elektrische Energie umwandelt. Das charmante an dieser Technik: Wasserstoff lässt sich ähnlich flott tanken wie Benzin, die Reichweite eines Elektroautos mit Brennstoffzelle ist aber deutlich höher als die eines Stromers mit Batterie - und als Abgas entsteht lediglich harmloser Wasserdampf.

Seit Jahrzehnten arbeitet eine Reihe von Herstellern daran, Wasserstoff als Energiequelle fürs Auto nutzbar zu machen. Doch so recht vorwärts geht es mit der Technologie nicht. Zwar erweist sie sich in Prototypen und Forschungsfahrzeugen mittlerweile als einigermaßen alltagstauglich, weshalb Brennstoffzellen-Autos wie der FCX Clarity, der Mercedes F-Cell oder der Chevrolet Equinox bei Pilotprojekten ordentliche Ergebnisse erzielen.

Von einem Serieneinsatz sind diese Fahrzeuge jedoch noch weit entfernt. Selbst wenn die Hersteller die Kosten in den Griff bekämen, mangelte es an der nötigen Infrastruktur: Nicht einmal ein Dutzend der vielen tausend Tankstellen in Deutschland bietet Wasserstoff an. Spötter behaupten, die Brennstoffzelle sei 1980 acht bis zehn Jahre von der Serienreife entfernt gewesen - und sei es 30 Jahre später immer noch.

Skeptiker halten die Brennstoffzelle deshalb für ein Milliardengrab. Und spätestens seit die Autobranche elektrisiert ist von der Idee des Batteriefahrzeugs, droht ihr ein Platz im Museum der prinzipiell guten Ideen, die sich nie durchsetzen konnten. Da klingt es fast schon trotzig, wenn Thomas Brachmann aus dem europäischen Honda-Entwicklungszentrum sagt: "Auch wenn es bezahlbare Elektroautos geben sollte, werden das Stadtfahrzeuge für Kurzstrecken sein. Mit der Brennstoffzelle dagegen sind alltagstaugliche Reichweiten realisierbar."

Eine neue Initiative soll dem Thema frische Aufmerksamkeit sichern

Kurz vor der Internationalen Automobil-Ausstellung im September bemühten sich Industrie und Politik durch die Gründung einer neuen Allianz, die Brennstoffzelle wieder ins Gespräch zu bringen. Während Hersteller wie Daimler, Ford, oder Toyota bekräftigten, Fahrzeuge in größerer Stückzahl auf die Straße bringen zu wollen, versprachen Energieversorger, sich verstärkt für den Aufbau einer Infrastruktur zu engagieren.

Selbst die direkte Verbrennung von Wasserstoff im Motor ist denkbar: Mazda besitzt entsprechende Testwagen für ein Forschungsprojekt in Oslo, und BMW-Chef Norbert Reithofer hat für den Prototypen Hydrogen7, einen 7er BMW mit Wasserstoff-Zwölfzylindermotor, eine Patronatserklärung abgegeben "Wir halten an der Technologie fest und entwickeln mit Hochdruck neue Tanksysteme, um auch künftige Fahrzeuge mit Wasserstoff antreiben zu können."

Schon vor 15 Jahren galt die Brennstoffzelle als Allheilmittel

Am zur Schau getragenem guten Willen mangelt es also offenbar nicht, und für die Zukunft prophezeit die Industrie vollmundig Hunderttausende von Wasserstoff-Fahrzeugen. Doch auch die neuerliche Industrie-Initiative ändert nichts daran, dass die konkreten Planungen den optimistischen Prognosen meilenweit hinterher hinken.

Vom Honda FCX zum Beispiel sind lediglich 24 Stück im Flottentest, in Europa gibt es lediglich zwei Fahrzeuge - und viel mehr als 200 sollen in den nächsten drei Jahren auch nicht gebaut werden. Ähnlich ist die Situation bei Mercedes: Zur IAA haben die Schwaben den Beginn der Serienfertigung für die B-Klasse mit Brennstoffzellenantrieb angekündigt, erste Autos werden bald gefertigt.

Doch während im Werk Raststatt pro Monat Tausende Benziner und Diesel produziert werden, sieht der F-Cell-Plan 200 Autos vor - und zwar über die gesamte Laufzeit. "Wir gehen davon aus, bis spätestens 2015 die Marktreife erreicht zu haben", sagt Mercedes-Sprecher Matthias Brock.

Viele Hersteller machen mit - aber nur sehr zaghaft

Bei der Konkurrenz sieht es nicht anders aus. "Je nachdem, wie sich die notwendige Entwicklung der Infrastruktur künftig darstellt, rechnen wir nicht mit einer Einführung vor 2015", sagt Toyota-Sprecher Tim Fronzek. Und Jürgen Leohold, Chef der VW-Konzernforschung, hofft auf die Geduld des Publikums.

Zur Übergabe von je zwei VW Tiguan, VW Caddy und Audi Q5 mit Brennstoffzellen an Bord an die so genannte Clean Energie Partnership in Berlin stellte er die "ersten Volkswagen-Modelle mit einem ausreichend langlebigen und bezahlbaren Brennstoffzellen-Antrieb" für den Zeitraum "um 2020 "in Aussicht.

Obwohl wenig für einen schnellen Durchbruch spricht, ist der Optimismus der Beteiligten ungebrochen. Auch Honda-Projektleiter Fujimoto ist voller Hoffnung: "Ich gehe in acht Jahren in Rente. Vorher würde ich mir gerne ein Brennstoffzellen-Fahrzeug kaufen können."

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